Zukunftskonzepte für die globale Ernährung

Zukunftskonzepte für die globale Ernährung

Zum dritten Mal hatte der Tagesspiegel zur World Food Convention nach Berlin geladen, um über Zukunftskonzepte für eine nachhaltige Ernährungssicherung zu diskutieren.

World Food Convention 2019
Auf der World Food Convention diskutierten Experten am runden Podiumstisch über die Zukunft der globalen Ernährung.

Mit der „World Food Convention“ hat der Berliner Tagesspiegel vor zwei Jahren ein Kongressformat geschaffen, um in der Hauptstadt mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft eines der drängendsten Probleme unserer Zeit zu diskutieren: die Zukunft unser Ernährung in einer Welt mit neun Milliarden Menschen. Zur dritten Ausgabe der World Food Convention am 7. Mai waren 700 Gäste in die Bolle-Säle nach Berlin-Moabit gekommen.

„Eine Welt ohne Hunger ist möglich“

Der Kongress stand im Schatten der Veröffentlichung des IPBES-Berichtes zur globalen Lage der Biodiversität in Paris, der insbesondere die intensive Landwirtschaft und Fischerei als zentrale Treiber für den dramatischen Artenrückgang auf der Erde benennt. Für Bundesentwicklungsminister Gerd Müller reiht sich der Verlust der Biodiversität ein in die schwerwiegenden Probleme unserer Zeit: Klimawandel, zunehmend weniger Anbauflächen und Wasserengpässe. „Die Landwirtschaft ist Mitverursacher dieser Probleme, kann aber auch Teil der Lösung sein“, sagte Müller. Dazu brauche es eine nachhaltige Landwirtschaft, die lokale Pflanzenvielfalt erhalte und die vorhandenen Ressourcen besser nutze.

„Eine Welt ohne Hunger ist möglich“, betonte er. Die Entwicklungsländer müssten ernährungssouveräner werden, die Wertschöpfung vor Ort stattfinden. „Die Globalisierung muss gerecht gestaltet werden, etwa durch faire Lieferketten“, so Müller. Der Bundesminister forderte auch ein Umdenken zu einem nachhaltigen Konsumverhalten in den Industrieländern.

Fernziel: Eine klimaschonende Landwirtschaft

David Beasley, Executive Director beim World Food Programme der Vereinten Nationen, betonte, dass effektive Programme zur Entwicklungshilfe heute mehr denn je flexibel und veränderbar sein müssen, damit sie den Hunger in der Welt eindämmen und die Wirtschaft in Entwicklungsländern stabilisieren können. All dies ginge laut Beasley nicht ohne multilaterale Partnerschaften mit Akteuren aus Politik, NGOs und nicht zuletzt der Privatwirtschaft.

Liam Condon aus dem Vorstand der Bayer AG, die zu den Sponsoren des Kongresses zählte, verdeutlichte in seinem Vortrag, wie wichtig technische Innovationen in der Landwirtschaft waren und sind, um zentrale gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen. Leitbild der Forschungsaktivitäten von Bayer und der übernommenen Monsanto sei eine klimaneutrale „Carbon-Zero-Zukunft“ der Landwirtschaft – mit Nutzpflanzen, die mehr Ertrag mit weniger Ressourcenaufwand liefern. Condon stellte etwa die Zusammenarbeit mit der US-Biotech-Firma Ginkgo Bioworks vor. Im Rahmen dieser Kooperation werden innovative Lösungen entwickelt, um die nützlichen Eigenschaften von Bodenmikroben auf dem Acker zu verstärken. Neben Projekten zu digitalen Agrartechnologien stellte er Formen der Vor-Ort-Zusammenarbeit mit Landwirten vor. Bei allem Tun sei zentral, nicht das Vertrauen der Öffentlichkeit zu verlieren. Bei Bayer habe man die Datentransparenz erhöht und den Dialog mit den Stakeholdern verstärkt.

Digitalisierung als Chance für kleine Betriebe

Bundesagrarministerin Julia Klöckner sagte, eine moderne Landwirtschaft müsse gleichzeitig nachhaltig und effizient sein. „Wir brauchen dazu Pflanzen, die klimastressresistent sind“, sagte sie. Dazu müsse man auch gegenüber neuen Züchtungsverfahren offener sein. Lebensmittelverschwendung und Nachernteverluste könnten etwa vermindert werden, wenn man Logistikketten intelligenter organisiere. „Die Digitalisierung muss als Chance – gerade auch für die kleinen Betriebe – betrachtet werden“, sagte Klöckner. Die globale Nahrungssicherung erfordere einen „Raus aus den Schubladen“-Denkstil. Eine „Nostalgie zur Ursprünglichkeit“ helfe hingegen nicht, den Hunger in der Welt zu bekämpfen.

Innovationen für die Lebensmittelproduktion

Eine von mehreren Diskussionsrunden beleuchtete das Thema „Lebensmittelproduktion“. Fabio Ziemssen, der bei der Metro AG für Lebensmittelinnovationen zuständig ist zählte einige wichtige Trends auf: Vertical Farming und Hydroponik-Kulturen, die Erschließung alternativer Proteinquellen und die Nutzung digitaler Technologien wie KI und Blockchain bilden für Ziemssen wichtige Bausteine der Nahrungsproduktion der Zukunft.  Für den Pflanzenforscher Nicolaus von Wirén sind die herkömmlichen Züchtungsmethoden einfach nicht schnell genug, um auf die drängenden globalen Herausforderungen zu reagieren. Mithilfe molekularer Züchtungstechniken wie dem Genome Editing gelange man sehr schnell zu neuen Sorten mit nützlichen und umweltschonenden Eigenschaften. „Genome Editing wird einen enormen Beitrag für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion liefern“, zeigte sich der Forscher vom IPK Gatersleben überzeugt.

In der Pioneers‘ Pitch Session stellten fünf Start-ups ihre Geschäftsmodelle und Innovationen vor, darunter die SeedForward GmbH (biologische Saatgutbehandlung), AgriKaab (Crowdfunding Plattform für Agrarprojekte in Somalia) und die PEAT GmbH ( mit der Pflanzengesundheit-Analyse-App Plantix). Zudem ging es auf der World Food Convention auch um das Thema Lebensmittelverschwendung und Big Data als Schlüssel für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft.

pg