Von Herbstblüte und Gentechnik
Der kompakte Medienrückblick: Pestizide fliegen weit +++ Herbstblüte bei Kastanien +++ Genome Editing ohne Risiko +++ Invasive Arten nehmen zu
Landwirtschaft – Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft steht seit langem in der Kritik. Wie weit sich diese Pflanzenschutzmittel über ihren eigentlichen Einsatzort verbreiten, zeigt eine aktuelle Studie, die der Stern vorstellt. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und das Umweltinstitut München haben dazu bundesweit Messungen an 163 Standorten durchgeführt. Untersucht wurden jeweils Gebiete im Umkreis von etwa 100 bis 1.000 Metern Entfernung von den potentiellen Quellen. Hier zeigte sich: Pestizide und deren Abbauprodukte verbreiten sich kilometerweit über die Luft. An rund drei Viertel der untersuchten Standorte wurden zwischen fünf und 34 Pestizidwirkstoffe sowie deren Abbauprodukte gefunden, darunter in Filtermatten in Be- und Entlüftungsanlagen von Gebäuden, in Bienenstöcken und Baumrinden sowie auf Bio-Äckern und in Naturschutzgebieten. Sogar auf der Spitze des Brockens wurden Pestizide nachgewiesen. Das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat war demnach in allen Regionen Deutschlands und weit abseits der potenziellen Ursprungs-Äcker zu finden. Die Autoren fordern daher ein sofortiges Verbot der fünf am meisten verbreiteten Pestizide, darunter Glyphosat sowie eine Entschädigung für Öko-Landwirte. Der Industrieverband Agrar als Interessensvertreter der agrochemischen Industrie bezeichnet die Funde als minimal und für den Menschen unbedenklich.
Forstwirtschaft – Kastanien gehören zum Herbst wie der Flieder zum Frühjahr. Doch neuerdings zeigen einige Kastanienbäume auch im Herbst Ansätze einer Blüte. Was wie eine Laune der Natur erscheint, ist tatsächlich das letzte Aufbäumen eines Baumes, der den Frühling vielleicht nicht mehr erlebt, wie Katrin Blawat in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Betroffen davon ist vor allem die Gemeine Rostkastanie, deren braune Früchte gerade bei Kindern beliebt sind. Ein Grund für den maroden Zustand sind die trockenen Sommer. Sie haben die Bäume geschwächt und für Insekten wie die Miniermotte anfälliger gemacht. Um einen Befall im nächsten Jahr zu verhindern, reicht es in der Regel aus, das Laub zu entsorgen. Gegen das Bakterium namens Pseudomonas syringae pathovar aesculi gibt es jedoch keine Waffe. Befallene Bäume scheinen regelrecht aus Wunden zu bluten, die wiederum zum Einfallstor für weitere Krankheitserreger werden. Experten befürchten, dass es gerade in niederschlagsarmen Regionen und in Innenstädten die Gemeine Rostkastanie bald nicht mehr geben könnte. Exotische Arten wie die gelbblühende amerikanische Kastanie könnten eine Alternative sein.
Gentechnik – Gentechnisch veränderte Pflanzen werden in einigen Ländern seit mehr als 20 Jahren in großem Umfang angebaut. In Europa haben sie bis heute nicht Fuß gefasst. Ein Grund dafür ist die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juli 2018, wonach Organismen, deren DNA mithilfe neuartiger Werkzeuge zielgerichtet verändert wurden, juristisch als gentechnisch veränderte Organismen einzustufen sind. Neue mittels Genom Editierung erzeugte resistente Weizensorten dürfen demnach hierzulande nicht oder nur unter strengen Bedingungen angebaut werden. Eine Vielzahl von Forscher, wie der Agrarökonom Matin Qaim von der Universität Göttingen, halten das EuGH-Urteil für wissenschaftlich wenig fundiert und fordern daher eine Novellierung des Gentechnik-Gesetzes. Im Gespräch mit Ralf Krauter vom Deutschlandfunk spricht Qaim über die Chancen des Genome Editings. Seiner Ansicht nach entspricht das in der EU geltende Saatverbot von Genom-editierten Nutzpflanzen nicht dem Stand der Forschung. Das Gesetz sei vor fast 30 Jahren entwickelt worden und damals habe man Risiken nicht ausschließen können. Doch 30 Jahre Forschung würden zeigen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen genauso sicher seien wie konventionelle und dass die Methode als solche keine neuartigen Risiken mit sich bringe, so Qaim. Auch seien die neuen Züchtungsmethoden ein Schritt in Richtung einer nachhaltigen Landwirtschaft, da Pflanzen entwickelt werden können, die weniger Pestizide oder Düngemittel benötigen. Im Gespräch plädiert der Göttinger Forscher für eine umfassende Reform des neuen EU-Gentechnikrechts, damit Europa nicht den Anschluss verliert.
Ökologie – Per Schiff, Lastwagen oder Flugzeug gelangen immer mehr gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten in fremde Länder. Berechnungen zufolge wird ihre Zahl bis 2050 weltweit um mehr als ein Drittel ansteigen, wie der Tagespiegel berichtet. Wissenschaftler vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum haben errechnet, dass sich europaweit allein die Zahl der eingewanderten Arten um 64% erhöhen wird. Vor allem Insekten, Weichtiere und Krebstiere werden sich ansiedeln. Die Folgen für die Ökosysteme sind zwar noch nicht absehbar. Sie könnten jedoch massiv sein. Die Forscher verweisen auf den Asiatischen Laubholzbockkäfer, der zum Absterben von Laubbäumen führen kann. In Deutschland tritt er bisher nur punktuell auf. Auch mit Blick auf die Kosten, die invasive Arten vor allem in der Landwirtschaft verursachen, plädieren die Forscher für eine strenge Regulierung und deren strikte Umsetzung, um das Einbringen neuer Arten zu vermeiden.