„Unsere robuste Hefe kann eine breite Palette an Abfallströmen verarbeiten“
Luisa GronenbergBeruf:
promovierte Chemikerin
Position:
Vice President Technology Integration & Strain Development bei der Insempra GmbH in Martinsried
Beruf:
promovierte Chemikerin
Position:
Vice President Technology Integration & Strain Development bei der Insempra GmbH in Martinsried
Mit ihrem Team vom Münchner Start-up Insempra entwickelt Luisa Gronenberg einen innovativen Bioprozess, um Polyester und Polyamide aus Rest- und Abfallstoffen zu erzeugen. Eine Millionenförderung der SPRIND hilft dem Team dabei.
Das Münchner Biotech-Start-up Insempra GmbH gehört zu den acht Gewinnerteams der SPRIND Challenge "Circular Biomanufacturing“. CEO und Gründer von Insempra ist Jens Klein, der wie sein Kollege Lin Römer einst beim Biotechunternehmen AMSilk eine führende Rolle spielte. Von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND erhält das Unternehmen eine millionenschwere Förderung (davon 1,5 Mio. Euro im ersten Jahr) für das Projekt BioTreasure. Ein Team um Projektleiterin Luisa Gronenberg wird in den kommenden drei Jahren ein innovatives Verfahren zur mikrobiellen Herstellung von Materialien wie Polyester und Polyamide sowie Proteinfasern aus Rest- und Abfallströmen entwickeln.
Welches Ziel verfolgt Ihr Projekt?
Insempra hat als generelles Ziel, Produkte aus erneuerbaren Rohstoffen herzustellen, um erdölbasierte oder extraktive Herstellungsverfahren durch nachhaltige Produktionsprozesse zu ersetzen. Das neue Projekt BioTreasure wird von der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) gefördert, weil wir hier noch einen Schritt weitergehen. Wir benutzen nicht nur nachwachsende Rohstoffe, sondern fokussieren uns voll auf Abfallströme als Ausgangsmaterial. Unser Ziel ist die Umwandlung bestehender Abfallstoffe in Materialien wie Polyester, Polyamide und Proteine, die für Textilien und Kunststoffe benutzt werden können. Diese Umwandlung erfolgt, indem wir die Abfallstoffe an Mikroorganismen verfüttern, die so optimiert wurden, dass sie die gewünschten Produkte biochemisch produzieren.
Welche Abfall- und Reststoffe dienen als Rohstoff und warum?
In Projekt BioTreasure entwickeln wir gemeinsam mit unseren Partnern einen flexiblen Prozess, der ganz unterschiedliche Abfallstoffe als Ausgangsmaterial nutzen kann. Wir fokussieren uns hierbei hauptsächlich auf Pflanzenabfallströme etwa aus der Land- und Forstwirtschaft, auf gebrauchtes Speise- oder Kochöl, zum Beispiel von Gastronomiebetrieben, und den Kunststoff PET als Rohstoff. Wir entwickeln diesen Prozess, da es uns wichtig ist, durch die Nutzung von Abfallströmen und erneuerbaren Rohstoffen zur Schonung natürlicher Ressourcen beizutragen. Wir verfolgen hierbei aber auch wirtschaftliche Ziele: Die Nutzung von Abfallströmen kann langfristig zur Kosteneinsparung führen. Durch die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die Nutzung von kostengünstigen oder sogar kostenlos verfügbaren Abfallströmen können wir unsere Produktionskosten senken. Die finalen Produkte fließen in zahlreiche Konsumgüter ein und die Hersteller führender Marken für Konsumgüter sind unsere Kunden. Durch unsere innovative Technologie zur Nutzung erneuerbarer Rohstoffe, bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu positionieren und einen wichtigen Schritt bei der Transformation zu nachhaltigeren Produkten zu machen.
Was ist das Innovative an Ihrer Technologie und inwiefern ist das für den Transformationsprozess zur Bioökonomie relevant?
Zum einen haben wir als Wirtsstamm eine sehr robuste Hefe gewählt, die eine breite Palette an Abfallstoffen verarbeiten kann und die nicht leicht durch andere Mikroorganismen kontaminiert wird. Im Vergleich zur bekannten Bäckerhefe ist diese Hefe allerdings bisher noch nicht etabliert und wir entwickeln hier neue innovative Methoden, um diese besondere Hefe so zu verändern, dass sie effizient die gewünschten Produkte herstellt. Die Verwendung solch robuster Nicht-Modell-Mikroorganismen als Produktionswirt für Fermentationsprozesse ermöglicht eine effiziente Produktion, da Abfallströme verwendet werden können und damit nicht-sterile sowie kontinuierliche Fermentationsprozesse möglich sind. Zweitens innovieren wir im Gebiet des Reaktordesigns, indem wir einen kontinuierlichen Reaktor bauen, in welchem eine Produktion monatelang laufen kann.
Wie weit ist die Entwicklung des Verfahrens vorangeschritten?
Bei der Insempra ist die biotechnologische Produktion von natürlichen Inhaltsstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen bereits Realität – mit Produkten, die auf dem Markt erhältlich sind. Allerdings befindet sich die Nutzung von Abfallströmen, insbesondere die Verarbeitung von Plastikströmen, noch in der Entwicklungsphase. Die Herstellung kostengünstiger Produkte wie Polyester und Polyamid steckt ebenfalls noch in der Entwicklungsphase, unter anderem weil hier sehr hohe Ausbeuten erzielt werden müssen, um preislich mit Erdöl zu konkurrieren.
Welche Möglichkeiten bietet Ihnen die SPRIND-Förderung und was wollen Sie im Rahmen der Challenge erreichen?
Das geplante Projekt hat ein enormes Potenzial – es birgt aber auch Risiken. Für derartige Projekte ist es daher schwierig, die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Das einzigartige Konzept von SPRIND ermöglicht es uns jedoch, diese Entwicklung voranzutreiben und möglichst viele nachhaltige Produkte erfolgreich auf den Markt zu bringen, um damit einen wichtigen Beitrag für die Transformation zu leisten.
Interview: Beatrix Boldt