Rotlichtsensor bei Bakterien modifiziert

Rotlichtsensor bei Bakterien modifiziert

Forschende der Universität Bayreuth haben die Empfindlichkeit von bakteriellen Systemen zur Steuerung der Genaktivität gegenüber Rotlicht verändert, sodass sich neue Möglichkeiten in der biotechnologischen Anwendung von Bakterien bieten.

Stefanie Meier und Prof. Dr. Andreas Möglich beim Begutachten einer Agarplatte mit auf Rotlicht antwortenden Bakterien.
Stefanie Meier und Prof. Dr. Andreas Möglich beim Begutachten einer Agarplatte mit auf Rotlicht antwortenden Bakterien

In der Biotechnologie werden seit langem mithilfe von Mikroorganismen Produkte für die Medizin, Landwirtschaft oder Chemieindustrie hergestellt oder industrielle Prozesse angekurbelt. Aber auch bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten rücken Bakterien zunehmend in den Fokus. Nun könnten sich neue Möglichkeiten in der biotechnologischen Anwendung von Bakterien auftun. Den Grundstein haben Forschende der Universität Bayreuth gelegt. Einem Team um Stefanie Meier und Andreas Möglich ist es gelungen, den Lichtsensor von Bakterien so zu modifizieren, dass er sensitiver und schneller auf Rotlicht reagiert.

Genaktivität von Bakterien unter Rotlicht verändert

Wie das Team in der Fachzeitschrift Nature Communications berichtet, wurde die Empfindlichkeit von bakteriellen Systemen zur Steuerung der Genaktivität gegenüber Rotlicht verändert und ihre molekulare Antwort auf den Lichtreiz umprogrammiert. Auch Bakterien sind ständig mit Veränderungen wie Licht oder pH-Wert konfrontiert und müssen sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Bei diesen Prozessen, die auf molekularer Ebene stattfinden, werden Phosphatgruppen hinzugegeben oder entfernt. Verantwortlich dafür ist in vielen Bakterien ein Zweikomponentensystem, das aus einem lichtempfindlichen Enzym und einem Regulator besteht. Der Regulator löst in den Bakterien dann weitere molekulare Prozesse aus, darunter eine Veränderung der Genaktivität, was zur Produktion nahezu beliebiger Proteine genutzt werden kann.

Modifikation des bakteriellen Zweikomponentensystems

Im Rahmen der Studie haben die Forschenden ein solches bakterielles Zweikomponentensystem nun modifiziert und damit gezeigt: Die Antwort bakterieller Systeme auf externe Reize kann gezielt verändert werden. Konkret wurde im Modell die lichtempfindliche Einheit des Zweikomponentensystems gegen eine andere ausgetauscht. Den Forschenden zufolge wurde damit das Zweikomponentensystem zehnmal empfindlicher gegenüber Rotlicht als die ursprüngliche Variante. Der Grund für die höhere Lichtempfindlichkeit ist demnach die veränderte Aktivität bezüglich der Phosphatgruppen.

„Beim modifizierten Zweikomponentensystem wurden im Vergleich zum ursprünglichen System unter Rotlicht die Phosphatgruppen schneller abgespalten. Das bedeutet, dass bereits bei geringen Rotlichtintensitäten das System inaktiviert wird“, schreibt das Team. Auch die Länge der Verbindung zwischen der lichtempfindlichen Einheit und dem restlichen Enzym, die sogenannten Linker, wurde verändert. Hier zeigte sich, dass „Systeme mit modifizierten Linkern gegensätzliche Eigenschaften in der Lichtregulierung und Signalantwort auf genetischer Ebene zu den ursprünglichen Systemen aufweisen“.

Neuartiges Instrument für die Biotechnologie

Die Forschenden sind überzeugt, dass diese empfindlicheren und aktiveren bakteriellen Systeme als „neuartige Instrumente für Anwendungen in der synthetischen Biologie und Biotechnologie“ dienen können. So könnten beispielsweise Bakterien im Körper an die richtigen Stellen geschleust werden und durch gezielte Aktivierung mit Rotlicht Wirkstoffe freisetzen oder Proteine erzeugen. „Die an diesem Modellsystem hervorgebrachten Ergebnisse haben generelle Relevanz für unzählige Systeme dieser Art, die unter anderem wichtige bakterielle Antworten wie Entwicklung, Bewegung und Infektiosität regulieren. Zudem erstellen wir unmittelbar in der Biotechnologie einsetzbare Systeme, die erlauben, die Produktion beliebiger Proteine durch Rotlicht zu aktivieren“, sagt Andreas Möglich.

Die Studie wurde in Kooperation mit der Universität in Jyväskylä, Finnland, durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie dem EU-Projekt FET Open NEUROPA gefördert.

bb