Von Waldumbau und Mikroplastik
Der kompakte Medienrückblick: Chancen der Agri-Photovoltaik +++ Kunststoffrecycling belastet Umwelt +++ Waldnutzung neu denken +++ Weltweite Abholzung geht weiter
Landwirtschaft – Mit Wind- und Solarenergie soll Deutschland schneller von fossilen Energieimporten wie Erdöl und Erdgas unabhängig und bis 2045 klimaneutral werden. Photovoltaikanlagen auf dem Acker können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Das Prinzip der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) ist vielversprechend: Hier wird die Ackerfläche doppelt genutzt – zur Energieerzeugung und zum Nahrungsmittelanbau. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme schätzt, dass bis zu 1,7 Millionen Megawatt Spitzenleistung durch Agri-Photovoltaik erzielt werden könnten, wie Jörg Staude in der Frankfurter Rundschau schreibt. Etwa vier Prozent der Agrarfläche würden demnach ausreichen, um den Strombedarf des Landes zu decken. Agri-Photovoltaik ermöglicht nicht nur die Stromerzeugung, sondern auch den Anbau von Agrarprodukten, wodurch die Flächenkonkurrenz verringert wird. Nach Angaben der Forschenden sind bisher erst 16 Megawatt Agri-PV in Deutschland installiert. Das entspricht rund 0,05 Prozent der gesamten Solarkapazität. Geplant sind derzeit rund 450 Megawatt Agri-PV. Die Bundesregierung will beim Ausbau der Agri-Photovoltaik Tempo machen und plant, einen Technologiebonus für frei finanzierte Agri-PV-Projekte einzuführen.
Umwelt – Ein Großteil des Mikroplastiks, das in die Umwelt gelangt, ist bisherigen Erkenntnissen zu Folge auf den Reifenabrieb beim Autofahren zurückzuführen. In Deutschland gelangen jährlich etwa 100.000 Tonnen Mikroplastik allein durch Regenwasser von den Straßen in die Umwelt. Umweltwissenschaftlerin Deonie Allen von der schottischen Universität Strathclyde hat nun eine weitere Quelle für die Mikroplastikverschmutzung aufgetan, wie Susanne Donner in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Demnach haben Recyclinganlagen einen erheblichen Anteil an der Mikroplastikverschmutzung. Rund 13 % des Kunststoffabfalls in diesen Anlagen gelangen der Forscherin zufolge direkt als Mikroplastik in das Abwasser und damit in die Umwelt. Der Studie zufolge erzeugt das Schreddern von Kunststoffen, insbesondere spröder und harter Kunststoffe, die meisten Mikroplastikpartikel – darunter vor allem Polycarbonat und Polyethylenterephthalat (PET). Wenn das Abwasser gefiltert wird, verringert sich diese Menge auf 6%. Die Entfernung von Mikroplastik, aus dem Abwasser der Haushalte ebenso wie der Plastikrecyclingbetriebe, ist technologisch nach wie vor ein Problem, das demnach dingend gelöst werden muss.
Forstwirtschaft – Hitze und Dürre der vergangenen Jahre haben vielen Bäumen drastisch zugesetzt. Förster müssen verzweifelt zusehen, wie Buchen- und Eichenstandorte selbst in guten Lagen wie in Thüringen und Sachsen-Anhalt absterben. Auch der Quedlinburger Stadtwald, ein Mischwald, der von der Bode durchflossen wird, ist davon betroffen, wie Heike Holdinghausen in einer Reportage in der taz schreibt. „Der Wald macht gerade einen Wandel durch, auf den ihn die Evolution nicht vorbereitet hat“, sagt Forstwissenschaftler Henrik Hartmann. Doch wie kann der Wald gerettet werden? Diskutiert werden die Chancen der Epigenetik, also der Möglichkeit, dass sich die Aktivität von Genen durch Umwelteinflüsse verändert. Bisher ist die Forschung an Bäumen zu kurz gekommen – auch weil es bisher nicht nötig erschien, sagt der Forscher. Um den Holzbedarf auch künftig aus heimischen Quellen zu decken, schlägt Hartmann vor, „sich von dem allgegenwärtigen Gedanken der Multifunktionalität von Forsten und Wäldern zu verabschieden“. Für ein Umdenken in der Waldnutzung plädieren auch Forschende der Forsthochschule Göttingen. Sie fanden heraus, dass zwar geschützte Wälder auch unter Hitze und Wassermangel leiden, aber stabiler und anpassungsfähiger sind als stark genutzte Forste und sich zudem schneller erholen. Auch sie plädiert dafür, die Waldnutzung neu zu denken und Waldbesitzern zu ermöglichen, auch mit stillgelegten Wäldern Geld zu verdienen.
Forstwirtschaft – Mit dem EU-Waldschutzgesetzt hat die Europäische Kommission im vergangenen Jahr ein weltweites Signal gegen illegale Rodungen und damit für den Schutz der Wälder und des Klimas gesetzt. Bis 2030 sollen die Waldvernichtung gestoppt und 350 Millionen Hektar geschädigter Landschaften und Wälder wiederhergestellt werden. Laut einem Bericht von mehreren wissenschaftlichen Organisationen und zivilen Verbänden, darunter der WWF, ist jedoch die weltweite Waldzerstörung im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent gestiegen, wie aus einem Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hervorgeht. Das bedeutet, dass 6,6 Millionen Hektar Wald vernichtet wurden, hauptsächlich in tropischen Regionen. Landwirtschaft, Straßenbau, Brände und kommerzielle Holzfällungen sind dem Report zufolge die Hauptursachen für diese Zerstörung. Den Autoren zufolge müsste die Abholzung im Jahr 2023 um 27,8 % reduziert werden, damit die EU ihre Ziele erfüllen kann. Doch es gibt auch Fortschritte: 50 Länder sind demnach auf dem Weg, die Abholzung zu beenden. So bemühen sich Brasilien, Indonesien und Malaysia aktiv um den Schutz der Regenwälder. Die Autoren des Berichts fordern Regierungen auf, Anreize für Unternehmen zu schaffen, um Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und wiederherzustellen. Die derzeitigen Investitionen in Wälder seien im Vergleich zu anderen globalen Ausgaben minimal, heißt es.