Indien

Indien

Indien ist mit fast 1,3 Milliarden Einwohnern das zweitgrößte Land der Welt und mit einem Bruttoinlandsprodukts (BIP) von knapp über 2 Milliarden US Dollar die weltweit siebtgrößte Wirtschaftsmacht. Das Land ist ein Vorreiter bei der Herstellung von Biopharmazeutika, baut aber spätestens seit der Überarbeitung seiner Biotechnologie-Strategie auch auf die Bioökonomie.

Die wachsende Wirtschaft und steigende Bevölkerungszahlen führen unter anderem zu einem steten Anstieg des Energiebedarfs, der zunehmend auch aus Biokraftstoffen gedeckt werden soll. Innerhalb der nächsten 25 Jahre wird davon ausgegangen, dass sich der Energiebedarf des Landes verfünffacht. Global ist Indien der größte Produzent von Jute und zweitgrößter Produzent von Reis, Weizen und Zuckerrohr. Dementsprechend groß sind die Produktionsrückstände, die verwertet werden können. Trotz politischer Unterstützung gelingt es der indischen Regierung bisher jedoch nicht, ihre selbst definierten Ziele zu erreichen. Ein Grund dafür ist, dass ein Großteil der Biomasse in ländlichen, wenig erschlossenen Gebieten bei einer Vielzahl an Kleinbauern anfällt.

Politische und rechtliche Grundlagen

Von politischer Seite aus wird in Indien vor allem auf die Biotechnologie als Treiber von Innovationen gesetzt. So plant die Regierung, den Biotechnologie-Sektor bis 2025 zu einer 100 Milliarden US Dollar Industrie mit Fokus auf dem Gesundheitswesen, Ernährung, saubere Energie und Bildung auszubauen. So steht es in der neuen National Biotechnology Development Strategy 2015-2020, welche Ende 2015 auf die alte nationale Biotechnology Development Strategy (2007-2014) folgte. Die neue Strategie resümiert, dass die meisten der Initiativen der alten Strategie umgesetzt wurden. So wurde beispielsweise der dem öffentlichen Sektor angehörende Biotechnology Industry Research Assistance Council (BIRAC) gegründet, um Public Private Partnerships (PPP) zu fördern.

 Bioökonomie wird in der ersten Biotechnologiestrategie als Transfer von Wissen aus dem Bereich der Biowissenschaften in sozial relevante, umwelt- und wettbewerbsfreundliche Produkte gesehen. In der Folgestrategie wird Bioökonomie nicht explizit definiert, aber durch die Schwerpunktsetzung in einen ähnlichen Kontext gestellt. Die wachsende Bedeutung der Bioökonomie soll durch einen Ausbau der Forschungskapazitäten in verschiedenen Feldern gestärkt werden. Weitere Exzellenzforschungszentren sollen in Themengebieten wie beispielsweise transgener Forschung, der Nutzung mariner Ressourcen und Bioengineering gegründet werden. Im Energiesektor wird angestrebt, bis 2025 insgesamt 20 % durch Biodiesel abzudecken. Damit kein Konflikt zwischen der Nahrungs- und Treibstoffproduktion entsteht, wird die Lignocelluluse-Ethanol-Produktion aus landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Abfallprodukten sowie Biokraftstoffen aus Algen gefördert. Umgesetzt wird die Strategie durch Programme wie dem Biotechnology Industry Partnership Program (BIPP).

Von Regierungsseite sind vor allem zwei Ministerien für bioökonomische Themen verantwortlich: das Ministerium für Wissenschaft und Technologie und das Ministerium für Umwelt und Wälder.

  • Dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie ist das Department of Biotechnology (DBT) unterstellt. Das DBT entwickelte die nationalen Strategien zur Biotechnologie und war auch für die Gründung des BIRAC verantwortlich. Weiterhin betreut es das Recombinant DNA Advisory Committee (RDAC), das Regulatory Committee on Genetic Manipulation (RCGM) und das Institutional Biosafety Committee (IBSC). Auch das Department of Scientific and Industrial Research (DSIR) und das Department of Science and Technology (DST) sind dem Ministerium unterstellt. Diese drei Abteilungen übernehmen einen Großteil der Arbeit des Ministeriums.
  • Dem Ministerium für Umwelt und Wälder ist das Department of Environment, Forests and Wildlife unterstellt, welches wiederum das Genetic Engineering Approval Committee (GEAC) verwaltet.

