Mit mikrobiellen Zellfabriken zu nachhaltigen Chemikalien
Forschende der TU Chemnitz, der Universität Leipzig und des Fraunhofer-Institut FEP entwickeln Mikroalgen als „Zellfabriken“, die aus Kohlendioxid und Sonnenlicht die wichtige Grundchemikalie Glykolat herstellen können.

Glykolat – auch Glycolsäure genannt – ist eine Basischemikalie und dient als Ausgangsstoff für die Herstellung von Konservierungsmitteln, Polymeren und Medikamenten. Bislang wird die Substanz aus fossilen, teils giftigen Rohstoffen gewonnen. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) in Dresden, der TU Chemnitz und der Universität Leipzig entwickeln im Projekt PhotoKon derzeit ein nachhaltiges Verfahren zur Glykolatgewinnung.
Mikroalge verwandelt CO₂ und Licht in Basischemikalie
Dabei setzt das interdisziplinäre Team auf die Mikroalge Chlamydomonas reinhardtii, die mithilfe von KI-gestütztem Screening und gezielter Mutationszüchtung für industrielle Anwendungen optimiert wird, um aus CO₂ und Sonnenlicht die Basischemikalie zu produzieren. „Diese interdisziplinäre Herangehensweise ermöglicht es uns, die natürliche Photorespiration der Algen – normalerweise ein unerwünschter Nebeneffekt – gezielt für die Glykolatproduktion zu nutzen“, erläutert Severin Sasso von der Universität Leipzig.
KI identifiziert geeignete Mutanten aus den Algenkolonien
Das Fraunhofer FEP entwickelte dafür ein neuartiges Verfahren mit niederenergetischer Elektronenstrahlung, um Mutationen präzise zu steuern. Die Universität Leipzig konnte bereits zeigen, dass die photokatalytische Glykolatproduktion grundsätzlich funktioniert. Sie entwickelt ein innovatives pH-basiertes Screening-Verfahren, das Farbindikatoren auf Agarplatten nutzt, die sich durch die Glykolatausscheidung der Algenzellen verändern, und so besonders produktive Algenzellen identifiziert. An der TU Chemnitz werden die Mutanten mithilfe neu entwickelter robotergestützter Analysen und künstlicher Intelligenz automatisch ausgewertet und die vielversprechendsten Mutanten aus den Algenkolonien ausgewählt.
Umweltfreundliche Alternative zu fossilen Chemikalien
„Durch die Isolation vielversprechender Zellfabriken können sowohl die biologischen Grundlagen zur Wirkung ionisierender Strahlung auf die Zellen untersucht als auch die Skalierung in technischen Bioprozessen umgesetzt werden“, schreiben die Forschenden. Ihren Angaben nach könnte das neue Verfahren einen wichtigen Beitrag zu einer regionalen, nachhaltigen Bioökonomie leisten, indem es CO₂ als Rohstoffquelle nutzt und fossile Chemikalien durch umweltfreundliche Alternativen ersetzt.
bb