Biopharmazeutische Wirkstoffe für die Humanmedizin sind in der Pharmaindustrie ein Wachstumsmarkt. Immer mehr Krankheiten können inzwischen mit Antikörpern oder anderen Proteinen behandelt werden. Diese biologischen Wirkstoffe werden heutzutage vielfach mithilfe von Säugetierzellen hergestellt. Doch die Kultur der Zellen ist sehr aufwendig und kostenintensiv.
Einfacher zu kultivierende Bakterien kommen deshalb nicht für die Produktion humaner Biopharmazeutika infrage, weil die mikrobiell hergestellten Proteine oft nicht die erforderlichen komplexen Zuckerstrukturen auf ihrer Oberfläche aufweisen. Daher suchen Biotechnologen nach Produktionsorganismen, die im Idealfall die Eigenschaften von Säugerzellen und Mikroorganismen vereinen.
Wimpertierchen als ergiebige Quelle
Das 2001 gegründete Münsteraner Biotechnologie-Unternehmen Cilian AG setzt auf einzellige Lebewesen als Produktionsorganismen: ungefährliche Ciliaten der Gattung Tetrahymena, die ihren natürlichen Lebensraum in Binnengewässern haben. Die Verwandten des Pantoffeltierchens sind sogenannte Eukaryoten, sie besitzen also einen Zellkern. Ihre äußere Hülle ist von Wimpern gesäumt, die der Fortbewegung dienen.
„Unsere Ciliaten sind genügsam und sehr ergiebige Zellfabriken“, sagt Ingo Aldag, Biotechnologe im Laborteam von Cilian. Das Unternehmen hat eigens eine Wirkstoff-Herstellungstechnologie namens CIPEX entwickelt. Cilian hat die Produktionsplattform im Rahmen der Fördermaßnahme „KMU-innovativ: Biotechnologie – BioChance“ in zwei verschiedenen Projekten weiterentwickelt. Das Bundesminsterium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Firma dabei zwischen 2010 und 2015 mit rund 750.000 Euro unterstützt.
Rheuma und Stoffwechselerkrankungen im Visier
In einem Projekt ging es um die effiziente Herstellung eines Rheuma-Medikaments. In dem Projekt „CILIP“ wiederum wurde ein Enzym als Therapeutikum biotechnisch erzeugt, das bei Patienten mit einer sogenannten Exokrinen Pankreasinsuffizienz, einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, eingesetzt werden soll.
Bisher erhalten Patienten Pankreatin, ein Enzymgemisch, das aus Schlachtschweinen gewonnen wird. Zusammen mit klinischen Kooperationspartnern in Bochum und Münster entwickelt das Unternehmen das reine Enzym-Präparat unter dem Namen „Cilase“ bis zur klinischen Phase.
Autor: Philipp Graf