Bioenergie im Fokus

Der Energiebedarf Indiens steigt rasant: Vorhersagen zufolge kommt ein Viertel des steigenden weltweiten Energiebedarfs aus Indien. Ein Großteil davon aus den wachsenden Städten. Bisher nutzt das Land vor allem Kohle, Gas, feste Biomasse (vornehmlich Brennholz und Holzkohle), Öl und nukleare Energie, um seinen Energiebedarf zu decken. Bis 2030 steht das Ziel, den Anteil nicht-fossiler Brennstoffe auf mindestens 40 % im Stromsektor zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, die Energiesicherheit zu erhöhen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu verringern, nehmen Wind- und Solarkraft sowie Biokraftstoffe eine immer wichtigere Rolle ein.

 Global ist Indien der größte Produzent von Jute und zweitgrößter Produzent von Reis, Weizen, Zuckerrohr, Baumwolle und Erdnussöl. Dementsprechend groß sind die Produktionsrückstände, die weiterverwertet werden können. Schätzungen zufolge würden die jährlichen Überschüsse aus der Landwirtschaft ausreichen, 17 % des Primärenergieverbrauchs des Landes zu decken. Hinderlich für die stärkere Nutzung der Rückstände ist die Weite des Landes, die eine zentrale Planung schwierig macht, unterschiedliche landwirtschaftliche Methoden und agroklimatische Bedingungen, die zeitlich und räumlich sehr verschieden sind. Erschwerend kommt hinzu, dass auf lokaler Ebene bisher noch keine Daten über die Menge der Biomasse erhoben werden.

 2009 verabschiedete die indische Regierung eine Politikstrategie zu Biokraftstoffen, die vorsieht bis 2017 eine Biokraftstoffbeimischung (Bioethanol und Biodiesel) von 20% im Transportsektor zu erreichen. Bis 2008 sollte der Ethanolanteil bei 5 % liegen und dieser Anteil – sobald die Produktion dies erlaubt – auf 10 % gehoben werden. 2015 wurde das Ziel den Ethanolanteil auf 5 % zu heben jedoch noch nicht erreicht. Anfang 2016 kündigte die indische Regierung an, die bisherige Ethanol-Strategie anzupassen und auch andere Rohstoffe, wie landwirtschaftliche Abfälle, mit einzubeziehen. Die indische Regierung ist bereit, mithilfe eines National Biofuel Fund finanzielle Anreize für die Weiterentwicklung von Technologien und Umwandlungsprozessen in diesem Bereich zur Verfügung zu stellen.

Indien hat in seiner National Biodiesel Mission (NBM) die Jatropha-Pflanze als großen Hoffnungsträger identifiziert. Sowohl die Zentralregierung als auch einige Regierungen der Bundesstaaten fördern die Anpflanzung der Jatropha-Pflanze. Das Ziel die Bepflanzungsfläche bis Ende 2012 auf 11,2 bis 13,4 Millionen Hektar zu erhöhen, wurde jedoch weit verfehlt. Die geschätzte bepflanzte Fläche lag 2015 gerade einmal bei 0,5 Millionen Hektar. Da auch der Samenertrag signifikant geringer ausfiel, als erwartet, konnten die Erwartungen, die an die Pflanze als Lieferant für Biodiesel gestellt wurden, bisher nicht erfüllt werden.

Steuerliche Anreizsysteme

Steuerpflichtige Forschungseinrichtungen (Firmen) können in Indien steuerliche Vergünstigungen erhalten, wenn sie in Forschung und Entwicklung investieren. Seit 2013 können bestimmte Unternehmen, unter anderem solche, die in der Biotechnologiebranche aktiv sind, besondere Steuererleichterungen erhalten (sogenannte „super deductions“). Die Steuererleichterungen können für hausinterne Forschungs- und Entwicklungsausgaben oder Investitionen (außer für Grundstücke und Gebäude) in Anspruch genommen werden.

