Lignin-Schäume für die Autoindustrie
Gemeinsam mit dem Autobauer Volkswagen AG wollen Fraunhofer-Forschende in den kommenden Jahren auf Basis von Lignin Hartschäume für die Herstellung von Pkw-Stoßstangen entwickeln.
Stoßstangen an Autos bestehen häufig aus Isocyanat-Schaumstoffen, um die Verletzungsgefahr für Fußgänger, Radfahrer und Tiere bei einem Aufprall zu verringern. Isocyanate sind jedoch giftige Stoffe, deren Ausgasungen Augen und Schleimhäute reizen können. In dem Verbundprojekt „Ligninschaum“ wollen Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI, gemeinsam mit dem Automobilhersteller Volkswagen AG und weiteren Industriepartnern nun biobasierte Hartschäume für die Herstellung von Pkw-Stoßstangen entwickeln.
Hartschäume aus Ligninsulfonat
Das Team setzt dabei auf den Holzstoff Lignin – ein Biopolymer, das in der Natur weitverbreitet ist und in Pflanzenzellen für Festigkeit sorgt. Konkret geht es darum, ungereinigtes Ligninsulfonat, das bei der Zellstoffherstellung im Sulfitverfahren als Nebenprodukt anfällt, direkt aufzuschäumen. Das Ligninsulfonat wird dabei mit Wasserstoffperoxid aufgeschäumt – einem Rohstoff, der nach Angaben der Forschenden vergleichsweise günstig ist und eine Aufreinigung überflüssig macht. Die Machbarkeit des Verfahrens wurde bereits im Technikumsmaßstab nachgewiesen.
In dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bis 2026 geförderten Projekt will das Team das Verfahren nun optimieren und hochskalieren. Der Stoßfänger soll zu 90 % aus Lignin bestehen und zusätzlich Reststoffe aus der Zellstoffherstellung wie ungelöste Faserbündel als Verstärkungsmaterial enthalten. Am Ende soll das Autoteil auch in seinen technischen Eigenschaften überzeugen. Das heißt, der Holzstoff soll nicht nur das Polypropylen (EPP) im Stoßfänger ersetzen, sondern auch durch geringes Gewicht, hohe Energieabsorption und gutes Rückstellvermögen punkten.
Humine ersetzen PET
Diese Eigenschaften sowie die erforderliche Druckelastizität sollen durch spezielle biobasierte Fettsäuren und Latex erreicht werden. Zudem sollen die Humus-Bestandteile Humine als Additiv den in herkömmlichen Stoßstangen enthaltenen Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) ersetzen. Diesen Rohstoff liefert wiederum ein niederländischer Partner, der Humine im industriellen Maßstab herstellt. Mittels Spritzguss und Schaumextrusion soll der biobasierte Stoßfänger schließlich hergestellt werden.
Neues Geschäftsfeld für Papier- und Zellstoffhersteller
Bei erfolgreicher Umsetzung des Verfahrens könnte der neue Werkstoff nicht nur der Automobilindustrie zugutekommen, sondern auch Papier- und Zellstoffherstellern neue Geschäftsfelder eröffnen, schreiben die Forschenden.
bb