Abholzung und Dünger verändern Wasserökosysteme
Wasserpflanzen, die Hydrogencarbonat als Kohlenstoffquelle nutzen, verdrängen zunehmend jene, die Kohlendioxid verwerten.
Im Wasser ist Kohlendioxid oft wenig verfügbar. Manche Wasserpflanzen haben deshalb Schwierigkeiten, ihren Bedarf an Kohlenstoff auf dem für Landpflanzen normalen Weg der Photosynthese mittels Kohlendioxid zu decken. Sie verwenden Hydrogencarbonat als Ergänzung oder Alternative für die Photosynthesereaktion. Ökologen der Universität Duisburg-Essen haben nun festgestellt, dass sich die Verbreitung dieser beiden Pflanzengruppen zugunsten der Nutzer von Hydrogencarbonat verändert.
Geologie einflussreicher als Klima
Im Fachjournal „Science“ berichten die Wissenschaftler von ihrer Analyse zahlreicher Süßwasserökosysteme. Dabei konnten sie feststellen, dass die Verfügbarkeit von Kohlendioxid und Hydrogencarbonat maßgeblich bestimmt, welche Pflanzengemeinschaften in einem Süßwasserökosystem wachsen. Anders als bei Landpflanzen sind demnach generell nicht klimatische Faktoren wie Temperatur und Niederschlag ausschlaggebend, sondern die Geochemie der Wassergebiete.
Ausnahme Fließgewässer
„Die Verteilung von Wasserpflanzen in Seen wird weltweit durch die Geochemie der Gewässer bestimmt“, erläutert Umweltwissenschaftler Sebastian Birk von der Universität Duisburg-Essen. „Je mehr Hydrogenkarbonat im Wasser ist, desto mehr Hydrogenkarbonat-Nutzer gibt es unter den Wasserpflanzen.“ Eine Ausnahme bilden allerdings Fließgewässer – mutmaßlich, weil das Kohlendioxid infolge der Fließbewegung immer wieder neu angereichert wird.
Zunahme basischer Wasserlebensräume
Die Forscher haben jedoch auch beobachtet, dass der Anteil weniger saurer Gewässer – die reicher an basischem Hydrogencarbonat als an saurem Kohlendioxid sind – zugenommen hat. Damit einher geht eine Zunahme der Hydrogencarbonat-Pflanzen, was die jeweiligen Süßwasserökosysteme verändert. Und mit dem Schwund der Kohlendioxid-Pflanzen verschwinden auch andere Arten, die diese als Lebensraum benötigen.
Menschliche Einflüsse verantwortlich
Natürlicherweise ist Wasser im Umfeld basischen Gesteins reich an Hydrogencarbonat. Doch auch der Einsatz von Dünger und Kalk sowie das Abholzen von Wäldern führt dazu, dass sich Hydrogencarbonat im Wasser anreichert. In diesen menschlichen Einflüssen sieht Birk die Erklärung für die beobachteten Veränderungen: „Dadurch werden wahrscheinlich die Wasserpflanzen, die Hydrogencarbonat nicht nutzen können, weiter verdrängt und damit auch die speziellen Lebensräume, die sie bilden.“
bl