„Bioprozess-Daten per Blockchain sicher austauschen“

„Bioprozess-Daten per Blockchain sicher austauschen“

Peter Neubauer / Nicolas Cruz Bournazou

Fachgebiet Bioverfahrenstechnik am Institut für Biotechnologie der TU Berlin

Peter Neubauer und Nicolaz Cruz von der TU Berlin
Vorname
Peter Neubauer /
Nachname
Nicolas Cruz Bournazou

Fachgebiet Bioverfahrenstechnik am Institut für Biotechnologie der TU Berlin

Peter Neubauer und Nicolaz Cruz von der TU Berlin

Die Biotechnologen Peter Neubauer und Nicolas Cruz Bournazou von der Technischen Universität Berlin über die DATI-Innovationscommunity BioBlock.

An der Technischen Universität Berlin treiben Professor Peter Neubauer und Dr. Nicolaz Cruz Bournazu die Digitalisierung der Biotechnologie voran. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) haben sie seit 2020 das KIWI-biolab aufgebaut, ein Zukunftslabor für KI-gestützte Bioprozess-Entwicklung. Diesen Sommer bekam das Team nun den Zuschlag für eine weitere große BMBF-Förderung: Neubauer und Cruz werden ab 2025 die Koordination der DATIpilot-Innovationscommunity BioBlock übernehmen (Budget: 5 Mio. Euro). Ziel von BioBlock ist, eine sichere und demokratische Wissensaustauschplattform auf Basis von fragmentierten Daten und Blockchain-Technologien in der Biotechnologie zu etablieren. So soll Transfer und Innovation mithilfe von überprüfbaren und verwertbaren FAIR-Daten gefördert werden, also Daten, die auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar sind. An dem Konsortium sind unter anderem die Siemens AG, Sartorius Stedim Biotech GmbH und das Institute for Applied Blockchain (IABC) beteiligt.

Frage

Wie gut sind die FAIR-Datenprinzipien in der industriellen Biotechnologie derzeit schon etabliert?

Antwort

Peter Neubauer: Am weitesten ist der Fortschritt in der Biopharma-Industrie, da hier im Zuge der Qualitätskontrolle in der Medikamentenproduktion alles umfassend dokumentiert wird. Je weiter man in den vorgelagerten Bereich der Forschung und Entwicklung geht, desto weniger etabliert sind die FAIR-Datenprinzipien. Das liegt unter anderem an der komplexen Vielfalt der hier eingesetzten Methoden. Das große Ziel ist es, eine einheitliche, harmonisierte Dateninfrastruktur zu schaffen, so dass man auf das gesamte Wissen in der Wertschöpfungskette zurückgreifen kann.

Cruz Bournazou: Es reicht aber nicht, dass Bioprozess-Daten einfach existieren, sie müssen maschinenlesbar sein. Die FAIR-Prinzipien stellen sicher, dass die Daten „AI-ready“ sind. Wenn man wie wir in dem vom BMBF geförderten KI-Zukunftslabor KIWI-biolab neue Prozesse automatisiert im Hochdurchsatz entwickelt, führt an FAIR-Daten-by-design kein Weg vorbei.
 

Frage

Im DATIpilot-Konsortium namens BioBlock wollen Sie den FAIRen Datenaustausch in der Biotechnologie revolutionieren. Wie?

Antwort

Neubauer: Ziel ist es, eine sichere, transparente und demokratische Wissensaustausch-Plattform auf der Basis von Blockchain-Technologien – also einer dezentral abgesicherten Datenbank – zu etablieren. Dazu haben wir uns für das Management mit dem Institut für Angewandte Blockchain (IABC) sowie großen Industriepartnern Siemens und dem Laborzulieferer Sartorius zusammengetan. Die Plattform ist europäisch ausgerichtet und es sind 25 Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen an Bord. Innerhalb der Community werden alle Daten, Metadaten und andere Informationen markiert und mit einem Zeitstempel versehen, sodass generiertes Wissen und IPs detailliert dokumentiert sind. Damit kann die BioBlock eine wichtige Funktion bezüglich der Fairness des Wissensaustauschs übernehmen, die so mit den üblichen Strategien der Geheimhaltung und IP-Sicherung nicht garantiert werden kann. Hiermit soll der Transfer und Innovation in der Biotech-Branche mithilfe von überprüfbaren und verwertbaren FAIR-Daten auf neue Art gefördert werden. Mit anderen Worten: wir wollen mit dem Vorhaben erreichen, dass der Datenschatz aus Forschung und Entwicklung von Tag eins so nahe am Markt ist, wie möglich.

Frage

Welches Potenzial hat der Blockchain-Ansatz im Projekt?

Antwort

Cruz Bournazou: Open-Science-Ansätze werden in Industrie und in der Forschung noch zögerlich verfolgt, weil die Akteure fürchten, die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren und keinen Mehrwert darin sehen. Per Blockchain lässt sich die Data Governance erhöhen. Die Technologie ermöglicht auch eine genaue Nachverfolgung der Datennutzungsaktivitäten. Über Wertschöpfungsmechanismen für bereitgestellte Daten lässt sich die Effizienz in Forschung und Entwicklung steigern. Ebenso kann der Schutz des geistigen Eigentums durch automatisierte und algorithmisierte Verträge – sogenannte Smart Contracts – mit entsprechenden Verwertungs- und Nutzungsregeln unterstützt werden.

Frage

In welchen Anwendungsbereichen werden Sie BioBlock einsetzen?

Antwort

Neubauer: Wir planen, das Potenzial von BioBlock in den Bereichen Bioengineering für die kreislauforientierte Bioökonomie und Biopharmazie zu demonstrieren. Denn hier sind gemeinsame Innovationen von besonderer Bedeutung. Digitale Innovationen wie Blockchain, Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden die Biotechnologie revolutionieren. Sie ermöglichen effizientere Forschungs- und Entwicklungsprozesse, verbessern die Qualität und Sicherheit der Produkte und fördern die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren. Langfristig wird dies zu schnelleren wissenschaftlichen Durchbrüchen und einer beschleunigten Umsetzung von Innovationen in die Praxis führen.

Interview: Philipp Graf