Von Gras-Papier und Lachs-Parasiten
Der kompakte Medienrückblick: +++ Lachs-Parasit plagt Aquafarmen +++ US-Studie zu Plastikmüll +++ Lebensmittel-Kartons aus Gras-Papier +++ Interview mit Vaude-Chefin über Nachhaltigkeit
Fischfang – Des Deutschen liebster Fisch ist und bleibt der Lachs. Allerdings wird der in letzter Zeit immer teurer. Maris Hubschmid berichtet für den Tagesspiegel über die Hintergründe des Preisanstiegs. Allein in den ersten fünf Monaten 2017 legte der durchschnittliche Supermarktpreis für Räucherlachs um mehr als zehn Prozent auf derzeit 17,10 Euro pro Kilogramm zu. Der Grund: Ein kleiner Parasit macht dem Fisch und damit auch den Züchtern zu schaffen – die Lachslaus. Der Schädling, acht bis zwölf Millimeter lang, ernährt sich von Haut und Blut der Lachse und frisst ihn quasi bei lebendigem Leib auf. Aufgrund der oftmals engen Haltungsbedingungen in Aquafarmen, aus denen inzwischen neun von zehn Fischen stammen, die wir verzehren, ist der Parasit besonders schwer wieder aus diesen zu entfernen. Deswegen sind viele Züchter bereits dazu übergegangen, neben den Lachsen auch sogenannte Putzerfische zu züchten, die den Eindringling vom Lachs abfressen sollen. Andere halten die Lachse statt in den gängigen Netzen inzwischen in riesigen Beton- oder Kunststoffbadewannen. Da in Chile zurzeit auch noch eine Algenplage das Lachsgeschäft deutlich beeinträchtigt, werden in naher Zukunft die Konsumenten jedoch entweder ihren Lachsverbrauch deutlich einschränken oder aber tiefer in die Tasche greifen müssen.
Plastikmüll – Eine Milliarde Elefanten, 80 Millionen Blauwale, oder 250.000 Empire State Buildings – diese Massen entsprechen in etwa der gewaltigen Menge von 8,3 Milliarden Tonnen Plastik, die weltweit seit Mitte der 50er Jahre hergestellt wurden. Sebastian Herrmann von der Süddeutschen Zeitung und Roland Knauer vom Tagesspiegel befassen sich mit dieser enormen Zahl. Sie beziehen sich dabei auf eine Studie von Roland Geyer von der Universität von Kalifornien von Santa Barbara. Diese geht den Müllbergen eines Rohstoffes auf den Grund, der erst seit etwa 70 Jahren im industriellen Stil produziert wird. Und auch der extrem schnelle Produktionsanstieg ist überraschend: Von den 8,3 Milliarden Tonnen an Kunststoffen stammt die Hälfte aus den letzten 13 Jahren. 1950 wurden gerade einmal zwei Millionen Tonnen Plastik im Jahr produziert, 2015 waren es bereits 407 Millionen Tonnen. Der größte Teil davon landet nach einmaligem Gebrauch auf Müllbergen oder in Müllverbrennungsanlagen, denn Plastik kann nur schwer und oftmals nur einmalig recycelt werden. Um dem nachhaltig entgegenzuwirken, sieht Geyer klaren Handlungsbedarf hin zu geringeren Produktionszahlen und höheren Recycling-Quoten. Klassische Kunststoffe sollten durch nachhaltigere Produkte ersetzt und die Müllverbrennung weiter ausgebaut werden.
Verpackungsmüll – Gerade bei Bio-Produkten wie Obst und Gemüse sind Plastikverpackungen vielen Kunden inzwischen zuwider. Eine umweltfreundlichere Variante hat Uwe D’Agnone entwickelt. Mehr als fünf Jahre Entwicklungsarbeit hat er in sein Produkt gesteckt – und erhielt dafür vom Bundesumweltministerium letztes Jahr den Start Green Award. Christine Scharrenbroch berichtet für die Frankfurter Allgemeine Zeitung von den Pellets, die aus Gras bestehen. Sie werden bei der Herstellung von Papier und Kartons beigemischt und reduzieren den Einsatz von Holz. D’Agnone bezeichnet sie am liebsten als „Graspapier“. Das hellbraun-hellgrüne Material besteht zu 40 Prozent aus getrocknetem Gras und zu 60 Prozent aus Holz-Frischfasern. Der Kölner Lebensmittelhändler Rewe nutzt es seit kurzem als Verpackungsschale für Bio-Äpfel. D’Agnone schätzt, dass bis zu 90 Prozent aller Papieranwendungen auch mit Gras machbar sind. Sein Graspapier liegt preislich zwischen der teureren Frischfaser und dem günstigeren Altpapier und könnte seiner Meinung nach bei Verpackungen für Lebensmittel oder bei Einkaufstüten zum Einsatz kommen.
Nachhaltige Wirtschaft – Der Markt wächst, die Kunden legen mehr Wert auf nachhaltig und fair produzierte Produkte, doch die Wirtschaft sei noch immer an erster Stelle auf den bloßen Gewinn ausgerichtet. Diesen Missstand beklagt Antje von Dewitz, Geschäftsführerin beim Bergsportausstatter VAUDE, im makro-Interview. Dewitz hat die Firma ihres Vaters komplett auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, und arbeitet mit internationalen Partnern in Taiwan und China daran, den Bekleidungsmarkt insgesamt nachhaltiger zu gestalten. Im Interview erzählt sie stolz von den ersten Erfolgen, die mittlerweile auch weitere Lieferanten und Vorlieferanten im asiatischen Raum erreicht haben und diese zu einem Umdenken in ihren Produktionsverfahren bewegen. Angesichts globaler Erwärmung und unfairen Wirtschaftsbedingungen setzt sich Dewitz für ein Umdenken auf Systemebene und in der Ausbildung ein: Die große Frage sollte nicht mehr sein, ob man auch nachhaltig wirtschaften könne, sondern vielmehr: Wie können wir nachhaltiger und besser wirtschaften?