„Aerogele helfen bei der Dekarbonisierung“
Marc FrickeBeruf:
promovierter Chemiker
Position:
Geschäftsführer & Geschäftsentwicklung / Marketing & Vertrieb des Osnabrücker Start-ups aerogel-it GmbH
Beruf:
promovierter Chemiker
Position:
Geschäftsführer & Geschäftsentwicklung / Marketing & Vertrieb des Osnabrücker Start-ups aerogel-it GmbH
Das Osnabrücker Start-up aerogel-it entwickelt Aerogele aus Non-Food-Biomasse sowie Nebenströmen der Land-, Forst- sowie Meereswirtschaft, die unter anderem zur Wärmedämmung genutzt werden können.
Eine gute Dämmung ist entscheidend, um Energie in Gebäuden zu sparen. Doch herkömmliche Dämmmaterialien bestehen häufig aus fossilen Rohstoffen und sind schwer zu recyceln. Das Osnabrücker Start-up aerogel-it setzt hier auf biobasierte Rohstoffe. Das Team um Geschäftsführer Marc Fricke hat einen Hochleistungsdämmstoff auf Basis nachwachsender Rohstoffe entwickelt. Dieser besteht aus Aerogelen, die aus dem Pflanzenrohstoff Lignin hergestellt werden und den Energieverbrauch und damit die Kosten erheblich reduzieren.
Was sind Aerogele und wie werden sie hergestellt?
Aerogele sind hochporöse Materialien, deren offene Porenstruktur 1.000-mal kleiner als in Schäumen ist, also im Bereich von 100 nm. Die feinen Poren in Kombination mit hoher Porosität und geringer Dichte sorgen für eine bessere Wärmedämmung als Luft. Die Herstellung erfolgt über eine gezielte Gelierung der eingesetzten Rohstoffe zu einem stabilen Gel etwa in Form von Kügelchen, die anschließend schonend getrocknet werden, um das gewünschte Produkt ohne Kollaps der Struktur zu erhalten.
Welche Nebenströme aus Land-, Forst- sowie Meereswirtschaft dienen Ihnen konkret als Rohstoff bei der Herstellung der Aerogele?
Wir haben den Herstellungsprozess inzwischen so weit optimiert, dass wir im Prinzip aus jedem Rohstoff Aerogele herstellen können. Aktuell kommen Zellulose und Lignin aus der Zellstoffproduktion, Alginat aus der Meereswirtschaft sowie Reststoffe aus der Landwirtschaft zum Einsatz.
Welches Potenzial steckt in dem Material für eine nachhaltige Bioökonomie?
Unsere Aerogele helfen Kunden bei der Dekarbonisierung ihrer Produkte durch kohlenstoffarme Rohstoffe bei gleichzeitig deutlich verbesserter Energieeffizienz in der Anwendung. Dadurch werden nicht nur CO₂-Emissionen reduziert. Durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe werden Entsorgungsprobleme vermieden und gleichzeitig wird ein signifikanter Beitrag zur bioökonomischen Kreislaufwirtschaft geleistet.
Welche Aerogel-Materialien bieten Sie an und in welchen Bereichen kommen sie bereits zum Einsatz?
Wir bieten maßgeschneiderte Aerogel-Produkte an und entwickeln diese fortlaufend weiter. In einer Vielzahl von Kundenprojekten werden etwa unsere rein biobasierten Cellulose-Aerogele als besonders nachhaltige Wärmedämmstoffe in Kühlanwendungen getestet. Im Bauwesen haben wir ein sogenanntes Biomineral-Aerogel im Test, welches aus silikatischem Mineral und einem Biopolymer besteht.
Sie haben einen Hochleistungsdämmstoff entwickelt. Welche Vorteile bietet er im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen?
Unser vorrangiges Ziel dabei ist es, diese neuen Supermaterialien mit einer eigens entwickelten Prozesstechnologie CO₂-arm und kostengünstig herzustellen. Die Vorteile liegen in der besseren Dämmleistung, aber auch im Raumgewinn bei gleichzeitig geringem CO₂-Fußabdruck, was insbesondere in der Gebäudesanierung hilft.
Was sind die nächsten Aufgaben? Welche neuen Anwendungsfelder strebt Ihr Unternehmen an?
Wir arbeiten mit Hochdruck an der Skalierung unserer Technologie, damit wir kostengünstige und CO₂-arme Supermaterialien im großen Stil herstellen und vermarkten können. Parallel entwickeln wir gemeinsam mit unseren Partnern neue Anwendungsmöglichkeiten, wie die gezielte Aufnahme und Freisetzung von Duftstoffen. Ein weiteres spannendes Anwendungsfeld ist die Raumfahrt. Auch dort werden maßgeschneiderte Aerogele benötigt.
Interview: Beatrix Boldt