Dämmstoff-Platten aus Lignin

Dämmstoff-Platten aus Lignin

Forschenden aus Hamburg und Leuna ist es gelungen, ligninbasierte Aerogele herzustellen und diese unter anderem zu Dämmstoffplatten weiterzuverarbeiten.

Mittels verbesserter Organosolv- und Aquasolv-Verfahren konnten Hamburger und Leunaer Forscher Lignin aus Pflanzenzellen isolieren und so Lignin-basierte hoch-isolierende Dämmstoffplatten herstellen.
Je größer und vor allem je höher eine Pflanze wächst, um so stabiler muss sie sein. Für diese Stabilität sorgt bei verholzten Pflanzen wie Sträuchern oder Bäumen insbesondere das Lignin. Dieses ist neben Zellulose und Hemizellulose einer der drei Hauptbestandteile verholzter Pflanzenteile. Eingelagert in die pflanzliche Zellwand, verleiht der komplex aufgebaute organische Stoff dem Holz seine Druck- und Bruchfestigkeit. Damit bietet Lignin eine hervorragende Möglichkeit, biobasiert und dennoch stabil zu bauen. Bisher ist Lignin allerdings nur als mit Schwefel verunreinigtes Nebenprodukt bei der Papier- und Zellstoffherstellung verfügbar.

Ligninhaltige Aerogele als Isoliermaterial

Doch das könnte sich bald ändern: Die Organosolv- und Aquasolv-Verfahren, beides Verfahren zur Herstellung hochreinen Lignins, haben im Juli eine weitere große Hürde genommen. Forschende der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) konnten zeigen, dass sich der über die neuen Wege gewonnene Ausgangsstoff zur Herstellung biobasierter Produkte eignet. Die Wissenschaftler haben ligninhaltige Aerogele hergestellt und zu hochporösen Dämmstoffplatten mit hervorragenden Isoliereigenschaften verarbeitet. Die Dämmplatten überzeugen durch eine deutlich bessere Wärmeleitfähigkeit als Polystyrol oder Steinwolle.

Leunaer Chemiker isolieren Lignin

Entwickelt wurde das Organosolv-Verfahren am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna. Dabei wird Lignozellulose aus Buchenholzresten nur mit Wasser und Alkohol in seine Grundbestandteile fraktioniert. Es entsteht unter anderem hochreines Lignin, das auch chemischen Industriezweigen als wertvoller Grundstoff dienen kann. Am Fraunhofer CBP wurde das Verfahren bereits vor vier Jahren erfolgreich in den Pilotmaßstab übertragen. „Wir fraktionieren das Holz in seine Hauptbestandteile Lignin, Hemicellulose und Cellulose, indem wir es mit Wasser und Alkohol bei hoher Temperatur und hohem Druck kochen, quasi wie in einem Dampfkochtopf”, sagt Moritz Leschinsky, Gruppenleiter am Fraunhofer CBP. Das Lignin und die Hemicellulosen lösen sich in der Flüssigkeit, während die faserige Cellulose fest bleibt. In einem weiteren Schritt gewinnen die Wissenschaftler das Lignin aus der Flüssigkeit, indem sie es fällen und abtrennen. Nach Entfernung des Alkohols verbleiben die Hemicellulosen-Zucker. Der feste, faserige Cellullose-Rückstand wird bei Bedarf mit Enzymen versetzt und verzuckert, also in einzelne Glucose-Moleküle gespalten.

Die Entwicklung des Organosolv-Verfahren am Fraunhofer CBP wurde im Rahmen des Vorhaben „Stoffliche Nutzung von Lignin: Nanoporöse Materialien" vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) gefördert.

Hamburger Start-ups bringen Aerogele auf den Markt

Der andere Bioraffinerieprozess – das auf Stroh als Ausgangsmaterial basierende Aquasolv-Verfahren – wurde an der Technischen Universität Hamburg-Harburg entwickelt. Zwei Ausgründungen der Hamburger Universität treiben die Markteinführung des Werkstoffs weiter voran: PBioM (Biomass High Pressure) bündelt Kompetenzen im Bereich der Heißwasserhydrolyse und Herstellung von Lignin zur Bemusterung und Weiterverarbeitung. Aerogelex stellt verschiedene Arten organischer Aerogele her – unter anderem Lignin-PU-Aerogelplatten. Alle Beteiligten stellen interessierten Firmen Muster für die Entwicklung neuer Produkte aus diesen Materialien zur Verfügung.  

ml/jmr