Gentechnik

Der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle (Bt-Baumwolle) ist in Indien seit 2002 erlaubt. Von 2012 bis 2014 hat sich die Produktion verdreifacht. 2014 wurde auf 11,6 Millionen Hektar Bt-Baumwolle angebaut, was insgesamt etwa 46 % der globalen Produktion entspricht. Erst 2014 wurden 70 weitere Bt-Baumwollmischgewebe vom Genetic Engineering Appraisal Committee (GEAC) des Ministeriums für Umwelt und Wälder freigegeben. Darüber hinaus gibt es bisher keinen weiteren Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen.

Proteste von Landwirten und Gegnern der Gentechnik führten 2010 zum Verbot einer transgenen Aubergine und begründen, dass lange Zeit keine weiteren Feldversuche unternommen wurden. Unter der Regierung von Narendra Modi (seit 2014) hat sich Indiens Haltung gegenüber der Gentechnik verändert. Mittlerweile haben acht indische Staaten Feldversuche von gentechnisch verändertem Reis, Mais, Senf, Auberginen und Kichererbsen zugelassen. Obwohl das GEAC insgesamt über 80 Feldversuchen zugestimmt hat, weigern sich noch mehr als 20 der Bundesstaaten des Landes die Versuche auf ihrem Gebiet durchführen zu lassen. Indien steht vor der Herausforderung, dass es eine wachsende Bevölkerung ernähren muss und gleichzeitig über 100 Millionen Landwirte beherbergt, die fürchten, dass ihre Lebensgrundlage zunehmend von teuren, sich rasch verändernden Samentechnologien der großen Unternehmen abhängt.

Umweltschutz

Indien hat vor allem mit Blick auf Plastikmüll große Umweltprobleme, das das Land zu den größten Plastikverbrauchern der Welt gehört. Deshalb wurden schon vor Jahren vergleichsweise strenge Richtlinien aufgestellt, die die Nutzung von Plastiktüten einschränken. 2016 ist nochmals eine schärfere Gesetzgebung verabschiedet worden.

Unternehmenslandschaft

Der Dienstleistungssektor trägt mit rund 57 % am meisten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, der Primärsektor, also Bergbau, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ungefähr 18 %. Obwohl die Agrarwirtschaft dementsprechend nicht den wirtschaftlich wichtigsten Sektor darstellt, bezieht mehr als die Hälfte der Bevölkerung ihr Einkommen aus diesem Bereich. Die größten Exportprodukte des Sektors sind Baumwolle, Sojabohnen, raffinierter Zucker, Cashewnüsse und Tee. Gleichzeitig ist das Land nach China mit 9,07 Millionen Tonnen der zweitgrößte Fischproduzent weltweit. Die Forstindustrie leistet mit circa 1,7 % nur einen geringen Beitrag zum indischen BIP. 

Life Sciences als wichtiger Treiber

Indien ist nach China der zweitgrößte Life-Sciences-Markt in Asien. Das Marktvolumen ist von 1,1 Milliarde US Dollar 2005 auf 4,3 Milliarden US Dollar 2013 angewachsen. Im 12. Fünf-Jahresplan (2012-2017) sind Ausgaben in Höhe von 3,7 Milliarden US Dollar für biotechnologische Themen vorgesehen, im 11. Fünf-Jahresplan waren es noch 1,1 Milliarden US Dollar. Von Unternehmensseite generiert das dänische Unternehmen Novozymes etwa die Hälfte der Einnahmen im indischen Biotechnologiesektor. Die größten Biotechnologieunternehmen des Landes, wie das Serum Institute of India, Biocon Limited oder Panacea Biotech, sind im Pharmabereich angesiedelt. Weitere wichtige Akteure im Biotechnologiebereich sind Advanced Enzymes, Biotech Richcore, Zytex und Sea6 Energy.

Die Bundesstaaten Andhra Pradesh, Telangana, Maharashtra, Tamil Nadu und Kerala sind Vorreiter und beherbergen Biotechnologie-Cluster. Etwa 50% der Einnahmen aus dem Biotechnologiesektor kommen aus Bengaluru in Karnataka. Hyderabad ist Hauptstadt der Pharmabranche in Indien. Insgesamt existieren etwas mehr als 30 Biotechnologie-Parks; im 12. Fünf-Jahresplan ist die Gründung von 3-5 weiteren Biotechnologie-Clustern vorgesehen.

