Von Plastik-Inseln und Mikroben-Gold
Der kompakte Medienrückblick: Plastikinsel wird zum Forschungsprojekt +++ Häuser bauen mit Urin +++ Orang-Utans weiterhin gefährdet +++ Mikroben verwandeln Abwasser in Strom
Plastikmüll – Unmengen an Einwegplastikprodukten und Verpackungen werden rund um den Globus sorglos weggeschmissen und landen in den Weltmeeren, wo sie zu Müllinseln verklumpen oder an eigentlich naturbelassenen Küsten angespült werden. Auch Norwegens Küsten und Inseln hat das Problem inzwischen erreicht. Sigrid Harms berichtet für Spiegel Online über das Vorhaben der Geologen Rune Gaasø und Eivind Bastesen, die aus der Not eine Tugend machen wollen: Aus der verschmutzten norwegischen Heideinsel vor der Stadt Bergen soll ein Forschungsprojekt werden. Die Forscher wollen herausfinden, was mit dem angespülten Plastik geschieht, ob es beispielsweise zu Mikroplastik zerfällt und in welchem Zeitraum. Die Insel ist prädestiniert dafür, denn hier hat noch nie jemand aufgeräumt. Dafür wird seit Jahrzehnten Plastikmüll angeschwemmt, der mit immer neuem Müll überlagert wird – die Müllschicht ist schon über einen Meter tief. Und das Problem betrifft nich tnur diese Insel. Auf einem Abschnitt von 66 Kilometern - und das ist nur ein Prozent der norwegischen Küstenlinie - hat der Geologe Eivind Bastesen von der Universität Bergen 660 Buchten ausgemacht, in denen Müll angeschwemmt wurde. 250 davon sind ähnlich schlimm verschmutzt wie die kleine Heideinsel. Die norwegische Regierung hat das Problem bereits erkannt und stellt insgesamt rund 170 Mio. Euro für die Vermeidung und Beseitigung von Plastikmüll zur Verfügung. Die Forscher fordern jedoch noch mehr Einsatz und Unterstützung vor allem für die Entwicklung von neuen Maschinen und Technologien, die helfen können, die verdreckten Ufer zu reinigen. Bisher wird dies fast ausschließlich von Freiwilligen übernommen.
Upcycling – Backstein bei Zimmertemperatur herstellen anstatt mit extremer Hitze von 1400 Grad Celcius. An dieser Idee wird derzeit in Südafrika gearbeiet. Johannes Dieterich berichtet in der Frankfurter Rundschau über ein Projekt von Ingieuren an der südafrikanischen Universität Kapstadt, wo aus Sand und Urin extrem harte Backsteine und gleichzeitig die Grundbausteine für Düngemittel gewonnen werden. Die Forschenden verwenden Männer-Urin und entnehmen den enthaltenen Harnstoff. Aus der übrig gebliebenen Flüssigkeit können Stickstoff, Kalium und Phosphat gewonnen werden. Der Harnstoff wird mit Sand und Bakterien vermischt. Die Mikroben stellen das Enzym Urease her, welches innerhalb von vier bis sechs Tagen bei Zimmertemperatur das Gemisch zu Kalkstein verwandelt. Die Backsteine werden härter, je länger man sie den Bakterien aussetzt – wohingegen der starke Ammoniak-Geruch nach 48 Stunden restlos verschwindet. Der Prozess sei mit der Entstehung von Korallenbänken im Meer verwandt, heißt es. Die Forscher glauben, das man den Prozess in ein bis zwei Jahrzehnten kommerziell nutzen könnte. Das größte Problem ist die Logistik. Zur Herstellung eines einzigen solchen Backsteins sind mehr als 20 Liter Urin nötig – so viel, wie ein erwachsener Mensch in mehreren Wochen von sich gibt. Wie Urin in größeren Mengen aus unzähligen Toiletten von Männern und Frauen abgefangen werden kann, ist zur Zeit noch unklar.
Biodiversität – Lennart Pyritz sprach für den Deutschlandfunk in der Sendung „Forschung aktuell“ mit Biodiversitätsforscherin Maria Voigt über die Orang-Utan-Bestände auf der südostasiatischen Insel Borneo. Die indonesische Regierung meldete kürzlich, dass die Orang-Utan-Bestände auf der Insel zwischen 2015 und 2017 um mehr als 10% zugenommen hätten. Diesen Zahlen widerspricht unter anderem Voigt, die am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung arbeitet. Laut Voigt waren die Stichproben, auf denen die Zahlen der indonesischen Regierung beruhen, nicht repräsentativ. Ihre Meinung nach beruhen diese methodischen Fehler auf Ungenauigkeit und fehlender Kommunikation, die zudem den von der Regierung erwünschten Erholungseffekt zu belegen scheinen. Voigt sieht den Orang-Utan noch immer stark gefährdet. Man müsse vor allem ihren Lebensraum schützen, also keine Urwälder mehr abholzen. Außerdem setzt sie sich dafür ein, die illegale Tötung der Tiere zu stoppen.
Elektrobiochemie – Frank Dahlmann berichtet im brand eins Magazin über Mikroorganismen, die aus Abwasser Strom produzieren. Hierfür entwickeln Forscher eine Brennstoffzelle, in der Mikroorganismen Kohlenstoff zersetzen und dabei Elektronen freigeben und so eine Spannung erzeugen. Michael Sievers, Professor am Clausthaler Umwelttechnik Forschungszentrum und am Institut für Aufbereitung, Deponietechnik und Geomechanik der Technischen Universität Clausthal, ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet. In einem Verbundprojekt ist es ihm gelungen, eine Brennstoffzelle zu konstruieren, die groß genug für den Praxisversuch war. Ende 2016 wurde sie für ein Jahr in eine Pilotanlage in Goslar eingebaut. Das Ergebnis war vielversprechend und verhalf Sievers zu weiteren Fördergeldern. In dem neuen Projekt kommen die Brennstoffzellen samt Mikroben in einer eigenständigen kleinen Kläranlage in Goslar zum Einsatz. Sievers Ziel: Die Kläranlage soll durch die neuartigen Brennstoffzellen energieneutral arbeiten.