EU erhält neue Bioökonomie-Strategie

EU erhält neue Bioökonomie-Strategie

Die Europäische Kommission hat die von Fachkreisen lang ersehnte neue Bioökonomie-Strategie vorgelegt. Der Aktionsplan sieht für 2019 insgesamt 14 Maßnahmen vor.

Die Europäische Kommission hat einen Aktionsplan zur Förderung einer nachhaltigen Bioökonomie veröffentlicht, der der Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft Europas dient.

Die Weltbevölkerung wächst und gleichzeitig schwinden die Ressourcen. Vor diesem Hintergrund sind neue, biobasierte Innovationen gefragter denn je. Mit ihrem Ansatz der nachhaltigen und effizienten Nutzung von biologischen Ressourcen bietet die Bioökonomie hierfür neue Ansätze und Lösungen. Nach Angaben der Europäischen Kommission hat die Bioökonomie sogar das Potenzial, bis zum Jahr 2030 eine Million neue „grüne Arbeitsplätze" zu schaffen. Mit einem Jahresumsatz von rund 2 Billionen Euro und rund 18 Millionen Beschäftigten ist die Bioökonomie schon jetzt einer der größten und wichtigsten Sektoren der europäischen Wirtschaft. Sie umfasst dabei nahezu alle Industriebereiche von der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei, Ernährungswirtschaft bis hin zur Chemie-, Energie-, Bau- und Textilwirtschaft. Vor allem dem ländlichen Raum dürfte die Bioökonomie langfristig Wachstumspotenzial eröffnen, da sie neue Chancen zur Wertschöpfung nachwachsender Rohstoffe bietet. 

Nachhaltigkeitsziele im Fokus

Bioökonomie-Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft haben die neue Fassung der europäischen Bioökonomie-Strategie schon lange erwartet. Mitte Oktober wurde sie nun offiziell von der Europäischen Kommission beschlossen. Sie hat vor allem zum Ziel, die Aktivitäten der Bioökonomie stärker mit parallel laufenden Themen zu vernetzen: Kreislaufwirtschaft, Biodiversität, Umwelt- und Naturschutz sowie Nachhaltigkeit werden hier vor allem genannt. 

Die neue Bioökonomie-Strategie will daher die nachhaltige Nutzung erneuerbarer Ressourcen verbessern und erweitern, um globalen und lokalen Herausforderungen wie dem Klimawandel entgegenzutreten. Sie soll insbesondere dazu beitragen, neue Lösungen zu entwickeln, um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Wenn alles nach Plan läuft, soll der Bioökonomie auch noch mehr Budget als bisher zur Verfügung stehen: Aktuell fördert die EU grundlagen- und anwendungsnahe Forschung aus dem Bereich der Bioökonomie in Höhe von 3,85 Mrd. Euro durch das EU-Rahmenprogramm Horizon 2020. Für den Zeitraum 2021 bis 2027 sind aktuell 10 Mrd. Euro vorgesehen, die im neuen Forschungsrahmenprogramm der EU „Horizon Europe"  für Forschung rund um Nahrungsmittel und natürliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden sollen.

Potenzial für viele neue Arbeitsplätze

Der für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission Jyrki Katainen sagte hierzu: „Beim Umdenken der Wirtschaft und der Modernisierung unserer Produktionsmodelle geht es nicht nur um Umwelt und Klima. Es besteht auch ein großes Potenzial für neue grüne Arbeitsplätze, insbesondere in ländlichen Gebieten und Küstengebieten." Der für Forschung, Wissenschaft und Innovation zuständige Kommissar, Carlos Moedas, fügte hinzu: „Die EU will bei der Umwandlung von Abfällen und Rückständen in hochwertige Produkte, grüne Chemikalien, Futtermittel und Textilien weiterhin eine Vorreiterrolle übernehmen. Forschung und Innovation spielen eine Schlüsselrolle bei der zügigen Umstellung der europäischen Wirtschaft und für das Erreichen der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung."

Hier geht's zur vollständigen, überarbeiteten Bioökonomiestrategie (Englisch):

14 Maßnahmen ab 2019 geplant

Aus Sicht der EU-Kommission lässt sich eine nachhaltige, kreislauforientierte Bioökonomie nur realisieren, wenn öffentliche Stellen und die Industrie gemeinsame Anstrengungen unternehmen. Um hier Impulse zu geben, wird die Kommission 2019 insgesamt 14 konkrete Maßnahmen in die Wege leiten.  Mit Blick auf das Potenzial der Bioökonomie zur Modernisierung der europäischen Wirtschaft und Industrie soll eine mit 100 Mio. Euro ausgestattete thematische Investitionsplattform für die kreislauforientierte Bioökonomie eingerichtet werden. Die Idee ist, biobasierte Innovationen besser zu vermarkten und die Risiken privater Investitionen in nachhaltige Lösungen zu verringern.

Darüber hinaus will sich die Europäische Kommission dafür einsetzen, die Bioökonomie auf regionaler und nationaler noch stärker zu verankern. Vor allem in Mittel- und Osteuropa gebe es noch ein großes, nicht ausgeschöpftes Potenzial für die Nutzung von Biomasse und Abfällen, heißt es. Um entsprechende Ressourcen zu mobilisieren, will die EU eine Strategie für nachhaltige Ernährungs- und Bewirtschaftungssysteme sowie für forstwirtschaftliche und biobasierte Produkte erarbeiten. Des Weiteren soll eine Einrichtung aufgebaut werden, die EU-Länder dabei unterstützt, nationale und regionale Bioökonomie-Fahrpläne auszuarbeiten. Gleichzeitig sollen Pilotmaßnahmen für die Entwicklung der Bioökonomie in ländlichen Regionen, Küsten- und Stadtgebieten etwa in der Abfallwirtschaft oder der Kohlenstoff-Landwirtschaft in die Wege geleitet werden. 

Im Fokus der Bemühungen sollen zudem der Schutz des Ökosystems und die Erforschung der ökologischen Grenzen der Bioökonomie stehen. Europa will daher ein unionsweites Monitoringsystem einführen, um Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigen und kreislauforientierten Bioökonomie verfolgen zu können. Darüber hinaus ist geplant, das Wissen zur Bioökonomie zu erweitern, entsprechende Daten zu erheben und zu sammeln und diese dann über Wissenszentren für alle Interessierten zugänglich zu machen.

Am 22. Oktober veranstaltet die Europäische Kommission in Brüssel eine Konferenz, um diese Maßnahmen mit verschiedenen Interessengruppen zu diskutieren und konkrete biobasierte Produkte vorzustellen.

jmr