Pilznetzwerke im Wald: Belege für Wood Wide Web

Pilznetzwerke im Wald: Belege für Wood Wide Web

Ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung der Universität Bayreuth sieht in mykoheterotrophen Pflanzen den Schlüssel für die bislang umstrittene Existenz des unterirdischen Mykorrhiza-Netzwerkes in Wäldern.

Mykorrhiza-Netzwerk am Beispiel von Monotropa uniflora, hier verbunden mit Baumwurzen übergemeinsame Pilze. Originalabbildung aus der Publikation verändert und ergänzt.
Mykorrhiza-Netzwerk am Beispiel von Monotropa uniflora, hier verbunden mit Baumwurzen über gemeinsame Pilze. Originalabbildung aus der Publikation verändert und ergänzt.

Die Mehrheit der Landpflanzen lebt in Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen. Die Pilzgeflechte an den Wurzeln versorgen die Pflanzen mit wichtigen Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff sowie Wasser aus dem Boden. Im Gegenzug wird der Pilz mit Kohlenstoff ernährt, den die Pflanze aus der Photosynthese gewinnt und beisteuert. Wie wichtig diese Lebensgemeinschaft für Pflanzen, Pilze sowie Ökosysteme ist, wurde bereits mit Studien untermauert.

Dass jedoch insbesondere Wälder von ganzen Netzwerken aus Pflanzenwurzeln und Pilzgewebe durchzogen sein könnten, ist in der wissenschaftlichen Community bislang umstritten. Ein internationales Konsortium unter Beteiligung der Universität Bayreuth liefert nun den Beweis für die Existenz dieses sogenannten Wood Wide Web sowie dessen Funktion und Bedeutung. Die Forschenden berichten im Fachjournal „Nature Plants“ über ihre Arbeiten.

Mykoheterotrophe Pflanzen liefern Beweis für Wood Wide Web

Im Rahmen der Studie haben die Forschenden die Bedeutung des unterirdischen Netzwerkes kritisch hinterfragt und dafür die Fachliteratur auf Hinweise zum Vorkommen des Wood Wide Web durchforstet. Hier stellten sie fest, dass bisher eine wichtige Pflanzengruppe weitgehend übersehen wurde, die nach Überzeugung der Wissenschaftler allerdings „einen ganz offensichtlichen Beleg für die Existenz von Mykorrhiza-Netzwerken liefert“ – und zwar die mykoheterotrophen Pflanzen.

Mykoheterotrophe Pflanzen erhalten anders als autotrophe Pflanzen, zu denen grüne Pflanzen zählen, Kohlenstoff nicht aus der Photosynthese der Pflanze, sondern über einen Pilzpartner. Diese bisher wenig beachteten kleinen Waldpflänzchen nahm das Forschungsteam nun genauer ins Visier.

Mykorrhiza-Pilze bilden weitere Partnerschaft mit Waldbäumen 

Der Studie zufolge besitzen mykoheterotrophe Pflanzen zwar keine grünen Blätter und müssen sich daher vollständig auf Kosten der Mykorrhiza-Pilze ernähren. Diese Pilzpartner gehen jedoch gleichzeitig eine zweite Partnerschaft mit Waldbäumen ein und vermitteln so den Kohlenstoffaustausch zwischen den Pflanzen. Diese mykoheterotroph lebenden Pflanzen seien zwar meist klein und würden am Waldboden schnell übersehen, würden jedoch den entscheidenden Nachweis für die Bedeutung des „Wood Wide Web“ liefern, da Mykorrhiza-Netzwerke in Wäldern den Kohlenstofftransfer zwischen den Pflanzen unterstützen, schreiben die Forschenden.

„Damit belegen die vollständig mykoheterotrophen Pflanzen die Existenz von Mykorrhiza-Netzwerken, an denen mindestens drei Partner – zwei Pflanzen und ein Pilz – beteiligt sind“, sagt der Bayreuther Forscher Gerhard Gebauer, der gemeinsam mit seiner Kollegin Franziska Zahn an der Studie mitgewirkt hat.

Kohlenstofftransfer auf verschiedenen Wegen möglich

Diese Erkenntnisse würden nicht nur die bisherige Lehrmeinung des Kohlenstoff-gegen-Nährstoff-Transfers in der Symbiose zwischen einem Pilz und einer Pflanze infrage stellen. Auch die Annahme, dass sich alle grünen Pflanzen strikt durch Kohlenstoffgewinn über die Photosynthese ernähren, müsse hinterfragt werden. Wie die Forschenden schreiben, gibt es eine Bandbreite an Möglichkeiten für den Kohlenstofftransfer.

Neben den vollständig mykoheterotrophen Pflanzen, die Kohlenstoff ausschließlich vom Pilzpartner beziehen, und den autotrophen Pflanzen, die Kohlenstoff ausschließlich aus der Photosynthese erhalten, gibt es nach Ansicht der Forschenden auch Pflanzen, „die sich zu unterschiedlichen Anteilen auf Kosten des Pilzpartners und aus der Photosynthese ernähren“.

bb