Über 70 Unternehmen setzen sich in Indien mit Bioenergie auseinander. Das Aktivitätsspektrum reicht dabei von der Herstellung von Biodiesel, Biogas, Bioethanol über die Herstellung von Enzymen für Zellulose-Ethanol bis hin zu Aufzuchtstationen für Jatrophasetzlinge:

  • Sea6 Energy wurde von Studenten des Indian Institute of Technology Madreas gegründet, existiert seit 2010 und ist in Bangalore angesiedelt. Das Unternehmen forscht zur Verwendung von Makroalgen als Energiequelle und plant Ethanol aus Seetang herzustellen. Die Firma kooperiert u. a. mit Novozymes aus Dänemark.
  • Praj Industries betreibt eine Zellulose-Ethanol Pilotanlage mit Ernteabfällen wie Zuckerrohr-Bagasse und Maisstroh aus der Landwirtschaft. Das Unternehmen hat Produktionsanlagen in Pune und Kandla und plant weitere Investitionen im Pharma- und Biotechnologiebereich sowie bei der Entwicklung von Bioprodukten. Die Technologieentwicklung auch in Richtung Biobutanol-Herstellung wird im hauseigenen Innovationszentrum Praj Matrix vorangetrieben.
  • Das indische Unternehmen Reliance Industries hat gemeinsam mit dem amerikanischen Algenol, ein Biotechnologie-Unternehmen und Algen-Spezialist, eine Algenproduktionsanlage in Indien in Betrieb genommen. Ziel der Anlage ist es, mithilfe von Algen, Sonnenlicht, CO2 und Salzwasser unter anderem Ethanol herzustellen. Reliance Industries hat insgesamt 116 Millionen US Dollar investiert, davon jedoch auch einen Teil in die strategische Partnerschaft mit Algenol.
  • Godavari Biorefineries, Ltd, fokussiert auf den Aufbau integrierter Bioraffinerien. Ursprünglich eine Zuckermühle, gehört die Firma zu Indiens Top-Ten Zuckerproduzenten. Darüber hinaus wird die Chemieindustrie mit biobasierten Chemikaliengrundstoffen beliefert.

Entwicklungen im Baumwollsektor

Indien ist einer der größten Produzenten von Bt-Baumwolle. Mahyco Monsato Biotech (India) Privat Limited (MMB), ein Joint Venture zwischen dem indischen Unternehmen Mahyco und Monsanto Holdings Pvt. Ltd, kontrolliert 85-90 %  der Saatgutzufuhr. Seit der Einführung der Bt-Baumwolle beklagen indische Landwirte einen starken Preisanstieg. Um die Landwirte zukünftig davor zu schützen, dass der Konzern seine dominante Marktposition in Form hoher Samenpreise ausnutzt, ist Anfang 2016 ein Regierungskomitee zur Festlegung eines Höchstpreises für die Bt-Baumwollsamen zusammengekommen. Anfang 2016 kündigte das Central Institute of Cotton Research an, günstigere Bt-Baumwollarten zu entwickeln, die zu einem Bruchteil des Preises den Landwirten angeboten werden können. Diese werden frühestens 2017 auf den indischen Markt kommen.

Zusammenarbeit mit Deutschland

Deutschland ist der größte Handelspartner Indiens in der Europäischen Union. Neben den üblichen Marktgrößen wie Bosch, Daimler und Co gibt es auch Tochtergesellschaften von Biotechnologie-Unternehmen wie der MWG Biotech AG in Indien, Bangalore. Im Oktober 2015 fand eine deutsch-indische Regierungskonsultation in Neu Delhi statt, bei der über den Abbau von Hindernissen bei Firmengründungen gesprochen wurde. Bei dem Besuch wurden 18 Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet.

Die Samen der Jatropha-Pflanze (Jatropha curcas) galten lange als neuer vielversprechender Rohstoff für die Herstellung von Biokraftstoffen. Sie haben einen hohen Ölanteil, der extrahiert als Brennstoff (Biodiesel) verwendet werden kann. Die Pflanze gedeiht auch auf ertragsschwachen Böden und ist ungenießbar, was den Vorteil hat, dass sie nicht auf landwirtschaftlich nutzbaren Flächen angebaut werden kann und kein potenzielles Nahrungsmittel darstellt. Es würde also im Hinblick auf die „Tank oder Teller“ Diskussion keine Nutzungskonkurrenz bestehen, vorrausgesetzt dass auf Brachflächen angebaut wird.

