Von Biohackern und Miethühnern
Der kompakte Medienrückblick: +++ Kontaminierte Bürgerforscher-Genkits +++ Wälder durch boomende Holzwirtschaft bedroht +++ Urbaner Hühnerverleih auf Zeit +++ Imker melden hohe Verluste +++
Synthetische Biologie – Die neue Genschere CRISPR-Cas ist vielseitig einsetzbar, von der Züchtung frostresistenter Pflanzen bis hin zu Experimentierkästen für Bürgerwissenschaftler. Wie Sascha Karberg im Tagesspiegel berichtet, waren bei einer Stichprobe Genbastelsets für Biohacker mit krankheitserregenden Bakterien kontaminiert. Das Do-it-yourself-Gentechnik-Crispr-Kit von „Odin“ sollte eigentlich ausschließlich harmlose E. coli-Bakterien enthalten, die in einem Lehrexperiment mithilfe der Genschere so bearbeitet werden sollen, dass sie gegen das Antibiotikum Streptomycin resistent werden. Doch Beamte des bayerischen Gesundheitsamts LGL fanden mehrfach potenziell krankheitserregende Mikroben statt des E. coli Sicherheitsstammes HME63 in den Do-it-yourself-Kits. Daraufhin wurden weitere Lieferungen nach Bayern untersagt. Dieser Warnung hat sich auch die zuständige Berliner Behörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo), angeschlossen. Für die Zukunft setzen LaGeSo und Biohackerszene aber vor allem auf einen besseren Dialog, um weiterreichende Verbote der an sich harmlosen Hausversuche zu vermeiden.
Forstwirtschaft - In Zeiten steigender Erdölpreise boomt die Holzwirtschaft. Wie Annick Eimer für Zeit Online berichtet, wurde 2015 trotz des anhaltenden Baubooms erstmals mehr Holz in Deutschland verheizt als verbaut – 60 Prozent der gefällten Bäume gingen durch den Kamin. Um der Nachfrage nach nachhaltigem Holz standzuhalten, werden die Wälder immer mehr den Forderungen der Industrie angepasst. Das Paradoxe dabei: Diese Umwandlungen für eine nachhaltige Holzwirtschaft machen auch vor geschützten Gebieten keinen Halt. Denn obwohl für Besucher eines Naturschutzgebietes strenge Regeln gelten – sie dürfen die Wege nicht verlassen, keine Blumen pflücken, und Hunde müssen angeleint werden –ist Bäumefällen dort nicht verboten. Schuld daran ist laut Eimer eine unklare Formulierung im Bundeswaldgesetz.
Außerdem zitiert die Autorin den Buchen-Spezialisten Lebrecht Jeschke, der die hiesige Doppelmoral ankreidet, andere Länder zum Schutz der Regenwälder anzuhalten, gleichzeitig aber die eigenen Wälder zu zerstören. Besonders ernüchternd: bereits 2007 legte die Bundesregierung in einer Strategie fest, dass bis 2020 fünf Prozent der Wälder insgesamt und zehn Prozent der öffentlichen Wälder einer natürlichen Entwicklung zu überlassen seien. Die verbleibenden Wälder sollen nachhaltig bewirtschaftet werden, sodass sie sich hin zu naturnahen Waldökosystemen entwickeln können. Doch die Umsetzung durch die Länder bleibt weit hinter den Erwartungen zurück: Nur Nordrhein-Westfalen hatte 2016 die zehn Prozent erreicht. Schlusslichter sind die beiden Länder mit dem größten Waldvorkommen, also auch den größten Umwidmungsflächen- Bayern und Hessen.
Urbane Landwirtschaft – Viele Stadtkinder haben heute kaum noch einen Bezug zu Nutztieren wie Kühen oder Hühnern. Titus Arnu berichtet für die Süddeutsche Zeitung, wie einem Unternehmer die Idee für einen urbanen Hühnerverleih fast zufällig kam. So vermittelt beispielsweise Michael Lüft von Frankfurt aus seine Hühner wochenweise kreuz und quer durch Deutschland, hilft beim Aufbauen der Stallungen und erklärt die Grundzüge der Geflügelhaltung. So soll in Kindergärten und Schulen vermittelt werden, wo denn Eier eigentlich herkommen und wieviel Arbeit in einem Ei steckt – für Mensch und Huhn. Auch für Demenzpatienten und Senioren wären die zahmen Hühner eine gute Haustieralternative, die nebenbei das Frühstücksei produzieren. Tierschützer stehen dem Unterfangen zwar kritisch gegenüber, doch Michael Lüft ist sich sicher, dass seine Hühner gesund und glücklich sind und gerne verreisen.
Umwelt – Auch 2017 beklagen die Imker massive Verluste bei ihren Bienenvölkern. Jens Blankennagel berichtet für die Berliner Zeitung von dem mulmigen Gefühl vieler Imker, wenn sie nach einem milden Winter ihre Bienenvölker inspizieren. Während der Verlust im Schnitt zwischen 10 und 15 Prozent der Völker liegt, zeichnet sich in diesem Frühjahr in Brandenburg ein Verlust von bis zu 40 Prozent der Bienenvölker ab. Schuld daran seien mehrere Faktoren; zum einen die Varroa-Milben die gezielt die Bienenbrut angreifen, indem sie die Larven aussaugen und den geschlüpften Nachwuchs verkrüppeln. Durch die milden Winter läuft die Fortpflanzung der Bienen ohne Unterbrechung, wodurch sich auch die Schädlingsmilben ungehindert fortpflanzen konnten. Zum anderen gibt es wohl auch viele – bisher unterschätzte – Langzeit- und Wechselwirkungen von Pflanzenschutzmitteln, die den Bienen mit der Zeit und in Kombination miteinander immer mehr zusetzen. Durch die gezielte Züchtung von Bienenstämmen die besonders gut mit dem Varroa-Milbenbefall zurecht kommen, sowie durch die Erhöhung der Biodiversität der Bienen Rassen hoffen Forscher und Imker gleichermaßen, dem alljährlich stärker werdenden Bienesterben entgegenzuwirken.