Von Mikrobenzoos und Melkrobotern
Der kompakte Medienrückblick: +++ Der digitale Bauernhof +++ Biotechnologie mit Überschussstrom +++ Mikroben von Rebe und Mund bestimmen Weingeschmack +++ Mit Gentechnik gegen Kohlmotten
Digitale Landwirtschaft – Das Leben als Landwirt hat schon lange nichts mehr mit seiner romantischen Verklärung gemein. Es ist ein hartes Geschäft, bei dem am Ende jeder Cent pro Liter Milch über das Fortbestehen eines Hofes entscheiden kann. Angela Gruber berichtet für Spiegel Online beispielhaft von Bauer Andreas Magg im Unterallgäu, der einen Familienbetrieb leitet. Und genau hier liegt auch die Krux: Damit der Hof sich rentiert, muss Magg genügend Absatz erwirtschaften. In seinem Fall bedeutet das 74 Milchkühe zu melken, füttern und ärztlich zu versorgen. Damit diese Menge Arbeit in einem Familienbetrieb ohne Angestellte zu stemmen ist, bedarf es der Hilfe von Melkrobotern, Futterautomaten und anderen Maschinen. Dabei geht es Magg wie den meisten Bauern in Deutschland: Wer nicht modernisiert und digitalisiert, droht unterzugehen. Der Druck des Milchmarkts lässt keinen Platz für Folklore.
Biotechnologie – Finnische Forscher stellen mithilfe von Überschussstrom aus Solar- und Windenergieanlagen Proteine her. Autor Wolfgang Kempkens berichtet in der FAZ von einem Bioreaktor, den die finnischen Forscher betreiben. In ihm werden Mikroorganismen kultiviert, die die Proteine erzeugen. Stickstoff, Phosphor, Kalium, Kohlendioxid sowie einige weitere Spurenelemente werden eingeleitet und als Energiequelle dient Wasserstoff, der im Reaktor durch Elektrolyse mit Überschussstrom erzeugt wird. Durch die ubiquitäre Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ist die Methode im Prinzip überall anwendbar und könnte selbst in Permafrostgebieten für frische Nahrung sorgen. Die Methode kommt zudem ohne den Einsatz von Pestiziden oder Ähnlichem aus und schont somit die Umwelt.
Lebensmitteltechnologie – Etwa 21 Liter Wein trinken die Deutschen pro Kopf und Jahr. Dabei hat fast jeder seinen eigenen Lieblingswein. Was bisher kaum bekannt war: dieser besondere Geschmack ist nicht nur von Wein zu Wein unterschiedlich, sondern auch von Zunge zu Zunge. Susanne Donner berichtet für die Welt am Sonntag über neue Erkenntnisse aus dem Weinanbau und der Kelterei. Die individuelle Bakterienzusammensetzung im Mund der Konsumenten trägt essenziell zu der Geschmacksbildung der Weine bei – denn die Organismen setzen in Sekundenbruchteilen neue Aromen frei, die so in der Flasche gar nicht vorkommen. Dabei hat jeder Mensch eine ganz individuelle Bakterienzusammenstellung im Mund, die demnach auch individuelle Aromen erzeugen. Die sortenspezifischen Aromen, die jeder erkennt, basieren allerdings ebenfalls zu einem Großteil auf einer Mikrobenmischung, die sich bereits während der Reifung an der Rebe oder später im Weinfass auf den Trauben ansammelt. Diese Mikrobenansammlungen sind je nach Standort und Rebensorte spezifisch und tragen so zum Wiedererkennungswert der Weinsorten bei. Inzwischen arbeiten die Winzer sogar an bestimmten, biotechnologisch hergestellten Mikrobenmischungen, die den individuellen Geschmack noch verstärken und vor Fälschung schützen sollen.
Gentechnik – Schadinsekten sind eine große Belastung für die Landwirtschaft. Insektizide hingegen wirken häufig nicht spezifisch genug und richten dadurch oft noch mehr Schaden an. Das britische Biotechnologieunternehmen Oxford Insect Technologies (Oxitec), eine Ausgründung der Oxford University, hat sich darauf spezialisiert, gentechnisch veränderte Insekten zu entwickeln, um freilebende, schädliche Insektenpopulationen zu dezimieren. Wolfgang Löhr berichtet auf taz.de, wie solche gentechnisch veränderten Insekten nun erstmals im US-Bundesstaat New York zum Einsatz kommen, um dort die Kohlschabenpopulation zu dezimieren. Das Verfahren ist denkbar einfach: Britische Forscher haben ein bestimmtes Gen in das männliche Kohlschabengenom eingefügt. Das Gen wird jedoch erst bei den Nachkommen wirksam, und dort auch nur bei den weiblichen. Paart sich ein genverändertes Männchen mit einem Wildtyp-Weibchen, wird das neue Gen an die Nachkommen weitergegeben. Die neugeborenen Weibchen sterben dann im Larvenstadium ab. Laut Versuchsleiter sei diese Technologie extrem erfolgreich und nur Kohlmotten wären betroffen. Bei den jetzt begonnen Tests sollen auf einer kleinen Versuchsfläche wöchentlich bis zu 30.000 genveränderte Motten freigesetzt werden. Das Experiment soll zwei Jahre dauern.