Bakterien auf CO2 als Nahrung umgestellt
Bioingenieure haben Koli-Bakterien so umprogrammiert, dass sie CO2 als Kohlenstoffquelle nutzen können.
Das Bakterium Escherichia coli ist einer der Lieblingsorganismen von Mikrobiologen und Biotechnologen. E. coli lässt sich gut im Labor kultivieren. Es ist dafür bestens erforscht und gut geeignet, um biotechnologische Prozesse umzusetzen. Bislang jedoch nutzt das Bakterium in der Natur wie in der industriellen Anwendung Kohlenhydrate als Quelle für Kohlenstoff. Einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Weizman-Instituts in Israel ist es nun gelungen, die Ernährung von E. coli auf Kohlendioxid aus der Luft umzustellen. An der Studie, die im Fachjournal „Cell“ erschienen ist, waren auch Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam beteiligt.
Neue Gene für neue Stoffwechselprozesse
Unter natürlichen Umständen wäre das nicht möglich, denn als heterotrophes Bakterium ernährt sich E. coli von organischen Kohlenstoffquellen und besitzt nicht die Gene für jene Enzyme, die autotrophen Bakterien die Verwertung von Kohlendioxid ermöglichen. Die Forscher haben daher zunächst jene Gene dem Genom von E. coli hinzugefügt, die für die Stoffwechselprozesse einer Kohlendioxid-basierten Ernährung erforderlich sind. Einzig für den Energiestoffwechsel benötigt das gentechnisch veränderte Bakterium Format, das ein C-Atom erhält. Allerdings kann der Organismus diesen Kohlenstoff nicht für den Aufbau von Biomasse nutzen.
Meisterwerk der gerichteten Labor-Evolution
Um das Bakterium zu zwingen, Kohlendioxid anstelle von Zuckern zum Wachsen zu verwenden, entfernten die Forscher außerdem die Gene für den Biomasseaufbau mittels Kohlenhydraten. Rund 200 Tage dauerte die gerichtete Evolution im Labor, und nach dieser Zeit hatte E. coli tatsächlich gelernt, sich komplett ohne Kohlenhydrate zu ernähren.
Noch mit negativer CO2-Bilanz
Forschungsleiter Ron Milo resümierte erfreut, dass er nicht erwartet habe, dass eine so drastische Veränderung der natürlichen Wachstumsprozesse von E. coli möglich wäre. Noch verursacht das Bakterium mehr CO2 als es verbraucht, weil bei der Energiegewinnung aus Format CO2 als Stoffwechselprodukt anfällt. Die Forscher zeigen sich jedoch optimistisch, diesen Effekt durch weitere Entwicklungsarbeit reduzieren zu können. Wäre der Punkt erreicht, an dem die Bakterien mehr CO2 verbrauchen als sie absondern, könnten Unternehmen, die heute schon Stoffe wie Insulin in E. coli herstellen, künftig dafür als Rohstoff Kohlendioxidemissionen aus der Stahl- oder Betonindustrie verwenden.
bl