Von Saatgut-Tresoren und Problembäumen
Der kompakte Medienrückblick: +++ Neue EU-Ökoverordnung vor dem Aus+++ Saatgut-Tresor in Spitzbergen bedroht +++ Gitarren aus heimischen Hölzern +++ Problembaum Pappel +++
Biolandbau – Wann ist öko tatsächlich öko, und wie wird das kontrolliert? Wie Joachim Wille in der Frankfurter Rundschau berichtet, war der Bio-Lebensmittelsektor noch ein Nischenmarkt, als die dafür zuständige Ökoverordnung der EU im Jahr 1992 beschlossen wurde. Inzwischen ist es jedoch ein großer Markt geworden, und viele damit verbundene Probleme müssten dringend neu geregelt werden. Die von der EU geplante Neufassung der Ökolandbau-Verordnung steht allerdings vor dem Aus. Seit drei Jahren wird in der EU über eine Novelle der Verordnung gestritten, die jetzt gänzlich gescheitert scheint. Einer der großen Knackpunkte: für Bioprodukte sollen EU-weit Pestizid-Grenzwerte gelten. Auf Biohöfen produzierte Lebensmittel hätten demnach nicht mehr als „öko“ verkauft werden dürfen, wenn sie mit Rückständen belastet sind. Das würde viele Ökobauern dafür bestrafen, dass die Konkurrenz immer mehr spritzt. Die Dreier-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament wurden abgesagt. Das derzeitige Vorsitzland der EU, Malta, erhielt von der Mehrheit der anderen Mitgliedstaaten überraschend kein Mandat, den erreichten Kompromiss für den anstehenden Agrarministerrat weiter zu verhandeln. Großes Bedauern darüber gibt es in der hiesigen Biobranche hingegen nicht. Das neue Bio-Recht sei weder für Bauern, Verarbeiter und Händler, noch die Behörden praktikabel, so BÖWL-Chef Felix Prinz zu Löwenstein.
Biodiversität– Sie sollten vor allen Widrigkeiten für die Ewigkeit beschützt werden: 500 Millionen Pflanzensamen lagern in der norwegischen Samenbank im Svalbard Global Seed Vault. Doch wie Elena Dusi für Die Welt berichtet, konnte das gegen Atomangriffe oder Flugzeugabstürze gesicherte Zementtor eines nicht verhindern: das Eindringen von Schmelzwasser nach einem besonders milden Winter. Die Anlage liegt im Permafrostbereich der Arktis, etwas über 1000 Kilometer entfernt vom Nordpol, und steht unter norwegischer Leitung. Zwar lagern die Samen noch mehr als hundert Meter entfernt vom Wassereinbruch, doch zeige dieser die Verletzlichkeit der Einrichtung. Der Klimawandel und das daraus resultierende wärmere Wetter setzen der Konstruktion erheblich zu – und bedrohen so die Samen die mit der Anlage vor Naturkatastrophen beschützt werden sollten. Die internationale Organisation Crop Trust hat deswegen bereits einige Maßnahmen vorgestellt und in Gang gesetzt, um die Arche Noah der Pflanzensamen noch besser vor Wettereinflüssen zu schützen. Unter anderem sollen Abflusskanäle gebaut werden und das Tor wasserdicht gemacht werden. Denn der Verlust der Pflanzensamen und somit der Pflanzenarten wäre unwiederbringlich.
Werkstoffe – Die meisten Gitarren wurden bisher aus dem Tropenholz Rio-Palisander gefertigt. Dieser Baum steht aber unter Artenschutz. Bernd Schlupek berichtet für den Deutschlandfunk in der Sendung „Forschung aktuell“ von einem Forschungsprojekt in Eberswalde, bei dem eine ökologische Alternative entwickelt wurde: durch Erhitzen von einheimischen Hölzern entstehen hochwertige Teile für Musikinstrumente. Durch diese sogenannte thermische Modifikation wird das Holz in seiner Belastbarkeit und Stabilität verändert – ursprünglich um heimische Sorten beständiger für den Außeneinsatz zu machen. Inzwischen wird das Verfahren genutzt um Erle, Esche, Eiche oder Nussbaum anstatt Tropenholz für den Gitarrenbau zu optimieren. Durch die thermische Modifikation schwingen die Laubhölzer viel stärker als vor der Behandlung. Und auch Fichtenholz wird dadurch stärker in Schwingung versetzt. Insgesamt wäre so die Akustik vergleichbar mit der von Tropenholz, zitiert der Autor einen der beteiligten Forscher. Gitarren aus Thermoholz steht also nichts mehr im Weg. Instrumentenbauer können künftig Tropenholz für Gitarrenhals und Gitarrenkorpus durch Erle oder Esche ersetzen. In Eberswalde denken die Forscher bereits über thermisch optimiertes Holz für Geigen oder Blasinstrumente nach.
Holzwirtschaft – Manche Baumarten genießen ein höheres Ansehen als andere. Andreas Frey schreibt in der Frankfurter Allgemeine Zeitung über den in Deutschland wohl unbeliebstesten Baum: die Pappel. Die weißen, faserigen Fusseln, die die Samen des Baumes enthalten, fliegen zur Zeit wieder überall herum, und stellen eine große Brandgefahr dar. Nur bei ausreichend Regen und Bodenfeuchte platzen die Samen auf – bis dahin verteilen sich die weißen Knäuel ständig weiter. Doch der „Pappelflaum“ ist nur ein kleines Ärgernis im Vergleich zum ausgewachsenen Baum. Vor allem die Kanadapappel ist vielen Stadtplanern ein Dorn im Auge – sie ist äußerst wetteranfällig und droht bei jedem Sturm zu brechen. Daher werden vielerorts bereits vorsorglich ganze Pappelalleen abgeholzt. Angeblich verbrauche der Baum auch viel zu viel Wasser, verdränge andere Bäume, und das Holz sei obendrein minderwertig. Dabei ist Pappelholz auch durchaus begehrt. Das weiche Holz ist zum Drechseln und Schnitzen besonders gut geeignet. Es wird häufig zu Schachteln, Kisten, Paletten und Streichhölzern verarbeitet, neuerdings auch zu Holzpellets und Hackschnitzeln. Aus dem Pappelflaum werden außerdem besonders atmungsaktive Bettdecken gefertigt, unter denen man angeblich weder schwitzen noch frieren soll, weil ihre Isolationsfähigkeit die von Gänsedaunen noch übertrifft. Doch der schlechte Ruf bleibt an den Pappeln haften, und vielerorts werden die abgeholzten Pappeln durch die Lieblingsbäume der Deutschen ersetzt: die unsterbliche Eiche, den Lebensbaum Linde, oder die Biergarten-Kastanien.