Von auflösenden Milchkapseln und grünen Rechenzentren
Der kompakte Medienrückblick: Buntbarsch und Tomaten züchten +++ Milch in selbstauflösender Kapsel +++ Akzeptanztest für Biomüllbeutel +++ Mit Server-Abwärme Algen züchten
Lebensmittel – Die Aquakultur gilt als der am schnellsten wachsenden Zweig der Lebensmittelproduktion weltweit. Doch die Fischzucht auf engstem Raum ist umstritten. Maria Mast stellt in der Zeit einen Forscher vor, der darin das Potenzial sieht, das globale Ernährungsproblem lösen zu können. Werner Kloas, Biologe und Professor am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin (IGB), setzt bei der Fischzucht auf den Buntbarsch. Er ist einfach zu züchten, schmeckt gut und kann mit seinen Ausscheidungen Gemüse düngen. Am Müggelsee in Berlin-Köpenick züchtet er daher Buntbarsche und Tomaten in einer Aquaponikanlage. Das mit Nährstoffen belastete Fischwasser wird zu wertvollem Flüssigdünger, der den Tomatenpflanzen praktisch als Dünger dient. Neben Dünger wird hier vor allem Wasser eingespart. Gewöhnlich braucht es Tausende Liter Wasser, um ein Kilo Zuchtfisch in Teichanlagen zu produzieren. Bis zu 50 Liter Wasser sind für ein Kilo Tomaten im Gewächshaus nötig, im Freiland bis zu 300 Liter pro Kilo. Im Aquaponiksystem werden hingegen Fisch und Gemüse in zwei miteinander verknüpften Kreislaufsystemen gezüchtet und so Wasser und Dünger gleichermaßen gespart. Dass das Aquaponiksystem den Fischereimarkt global gesehen verändern werde, scheint auf Grund der Konkurrenz zwar eher unwahrscheinlich. Doch an Orten, wo Wasser und Nahrungsmittel knapp sind, könnte das System das Ernährungsproblem lösen.
Biotechnologie – Aufgerissen und weggeworfen: Kondensmilch-Döschen aus Plastik habe eine kurze Lebensdauer, wenn sie nicht richtig recycelt werden. Forschende der Universität Halle-Wittenberg haben eine nachhaltige Alternative parat, wie Simon Schomäcker im Deutschlandfunk berichtet. Sie entwickelten eine Milchkapsel, die sich im Kaffee selbst auflöst. Die Kapsel gleicht einer weißen Halbkugel und besteht aus zwei Stoffen: Zucker oder einem Zuckerersatzstoff – und Milch. Diese Stoffe werden in eine Form gegeben. Im Laufe der Zeit kristallisiert die Flüssigkeit außen, in dem sie den überschüssigen Zucker abgibt. Der 1,5 Millimeter dünne Rand der Kapsel umhüllt die Milch und löst sich im Kaffee später auf. Die Idee haben die Forschenden bereits zum Patent angemeldet. Eine erste Zusammenarbeit mit einer Lebensmittelfirma zur Herstellung der selbstauflösenden Milchkapseln liegt derzeit zwar brach. Doch die Hallenser Forschenden sind überzeugt, dass ihre Innovation weltweit auf großes Interesse stoßen wird. Nach Angaben der Erfinder wäre ihr Produkt zwar ungefähr genauso teuer wie die Milchdöschen aus Plastik. Die Milchkapseln würden jedoch helfen, massenhaft Müll zu vermeiden.
Bioplastik – Einkaufstüten aus Plastik verschwinden zunehmend aus den Supermärkten. Ab 2022 sollen sie ganz verschwinden – so hat es der Bundestag beschlossen. Davon ausgenommen sind jedoch die dünnen Obst- und Gemüsebeutel. Eine biobasierte Variante der so genannten Hemdchenbeutel wird derzeit in Bayern getestet, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Die Tüten bestehen aus Maisstärke und sind biologisch abbaubar. In vier Supermärkten in Straubing werden in den kommenden sechs Monaten die kompostierbaren Bio-Beutel kostenlos an Kunden ausgegeben. Die Markteinführung ist Teil der bayerischen Bioökonomiestrategie und wird vom Centralen Agrar-Rohstoff-Marketing- und Energie-Netzwerkes (CARMEN) geleitet. In dem Modellprojekt soll erforscht werden, wie groß die Akzeptanz der Beutel bei den Verbrauchern ist und ob die Menschen die Bio-Beutel auch zur Entsorgung ihres Bioabfalls in ihrer Biotonne nutzen.
Ökologie – Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt: ohne Internet geht so gut wie nichts. Doch je mehr Speicher-und Rechenleistung steigen, um so mehr Strom verbrauchen Rechenzentren, um die unzähligen digitalen Verbindungen täglich aufrechtzuerhalten. Anna-Lena Niemann stellt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Jung-Unternehmer vor, der sein 2020 eröffnetes Rechenzentrum CO2-neutral betreiben will. Der Gründer von Windcloud in Nordfriesland, Wilfried Ritter, setzt dabei auf altbekannte Helfer: Algen. Auf dem Dach seines Rechenzentrums züchtet er mit Hilfe der Server-Abwärme Algen, die später in der Kosmetik-, Pharma- oder Lebensmittelindustrie ihre Abnehmer finden. Ritter ist überzeugt, dass sein grünes Rechenzentrum so mehr Treibhausgase binden kann, als seine Anlagen emittieren. Das Windcloud-Rechenzentrum, das als Pilotanlage zum sogenannten Greentec Campus im Ort Enge-Sande gehört, liegt inmitten von Umspannwerken, die nur den grünen Strom der Windparks in und an der Nordsee ins Netz einspeisen. Daher bekommt das grüne Rechenzentrum zugleich auch 100 Prozent grünen Strom und produziert damit CO2-frei.