Von tierfreier Milch und Insektenschutz
Der kompakte Medienrückblick: Milchprodukte aus dem Bioreaktor +++ Stillgelegte Flächen erholen sich langsam +++ Insekten leben selten in Schutzgebieten +++ Forschung zu Heilpflanzen vorantreiben
Biotechnologie – Forscher aus Israel, Singapur, den USA und Deutschland tüfteln an klimaschonender tierfreier Milch, die naturidentisch ist und wie Kuhmilch schmeckt. Die „Milch der Zukunft“ kommt aus dem stählernen Bioreaktor statt aus dem Euter und wird durch sogenannte Präzisionsfermentation hergestellt, wie Helke Diers in der taz schreibt. In Deutschland ist das Berliner Start-up Formo dabei, mithilfe von Hefen Milchproteine herzustellen. Dabei werden in Hefezellen Gensequenzen von Kühen eingebracht, die für die Produktion von Milchproteinen verantwortlich sind. Von Hunderten Milchinhaltsstoffen sind nur wenige Molkenproteine nötig, um Käse herzustellen. Auch Milchfette können im Fermenter naturidentisch vermehrt werden. Daran arbeitet etwa das schwedische Food-Tech Melt & Marble. Der Konzern Mars brachte im Sommer die erste tierfreie Milchschokolade namens „CO2CAO“ auf den US-Markt. Nestlé testet in San Francisco seit Kurzem Milchmischgetränke unter der Marke Cowabunga mit Proteinen von Perfect Day. Auch das israelische Unternehmen Remilk verkauft bereits tierfreien Frischkäse mit Molkeprotein aus dem Fermenter in den USA.
Landwirtschaft – Die Umwandlung natürlicher Lebensräume in landwirtschaftliche Flächen ist weltweit der wichtigste Treiber für den Verlust der Biodiversität. Ein Forschungsteam hat nun untersucht, wie sich die Biodiversität und die Zusammensetzung der Arten auf 17 Graslandflächen im US-Bundesstaat Minnesota erholt. Wie der Tagesspiegel berichtet, erholen sich stillgelegte Landwirtschaftsflächen ohne aktive Renaturierungsmaßnahmen nur langsam und auch nach Jahrzehnten nicht vollständig. Wie das Team im Journal of Ecology schreibt, hatten sich diese Felder selbst nach 80 Jahren noch nicht vollständig erholt. An der Studie beteiligt waren auch Forschende des Zentrums für Biodiversitätsforschung (iDiV), des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) sowie der Universitäten Halle-Wittenberg und Leipzig.
Biodiversität – Naturschutzgebiete sollen dem Schutz der Biodiversität dienen und demnach auch ein geschützter Lebensraum für Insekten sein. In der Praxis sieht das jedoch anderes aus. Vor allem außerhalb Europas und Nordamerikas berücksichtigen nur wenige Schutzgebiete auch die Verbreitung von Insekten, wie Joachim Budde im Deutschlandfunk berichtet. Zu dem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die Forschende vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Jena durchgeführt haben. Sie hatten analysiert, wie Naturschutzgebiete auf der ganzen Welt die Lebensräume von Insekten umfassen. Der Studie zufolge sind die Lebensräume von 76% der untersuchten Insektenarten unzureichend von Schutzgebieten abgedeckt. Während es im afrikanischen Regenwald und in Südamerika für manche Arten eine hohe Übereinstimmung gab, leben in Nordamerika hingegen viele Insektenarten komplett außerhalb von Schutzgebieten. Die Forschenden befürchten, dass diese Lebensräume zerstört werden könnten und damit auch der Insektenbestand.
Botanik – Die Natur ist die größte Apotheke der Welt, heißt es. Bei vielen Arzneimitteln, die in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt wurden, standen Heilpflanzen Pate. Dazu gehört auch Aspirin. Die Salicylsäure wurde früher aus der Rinde von Weiden gewonnen und steckt heute technisch hergestellt und leicht verändert unter anderem in den Tabletten. Da das Wissen über medizinische Heilpflanzen aber noch immer lückenhaft ist, will eine Gruppe um Spyros Theodoridis vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt die Erforschung von Heilpflanzen nun vorantreiben, wie die Frankfurter Rundschau berichtet. Die Forschenden sind überzeugt, dass damit die medizinische Versorgung der Menschheit gesichert werden könnte. Das Team weist darin aber auch auf die Gefahren hin, die die Klimakrise für diese wichtigen Naturressourcen darstellt. Die Hälfte der in den vergangenen vier Jahrzehnten weltweit zugelassenen Medikamente basiert demnach auf den Inhaltsstoffen medizinischer Pflanzen oder sei nach ihrem Vorbild entwickelt worden. Gleichzeitig seien aber traditionelle – ebenso wie noch unbekannte – Heilpflanzen durch den Einfluss des Menschen sowie durch Klima- und Biodiversitätskrise bedroht.