Seit vielen Jahren erforscht die JatroSolutions, eine Tochter des Karlsruher Stromversorgers EnBW und der Universität Hohenheim, diese Pflanze. Die Schwaben arbeiten daran, Jatropha in Plantagen anzubauen. Bislang waren die Erträge der Wildpflanzen jedoch zu gering, um diese wirtschaftlich lohnend nutzen zu können. Die Experten bei der JatroSolutions aus Stuttgart-Hohenheim arbeiten bereits seit 2007 daran, die Jatropha-Pflanze wirtschaftlich lohnend sowie ökologisch und sozial verträglich anbauen zu können. Während die Hauptarbeiten in Madagaskar stattfinden, gibt es auch in Indien eine kleinere Zuchtstation. Hier werden die selektierten potenten Genotypen in mehrjährigen Versuchen auf ihre Leistungsfähigkeit untersucht und weiter züchterisch bearbeitet.

Industrieverbände

Viele Firmen sind branchenweise organisiert. In Indien gilt dies u.a. für bioökonomierelevante Firmen wie Teeproduzenten, für Aquakulturfirmen sowie für Biodieselhersteller. Die Association of Biotechnology Led Enterprises (ABLE) ist eine nicht profitorientierte Vereinigung indischer Biotechnologie-Unternehmen. ABLE hat über 400 Mitglieder, die aus dem Agribiotechsektor, der Biopharmaindustrie, der industriellen Biotechnologie, der Bioinformatik, von Risikokapitalfirmen und Forschungsinstituten kommen. Die Vereinigung will durch eine enge Zusammenarbeit auch mit der Regierung ein positives Klima für den Sektor schaffen, Unternehmertum fördern und Investitionen in den Sektor unterstützen.

 

Forschungslandschaft

Forschung und Entwicklung findet in Indien überwiegend in staatlichen Einrichtungen statt. Insgesamt gibt es rund 400 Institute der Zentralregierung, 170 Forschungseinrichtungen der Bundesstaaten, 240 Universitäten sowie 30 „Centers of Excellence“. Die fortschrittlichsten und erfolgreichsten Forschungseinrichtungen sind die „Centers of Excellence“, die von einer besseren Finanzierung und Ausstattung profitieren. Während diese mit den Einrichtungen der Industriestaaten mithalten können, schneiden die Hochschulen eher schlecht ab. Hier liegt der Fokus auf der Lehre und weniger auf der Forschung. Nur etwa 3 % der Forschungsleistung Indiens verantworten die Universitäten.

Die Forschungslandschaft Indiens ist historisch gewachsen und dementsprechend sehr heterogen. Versuche die Forschungsstrukturen zu vereinfachen waren bisher nicht erfolgreich. Indien ist insbesondere bei den Computerwissenschaften, Chemie, Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazeutik gut aufgestellt, aber auch in der Pflanzenzüchtung und der Landwirtschaft.
In Dehli sitzt unter anderem das National Center for Plant Genome Research.

Förderorganisationen

Das Department of Science and Technology (DST) formuliert die Forschungspolitik des Landes und koordiniert die Forschung auch hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit mit Staaten und internationalen Organisationen. Die größte staatliche Forschungseinrichtung, der Council of Scientific and Industrial Research (CSIR) wird vom Department of Scientific and Industrial Research geleitet. Weiterhin gibt es noch verschiedene Räte, die den Ministerien unterstehen und Forschung finanzieren, unter anderem einen Council of Agricultural Research und einen für Forestry Research and Education.

Die Förderung der Biotechnologie ist traditionell stark ausgeprägt und hat viele Bezüge zur Bioökonomie. Sie wird koordiniert vom Department of Biotechnology (DBT). Um die indische Biotech-Industrie zu fördern, gründete DBT den Biotechnology Industry Research Assistance Council (BIRAC) auch mit dem ausdrücklichen Ziel, Verbindungen zwischen Akademie und Industrie zu schaffen und zu unterstützen. Zu den Schwerpunkten zählt auch die Erforschung und Entwicklung transgener Pflanzen mit Schwerpunkt auf Schädlings- und Krankheitsresistenz sowie Sicherung der Nahrungsqualität, Lebensmittelbiotechnologie, Erhaltung der Artenvielfalt und der Aufbau von Fermentationsanlagen für mikrobiologische Biokonversionsprozesse.

