Von allergikerfreundlichen Äpfeln und Pipi-Dünger
Der kompakte Medienrückblick: Trockenheit gefährdet Agrarpflanzen +++ Neue Apfelsorten für Allergiker +++ Pflanzenanbau in Wohngebieten +++ Recycling-Dünger aus Urin
Landwirtschaft – Der März 2022 war in Deutschland so trocken wie seit Jahrzehnten nicht. Es war der sonnenreichste März seit mehr als 70 Jahren. Doch die Trockenheit im Frühjahr beeinträchtigt Experten zufolge das Wachstum wichtiger Nutzpflanzen wie Raps und Mais, wie die Frankfurter Rundschau berichtet. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes ist davon vor allem der Nordosten des Landes betroffen. Hier gibt es mittlerweile von Mitte März bis Mitte Mai an etwa 40 Tagen keinen Regen mehr. Die Frühjahrstrockenheit ist besonders problematisch, weil es der Zeitraum ist, in dem die Vegetation "erwacht" und einen hohen Bedarf an Wasser hat. Fehlt der Regen, wird die Entwicklung des Pflanzenwachstums erheblich beeinträchtigt. Noch ist die Lage für die Landwirtschaft beherrschbar, weil es im Februar sehr feucht war. Sollte sich die Trockenheit im April und Mai fortsetzen, sei das Wachstum jedoch gefährdet. Den Experten zufolge werden solche Trockenperioden künftig zunehmen. Landwirte müssen dann ihre Anbaumethoden an die veränderten Bedingungen anpassen und ihre Agrarpflanzen zum Beispiel zusätzlich beregnen.
Pflanzenzüchtung – Äpfel zählen zum Lieblingsobst der Deutschen. Viele müssen jedoch auf den Genuss verzichten, weil sie die Frucht nicht vertragen und allergisch reagieren. Wie Stefan Troendle in SWR2 Wissen berichtet, hat nun eine Forschungsgruppe zwei besonders allergikerfreundliche Apfelsorten entwickelt. In den Laboren der TU München wurde dafür zunächst die Eiweißstoffe aus Äpfeln isoliert, die die Allergien verursachen, und auch die Menge der Allergene festgestellt. So wurde herausgefunden, welche Äpfel besonders wenig allergene Stoffe enthalten. An der Hochschule Osnabrück wurden diese Sorten dann gezielt für neue Züchtungen genutzt. Aus den Kernen der neu gezüchteten Äpfel entstanden dann neue Apfelsorten, die auch Allergiker genießen können. Etwa 100 bis 200 Bäume gibt es schon, auf denen die Äpfel für die klinischen Tests gewachsen sind, die wiederum von der Berliner Charitè durchgeführt wurden. Über drei Jahre liefen die Versuche und sie waren erfolgreich. Dabei zeigte sich ein wunderbarer Nebeneffekt: Allergiker, die diese Äpfel essen, vertragen nach einer Zeit offenbar auch andere Apfelsorten wieder besser. Bis der allergikerfreundliche Apfel im Handel ist, werden jedoch noch einige Jahre vergehen.
Vertical Farming – Ungenutzte Friedhofsflächen, Kultureinrichtungen, Schulhöfe: Brachliegende grüne Flächen in der Stadt gibt es viele. Doch mit den Folgen des Ukraine-Krieges wie Weizen- und Düngemittelknappheit gewinnen diese Oasen an Bedeutung. Mit dem vorübergehenden Anbau von Pflanzen auf solchen Brachflächen will etwa die Europäische Kommission die Folgen des Krieges in der EU abfedern. Der Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) hat nun zusammen mit der schweizerischen Strategie-Boutique Arthesia ein Konzeptpapier vorgelegt, wie Reinhard Bünger im Tagesspiegel schreibt. Favorisiert wird darin neben dem vertikalen Anbau von Lebensmitteln auch das sogenannte Neomanufacturing. Dahinter verbirgt sich die Aufweichung der strikten Trennung der Nutzungssektoren in der Stadt. Es würde vor allem kleinen Betrieben ermöglichen, sich wieder in Wohngebieten anzusiedeln und diese Quartiere durch einen breiteren Mix aufwerten. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sei dafür jedoch eine Voraussetzung, heißt es. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Verbände befürchten, dass mit dem Anbau auf Brachflächen die Umweltziele der EU für eine nachhaltigere Landwirtschaft untergraben werden könnten.
Urban Gardening – Menschliche Fäkalien als Dünger für Pflanzen: diese Idee wirkt auf den ersten Blick abstoßend. Dabei wird jedoch oft vergessen, dass Urin und Kot wichtige Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor enthalten, die das Pflanzenwachstum beflügeln. Forschende vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau haben jetzt das Citizen-Science-Projekt Urban Cycles gestartet, um diese Dünger-Alternative zu testen, wie Susanne Dübber in der Berliner Zeitung berichtet. Echter Urin muss bei der Berliner Studie aber weder gesammelt noch ausgebracht werden. Die Forschenden verwenden dafür künstlichen Urin. Dieser besteht aus Harnstoff und riecht nicht. Das Rüstzeug für die nachhaltige Düngeranwendung erhalten die Bürgerinnen und Bürger in drei mehrstündigen Workshops. Aber nicht nur mit Urin experimentieren die Berliner, sondern auch mit Kot. In einem anderen Projekt wurden damit beispielsweise erfolgreich Tomaten und Roggen angebaut. Sollte das Düngen mit Urin und Kot in der EU erlaubt sein, müsste dafür auch die Infrastruktur geschaffen werden, um die Fäkalien getrennt auffangen zu können. Doch bis dahin ist es noch ein Stück Weg.