Mit schillernden Bakterien zu nachhaltigen Farben

Mit schillernden Bakterien zu nachhaltigen Farben

Ein Forschungsteam des Jenaer Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ hat den Mechanismus entschlüsselt, der einige Bakterienstämme dazu befähigt, ähnlich wie bei Schmetterlingsflügeln Licht zu reflektieren und Farben zu bilden.

Kolonien des Meeresbakteriums Marinobacter alginolytica. So wie die Federn des Pfaus leuchtende Farben aufweisen, sind diese Farben auf geordnete Strukturen zurückzuführen, die einen photonischen Kristall bilden und Interferenzeffekte verursachen.
Auch leuchtende Farben des Tagpfauenauges sind auf geordnete Strukturen zurückzuführen, die einen photonischen Kristall bilden und Interferenzeffekte verursachen.

Pfauenfedern oder Schmetterlingsflügel, wie die des Tagpfauenauges, faszinieren durch ihre Farbenpracht. Verantwortlich für diesen schillernden Effekt sind jedoch keine Pigmente, sondern winzige Strukturen, die das Licht auf besondere Weise reflektieren. Auch einige Bakterien haben das Talent, ähnlich glitzernde und schillernde Strukturen zu bilden. Bakterienkolonien mit dieser Begabung haben Forschende vom Exzellenzcluster „Balance of the Microverse" der Universität Jena nun genauer unter die Lupe genommen.

Mechanismus der bakteriellen Lichtreflektion untersucht

Das internationale Forschungsteam untersuchte darin, welcher Mechanismus diese Bakterienarten befähigt, Licht zu reflektieren, ohne Pigmente zu verwenden. An der Studie beteiligt waren Forschende vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, dem Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen, der Universität Utrecht, der Universität Cambridge und dem Netherlands Institute for Sea Research.

Im Rahmen der Studie wurde die DNA von 87 gefärbten und 30 farblosen Bakterienstämmen sequenziert und Gene identifiziert, die für diese Kolonien verantwortlich sind. Wie das Team in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichtet, wurde mithilfe Künstlicher Intelligenz ein Modell entwickelt, das auf der Grundlage der DNA vorhersagen kann, welche Bakterien diese Farben produzieren.

Farbreflektierende Bakterienstämme leben vorwiegend im Wasser

„Mit diesem Modell haben wir über 250.000 bakterielle Genome und 14.000 Umweltproben aus internationalen Open-Science-Repositorien analysiert“, sagt Bas Dutilh, Professor für Virale Ökologie und Omics an der Universität Jena und Forscher im Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“. „Wir haben herausgefunden, dass die Gene, die für die strukturelle Farbe verantwortlich sind, hauptsächlich in Ozeanen, Süßwasser und in speziellen Lebensräumen wie Gezeitenzonen und Tiefseegebieten vorkommen. Im Gegensatz dazu weisen Mikroben in wirtsassoziierten Lebensräumen, wie dem menschlichen Mikrobiom, nur eine sehr geringe strukturelle Farbe auf.“

Zur Überraschung der Forschenden kommen diese Gene auch in Bakterien vor, die in tiefen Ozeanen ohne Sonnenlicht leben. Zu den im Meer lebenden Mikrobenstämmen, die solch schillernde Farben reflektieren, gehört das Meeresbakterium Marinobacter alginolytica. So wie die Federn des Pfaus oder die Schmetterlingsflüge leuchtende Farben aufweisen, seien auch die Farben des Meeresbakteriums auf geordnete Strukturen zurückzuführen, die einen photonischen Kristall bilden und Interferenzeffekte verursachen, heißt es.

Inspiration für umweltfreundliche Farbstoffe und Materialien

Nach Ansicht der Forschenden deuten die Ergebnisse daraufhin, dass die Farbigkeit der Bakterienkolonien nicht nur dazu dient, Licht zu reflektieren, sondern „die Farben tiefere Prozesse der Zellorganisation mit wichtigen Funktionen widerspiegeln könnten, wie den Schutz der Bakterien vor Viren oder die effiziente Besiedlung von schwimmenden Nahrungspartikeln“. Diese Erkenntnisse könnten eine Inspiration sein, um umweltfreundliche Farbstoffe und Materialien zu entwickeln, die auf diesen natürlichen Strukturen basieren, schreibt das Team.

bb