Von Laborkäse und Mikrosatelliten
Der kompakte Medienrückblick: Pilz erzeugt Milchprotein für Käse +++ Mikrosatellitendaten melden Erntebeginn +++ Waldverlust größer als gedacht +++ Parfüm für den Artenschutz
Biotechnologie – Ein Viertel aller Treibhausgase entsteht bei der Herstellung von Milch, Käse und Co. Das Gros ist auf die Tierhaltung zurückzuführen. Im 3sat-Wissensmagazin nano stellt Manuela Richter-Jähnig ein Start-up aus Belgien vor, das die Käseproduktion von der Kuh entkoppeln will. Das in Gent ansässige Start-up „Those Vegan Cowboys“ will dafür das für die Milch- und Käseherstellung essenzielle Milchprotein Casein im Labor herstellen. Bisher können nur Säugetiere das Milchprotein erzeugen. Die Forschenden in Belgien nutzen dafür einen Lebensmittelpilz. Die in der Kuh verantwortlichen Gene für die Caseinproduktion wurden dafür im Labor synthetisch nachgebaut und in das Erbgut des Pilzes integriert. Anschließend wird der Pilz in einer Nährlösung aus Zucker verflüssigt. Mithilfe der Präzisionsfermentation kann schließlich das Casein im Bioreaktor kontrolliert hergestellt werden. Der daraus erzeugte Käse würde nicht den gewohnten Käsegeschmack bedienen, sondern wäre zudem frei von unerwünschten Stoffen wie Lactose, Cholesterin, Antibiotika und Hormonen. Außerdem wäre diese Art der kuhfreien Käseproduktion wesentlich umweltfreundlicher, da Emissionen eingespart würden.
Forstwirtschaft – Hitze und Dürre haben den Wäldern in den vergangenen Jahren zugesetzt. Wie „beispiellos“ die Schäden sind, zeigen aktuelle Daten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nach einem Bericht in der Frankfurter Rundschau wurden von Januar 2018 bis April 2021 rund 501.000 Hektar Baumbestand zerstört. Das entspricht fast 5% der gesamten Waldfläche Deutschlands. Anhand von Satellitendaten wurde sichtbar, dass besonders stark die Mitte Deutschlands mit ihren Nadelwäldern betroffen ist. Allein Nordrhein-Westfalen hat demnach innerhalb von drei Jahren mehr als ein Viertel seiner Fichtenwälder eingebüßt. Hitze und Dürre haben zu massivem Schädlingsbefall geführt, so dass Bäume abgestorben sind oder Notfällungen durchgeführt werden mussten. Aber nicht nur Fichtenwälder waren betroffen. Auch Eiche, Buche und Kiefer wiesen starke Schäden auf.
Landwirtschaft – Daten aus dem All sind zu einem wichtigen Werkzeug der Agrarforschung geworden. Sie liefern Informationen zur Art der Landnutzung, Bodenbeschaffenheit, zu Pflanzenwachstum und Umweltbedingungen. Bald schon könnten Bauern ihre Ackerflächen gezielt per Satellit beobachten lassen und aus dem All Hinweise zum Wasserhaushalt der Pflanzen oder zum Erntetermin erhalten, wie Norbert Lossau in der Welt berichtet. Möglich wird das mit Infrarot-Mikrosatelliten, die das Freiburger Start-up ConstellR entwickelt hat, eine Ausgründung des Fraunhofer Ernst-Mach-Instituts (EMI). Das von dem Start-up entwickelte Messgerät hat die Größe eines Schuhkartons und kann aus dem All mit hoher Präzision die Temperatur auf der Erdoberfläche messen. Damit soll sich die Gesundheit von Pflanzen auf landwirtschaftlichen Feldern überall auf der Welt in Echtzeit bestimmen lassen. Diese Technologie könnte die Landwirtschaft effizienter machen, weil zum Beispiel bei drohender Dürre eine Plantage rechtzeitig gewässert, der Wasserbedarf besser abgeschätzt werden kann und dadurch weniger Wasser verschwendet wird. Der Satellit könnte aber auch Bauern melden, dass die Ernte eingefahren werden muss, weil Unwetter drohen. Die innovative Smart-Farming-Technologie wird gegenwärtig als Prototyp auf der Internationalen Raumstation ISS getestet wird.
Biodiversität – Brasilien gilt als das Land mit der weltweit größten Artenvielfalt im Tier- und Pflanzenreich. Doch auch hier gibt es viele Pflanzen, die vom Aussterben bedroht sind. Thomas Fischermann stellt in der Zeit eine Botanikerin aus Brasilien vor, die seltene Pflanzen retten will, indem sie diese zu Parfüm verarbeiten lässt. Im kargen Hochland des brasilianischen Nordostens sucht Luiza de Paula dafür nach einer seltenen Blume: Griffinia gardneriana ist ein Narzissengewächs, dessen weiße Blütenblätter an eine Lilie erinnern. Die Pflanze ist vom Aussterben bedroht und steht auf der Liste der gefährdeten Pflanzenarten. Bedrohte Blumenarten für besonders rare Parfümsorten zu nutzen, klingt problematisch. Doch die Botanikerin ist überzeugt, dass ihre Expedition sogar dem Artenerhalt dienen kann. Denn mit dem Verkauf eines raren, teuren Parfüms aus den Blüten oder Blättern der Blume, könnten Umweltprojekte finanziert werden. Dafür soll jedoch nicht die seltene Blume geerntet werden. Es gibt einen umweltverträglicheren Weg: virtuelle Parfüms. Hierfür wird der Duft der Pflanze analysiert und dann aus anderen pflanzlichen Essenzen oder mithilfe von Chemie wieder zusammengesetzt. Auf diese Weise hat die Parfümindustrie es sogar geschafft, nicht nur den Duft einzelner Pflanzen zu reproduzieren, sondern den ganzer Blumenwiesen, Waldstücke oder exotischer Biotope. Luiza de Paula hofft, dass der Duft von Griffinia gardneriana so nicht nur als Parfüm betört, sondern auch mehr Menschen für die Sache des Artenschutzes begeistert.