Präzisionswaffen gegen Erreger aufgespürt
Forscher der Universität Konstanz haben nach dem Vorbild der Natur selektive Wirkstoffe gegen Erreger von Atemwegsinfekten und Malaria entwickelt.
Antibiotika sind eine wirksame Waffe gegen die Erreger vieler Krankheiten. Doch dieses einst scharfe Schwert wird zunehmend stumpf, da immer mehr Krankheitserreger Resistenzen gegen diese Wirkstoffe entwickeln. Die Medizin benötigt daher dringen Antibiotika mit neuen Wirkmechanismen. Zwei solche Stoffe haben nun Forscher der Universität Konstanz vorgestellt. Die Substanzen sind zudem hoch spezifisch, was Nebenwirkungen und die Entstehung weiterer Resistenzen begrenzt.
Von einem bakteriellen Signalstoff abgeschaut
Ursprünglich hatten die Chemiker Signalstoffe des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa untersucht. Dabei stießen sie auf einen Signalstoff, der hoch selektiv das Wachstum eines anderen Bakteriums hemmt. Dieses andere Bakterium namens Moraxella catarrhalis ist der Erreger von Atemwegserkrankungen und Mittelohrentzündungen. Ausgehend von diesem natürlichen Signalmolekül entwickelten die Forscher eine neue Klasse von Antibiotika, die nicht nur sehr effektiv, sondern auch außergewöhnlich spezifisch wirkt: Während die Wirkstoffe das Wachstum von Moraxella catarrhalis erfolgreich hemmten, hatten sie selbst auf eng verwandte Arten der gleichen Bakteriengattung keinerlei Effekt, wie die Forscher im Fachjournal „Chemical Science“ berichten.
Parasit gestoppt, bevor er Blutzellen befällt
Nach dem gleichen Prinzip ist es den Konstanzern gelungen, gemeinsam mit Partnern aus den USA hochselektive Wirkstoffe gegen den Malariaerreger zu entwickeln. Im Fachjournal „Chemical Communications“ erläutern sie, wie diese ebenfalls der Natur abgeschaute Substanz funktioniert. Diese sogenannten Chinolon-Ringsysteme greifen demnach den einzelligen Parasiten gezielt in dem Stadium seines Lebens an, in dem er sich in der Leber einnistet, aber noch bevor er beginnt, Blutzellen zu befallen.
Nützliche Darmflora wird geschont
Der große Vorteil solch selektiver Antibiotika liegt nicht nur darin, dass kein Druck auf andere Krankheitserreger entsteht, Resistenzen gegen diesen Wirkstoff zu entwickeln. Anders als sogenannte Breitbandantibiotika werden hier zudem nützliche Darmbakterien verschont und die Darmflora bleibt intakt. Bis zu einem klinisch erprobten und kommerziell erhältlichen Wirkstoff auf Basis dieser Forschungsarbeiten dürfte es jedoch noch einige Jahre dauern – vorausgesetzt, die weitere Entwicklung verläuft ebenfalls erfolgreich.
bl