Von Algen und Methanbremse
Der kompakte Medienrückblick: Abholzung schadet Klima +++ Weltrekorde auf dem Acker +++ Algen als Rohstoffquelle +++ Mit Mikroben Methanausstoß drosseln
Forstwirtschaft - Die EU will bis 2050 klimaneutral werden und ihren Treibhausgasausstoß auf netto null bringen. Doch Europas Klimaziele drohen zu scheitern, wenn der zunehmenden Abholzung nicht Einhalt geboten wird, wie Roland Knauer im Tagesspiegel schreibt. Wälder sind bekanntermaßen wichtige Kohlendioxidspeicher. Satellitenaufnahmen belegen jedoch, dass in den Jahren 2016 bis 2018 im Durchschnitt 49 Prozent mehr Flächen abgeholzt und 69 Prozent mehr Holz aus den Wäldern geholt wurden als in den Jahren 2011 bis 2015. Bei der Abholzung wird das im Holz teils über Jahrzehnte gespeicherte CO2 schlagartig wieder freigesetzt. Selbst wenn das Holz nicht energetisch, sondern zum Möbelbau verwendet wird, werde die sogenannte Kohlenstoff-Payback-Zeit nur wenig verkürzt, so die Forscher. Hinzu kommt: Für Anpflanzungen neuer Bäume wird der Boden häufig mit schweren Maschinen bearbeitet, wodurch Mikroorganismen aktiv werden, die in der Erde gebundenes Kohlendioxid ebenso freisetzen. Zudem verändert sich das Mikroklima, weil durch die Abholzung die Böden schneller austrocknen. Das Fazit der Forscher: Werden die Wälder weiter so abgeholzt wie in den Jahren 2016 bis 2018, würden die Bäume erheblich weniger kompensieren und Europa müsste seine Emissionen stärker als geplant drosseln.
Landwirtschaft – Weltrekorde gibt es längst nicht nur im Sport. Auch in der Landwirtschaft werden mithilfe neuer Technologien außergewöhnliche Höchstleistungen immer wieder übertroffen. Zum Beispiel bei der Getreideernte. Doch wie kam es dazu? Dieser Frage ist Frank Patalong im Spiegel nachgegangen. Mit Blick auf die Geschichte von Ackerbau und Landwirtschaft beschreibt der Autor, wie Landwirte seit Jahrhunderten kontinuierlich immer wieder Bestmarken in Produktion und Ertrag erzielen. Doch schon 1798 prognostizierte der britische Ökonom Thomas Malthus eine Katastrophe, weil das immer schnellere Anwachsen der Nahrungsmittelproduktion mit dem Bevölkerungswachstum nicht ewig mithalten würde. Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat seither die Arbeit auf den Feldern und damit die Nahrungsmittelproduktion weiter optimiert. Doch wohin führt das alles, fragt der Autor? Bekannt ist: Schwere Maschinen zur Feldbearbeitung schaden den Böden, zu viel Dünger belastet Pflanzen und Grundwasser und gefährdet Insekten. Die „segensreiche Intensivierung“ der Landwirtschaft erweise sich als „Erfindung mit Nebenwirkungen“, schreibt Patalong. Denn je effizienter und ertragreicher die Landwirtschaft wurde, desto steiler stieg das Bevölkerungswachstum an. Die Hoffnung ist daher groß, dass die nunmehr dritte Revolution in der Geschichte von Ackerbau und Landwirtschaft mithilfe grüner und digitaler Technik mehr Nachhaltigkeit statt Raubbau bringt.
Biotechnolgie – Die meisten kennen Algen nur als glibberige Masse, die Strände verschmutzt. Für Forscher sind sie längst eine vielversprechende Rohstoffquelle mit einem enormen Potenzial für die Bioökonomie. Sie enthalten nicht nur wertvolle Inhaltsstoffe für Lebens- und Futtermittel und für die Medizin. Sie binden ebenso Kohlendioxid und sind daher für das Klima wichtig. Doch könnten Algen auch der Kraftstoff der Zukunft sein und Meere von Mikroplastik säubern? Das Potenzial dieser weitgehend noch unbekannten Rohstoffquelle hinterfragt der Fernsehsender arte in einer spannenden Dokumentation. Der Bericht von Almut Faass stellt bahnbrechende Entdeckungen der Algenforschung vor, wie etwa Carbonfasern oder Bioplastik aus Algen.
Klimaschutz – Die weltweite Reisproduktion trägt mit knapp zwei Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Die gefluteten Reisfelder geben vor allem Methangas frei, das viel stärker wirkt als Kohlendioxid. Produziert wird das Gas von Mikroorganismen, die im Schlamm Pflanzenreste und anderes organisches Material abbauen. Forscher haben nun eine mikrobielle Methanbremse getestet, die den klimaschädigenden Prozess unterbinden kann. Wie Andrea Hoferichter in der Süddeutschen Zeitung berichtet, konnte ein deutsch-dänisches Forscherteam im Labor Erfolge mit dem Einsatz sogenannter Kabelbakterien erzielen. Im Versuch ließen die Forscher Reispflanzen in Töpfen mit und ohne Kabelbakterien wachsen. Als Substrat nutzten sie Schlamm aus dem See, frischen Kuhmist mit methanbildenden Mikroben und Wasser. Das Ergebnis: Die Töpfe mit Kabelbakterien setzten 93% weniger Methan frei, als die Vergleichspflanzen. Der Grund: Kabelbakterien transportieren Elektronen entlang ihrer Filamente und verändern so die geochemischen Bedingungen im wassergesättigten Boden. Dabei produzieren sie vor allem Sulfat, das die Vermehrung von Bakterienarten ankurbelt, die den methanproduzierenden Mikroben das Leben schwer machen und so den Methanausstoß drosseln. Nach elf Wochen fanden die Mikrobiologen in den Töpfen mit Kabelbakterien fünfmal so viel Sulfat wie in den Töpfen ohne die Mikroben. Trotz dieser vielversprechenden Laborversuche ist noch unklar, wie die Bakterien die Geochemie des Bodens und damit die Reispflanzen auf dem Feld beeinflussen. Feldversuche stehen noch aus.