Kooperation mit Deutschland

Ein Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesforschungsministerin Annette Schavan und einer Delegation der Wirtschafts- und Wissenschaftsprominenz Deutschlands Ende Oktober 2007 brachte eine erhebliche Intensivierung der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Daneben wurde ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Einrichtung des Deutsch-Indischen Wissenschafts- und Technologiezentrums (Indo-German Science and Technology Centre, IGSTC) in New Delhi unterzeichnet. Ziel ist hierbei vor allem die Förderung der industrienahen bilateralen Forschung. Es erhält vom BMBF und dem indischen Forschungsministerium jährlich bis zu zwei Millionen Euro und ist das weltweit einzige bilaterale Zentrum Deutschlands dieser Art. Imhaltlich geht es vor allem um wissenschaftliche Fragen der Bioökonomie (v.a. Pflanzen- und Ernährungsforschung).  

Universitäten

Einen Abschluss in Biotechnologie kann man in verschiedenen Institutionen in Indien erwerben: unter anderem in den Indian Institutes of Technology, NIT Warangal und NSIT Delhi. Bioindustrieverbände, wie die Biotechnology Industry Organization und die Association of Biotechnology Led Entreprises kritisieren, dass die indischen Universitäten unzureichend mit den Technologieparks vernetzt sind und dies den Technologietransfer von den Universitäten in die Industrie erschwert. Mehr innovative Start-ups könnten laut der Experten entstehen, wenn die geographische Nähe gegeben wäre.

Industrieforschung

Die Industrieforschung ist mit 25 % der Forschungs- und Entwicklungsausgaben ausbaufähig und konzentriert sich auf den pharmazeutischen Bereich und den IT-Sektor.

Durch fiskalische Anreize, Public Private Partnerships (PPP) und die Einrichtung von Technologieparks probiert die indische Regierung die Industrieforschung anzuschieben. Interessante Förderinstrumente in diesem Bereich sind die Small Business Innovation Research Initiative (SIBRI) und das Biotechnology Industry Partnership Programme (BIPP). SIBRI ist eine PPP-Initiative, die der Innovationsförderung dient und 2005 vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen ins Leben gerufen wurde. Ein besonderer Fokus der Initiative ist die frühe Unterstützung von Projektideen, die Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen im Gesundheitsbereich oder Landwirtschaftsbereich erforschen. Das BIPP ist seit 2008 ein Regierungsprogramm, das industrielle Forschung besonders vielversprechender, zukunftsweisender, aber auch risikobehafteter Technologien und Innovationen, denen großes ökonomisches Potenzial zugeschrieben wird, unterstützt.

Finanzierung und Ausblick

Um mehr qualifizierte Arbeitskräfte für die Arbeit in der Forschung zu gewinnen legte die indische Regierung in ihrem 5-Jahresplan bis 2011 das Ziel fest, Gelder für die Forschung von etwa 0,89 % auf 2 % des BIP zu erhöhen, wobei ein größerer Teil von der Industrie getragen werden sollte. Beide Ziele wurden noch nicht erreicht. Die Forschungsausgaben in Relation zum BIP veränderten sich nicht und nach wie vor werden fast 70 % der Ausgaben vom Staat finanziert. Davon fließen über 90 % an öffentliche Forschungseinrichtungen und weniger als 0,5 an private und non-profit Organisationen. Ein beachtlicher Teil der Forschungsausgaben wird in die Nutzung der Atomenergie sowie Weltraum- und Verteidigungsforschung investiert und nicht Bereiche wie den Agrarsektor, was der indischen Bevölkerung zugute kommen würde. Aktuelle Zahlen zu den Ausgaben für Forschung und Entwicklung waren auf Seiten der Weltbank nicht zu finden, das Ziel, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 2 % zu erhöhen besteht aber weiterhin.

Der Anteil von Forschern in der Bevölkerung liegt mit 160 je Million Einwohnern weit hinter Vorreitern wie Japan mit 5100  Forschern je Million Einwohner. Einer der größten Herausforderungen für den Forschungssektor ist der Mangel an geeigneten Wissenschaftlern für den Lehr- und Forschungsbereich der Universität, da die Industrie attraktivere