Von biobasierten Chemikalien und Insektenbestäubung
Der kompakte Medienrückblick: Covesto testet biobasiertes Anilin +++ Gewächshaus mit Rechnerwärme heizen +++ Menschen wollen für Klimaschutz zahlen +++ Luftverschmutzung beeinträchtigt Geruchserkennung von Insekten
Chemie – Anilin ist ein wichtiger Ausgangsstoff zur Herstellung des Kunststoffes Polyurethan, der für zahlreiche Alltagsprodukte wie Matratzen oder Dämmstoffe benötigt wird. Bislang wird die Chemikalie vorwiegend auf Basis von Erdöl hergestellt. Covestro, als einer der führenden Anilinproduzenten der Welt, geht hier neue Wege. Gemeinsam mit Partnern führt Covestro ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt durch, in dem Anilin auf pflanzlicher Basis hergestellt wird, wie Jonas Jansen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet. Die Pilotanlage am Heimatstandort des Unternehmens in Leverkusen erstreckt sich über mehr als 600 Kilometer Leitungen und 50 Apparate. Der Konzern investierte einen Millionenbetrag in die Pilotanlage, die auf zehn Jahren Forschung basiert. Die biobasierte Anilin-Produktion wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. An den Projekt beteiligt ist auch die Universität Stuttgart. Die Forschenden haben mit einem maßgeschneiderten Mikroorganismus ein Verfahren entwickelt, in dem aus Pflanzen gewonnener industrieller Zucker durch Fermentation zu einem Zwischenprodukt wird, das Covestro mit chemischer Katalyse weiterverarbeitet. Covestro testet nun die Produktion im Drei-Schicht-Betrieb in der Pilotanlage, um die Marktfähigkeit des biobasierten Produkts zu beweisen. Es ist jedoch noch unklar, ob eine große Anlage tatsächlich in Deutschland gebaut wird, da die Energiepreise sehr hoch sind und Genehmigungsverfahren lange dauern.
Umwelt – Bis 2026 soll auf dem Campus der Uni Passau ein klimapositives Rechenzentrum entstehen, das gleichzeitig "Gurken aus Gigabits" produzieren will. Wie Miriam Dahlinger in der Süddeutschen Zeitung schreibt, soll das grüne Rechenzentrum aus zwei Teilen bestehen: einem Serverbereich ("Data Cube"), der in Containerbauweise vorproduziert wird und erweiterbar sein soll, und ein angeschlossenes Gewächshaus. Das Rechenzentrum wird an ein Gewächshaus angeschlossen und mit der Abwärme der Server beheizt. Das Gewächshaus wird demnach durch Sensoren überwacht und automatisch angesteuert, um für die Pflanzen ein passendes Klima zu garantieren. Im Sommer soll das Gewächshaus verschattet werden, damit die heimischen Gurken, Tomaten, Salate und Küchenkräuter nicht eingehen. Auch das Duschwasser im Sportzentrum könnte mit der Abwärme der Server geheizt werden. Noch befindet sich das Projekt in der Planungsphase. Der erste Spatenstich ist für 2025 vorgesehen.
Klimaschutz – Eine umfangreiche Studie der Universität Bonn mit fast 130.000 Teilnehmern aus 125 Ländern zeigt, dass 69 % der Weltbevölkerung bereit sind, monatlich ein Prozent ihres Haushaltseinkommens für den Klimaschutz auszugeben. Nach einem Bericht in der Frankfurter Rundschau unterstützen demnach 86 % der Befragten die Notwendigkeit globaler Bemühungen zur Bekämpfung der Erderwärmung, und 89 % fordern eine entschlossenere Handlungsweise ihrer Regierungen. Besonders in den vom Klimawandel bedrohten Ländern sei die Bereitschaft zur persönlichen Beteiligung am Klimaschutz hoch, heißt es. Gleichzeitig verharre die Welt in einem Zustand "pluralistischer Ignoranz“, da die Bereitschaft zum Handeln systematisch unterschätzt werde. Die Bereitschaft zwischen den Ländern, für Klimaschutz mehr zu zahlen, variiert jedoch erheblich: Mit 40 bis 49 % der Bevölkerung war die Bereitschaft etwa in den USA, Kanada, und Russland relativ klein. Mit 60 bis 69 % lagen Deutschland, Polen, Brasilien und Indien im Mittelfeld. Relativ groß war die Bereitschaft in China. Einige Experten sehen die Ergebnisse als hoffnungsvolles Signal für politische Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels. Sie betonen jedoch die Notwendigkeit umfassender sozialer Veränderungen. Die Umfrage erfolgte im Rahmen der Gallup World Poll 2021 und 2022. Die einbezogenen Länder sind für 96 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und machen 92 % der Weltbevölkerung aus.
Biodiversität – Ein Forschungsteam der University of Washington hat die Auswirkungen auf die nächtliche Bestäubung von Nachtkerzen durch Nachtfalter im US-Bundesstaat Washington untersucht. Demnach beeinflussen hohe Konzentrationen von Dieselabgasen und bodennahem Ozon die Geruchserkennung von Insekten, wie die taz schreibt. Die Duftstoffe von Pflanzen werden von Luftschadstoffen, insbesondere Ozon und das NO3-Radikal, beeinträchtigt, was die Bestäubung durch Insekten weltweit reduzieren könnte, wie die Forschenden im Fachjournal Science berichten. Der Studie zufolge baut das NO3-Radikal bestimmte Duftstoffe ab, was zu einem Rückgang der Blütenbesuche um etwa 70 % und einer geringeren Fruchtbildung um etwa 30 % führte. Auch hatte das NO3-Radikal einen stärkeren Effekt als Ozon. Zudem könnte die Belastung der Atmosphäre in städtischen Gebieten die Entfernungen, über die Bestäuber Blüten wahrnehmen können, erheblich verringern. Den Forschenden zufolge könnten sich die Dufterkennungsdistanzen in bestimmten Regionen weltweit seit der vorindustriellen Zeit um 75 % oder mehr verringert haben, was die Bestäubung und Erträge beeinträchtigen könnte.