„Pilz-Netzwerke beeinflussen den Kohlenstoffspeicher Boden“
Johanna Pausch
promovierte Geoökologin
Position:
Juniorprofessorin Agrarökologie an der Universität Bayreuth
promovierte Geoökologin
Position:
Juniorprofessorin Agrarökologie an der Universität Bayreuth
Die Bayreuther Geoökologin Johanna Pausch erforscht, wie Wurzelpilze in Symbiose mit Pflanzen den Kohlenstoffumsatz in Böden steuern.
Der Boden ist nicht nur eine bedeutende Kohlenstoff-Senke, sondern zugleich eine der wichtigsten natürlichen Quellen für CO2. Die Bayreuther Geoökologin Johanna Pausch will biologische Mechanismen erkunden, die die Kohlenstoff-Speicherkapazität der Böden beeinflussen. Für ein neues Forschungsprojekt zur Rolle von Wurzelpilzen und ihrer Wirkung auf den Kohlenstoffumsatz im Boden wurde sie vor Kurzem mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrats ERC ausgezeichnet.
Böden geraten im Zuge des Klimawandels immer stärker unter Druck und damit auch das Ökosystem Boden. Was bedeutet das für den Kohlenstoffspeicher im Boden?
Böden sind für unser Klimasystem von zentraler Bedeutung. Sie dienen als Speicher enormer Mengen an Kohlenstoff in organischen Verbindungen. Wie groß das Reservoir letztendlich ist, hängt vom Kohlenstoffeintrag und -austrag in und aus dem Boden ab. Der Klimawandel verändert die Dynamik dieser Kohlenstoffflüsse. Dies kann, je nach Region, dazu führen, dass den Böden durch verstärktes Pflanzenwachstum mehr Kohlenstoff zugeführt wird oder durch erhöhte Abbauraten mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre verloren geht. Es besteht aber nicht nur durch den Klimawandel die Gefahr, dass der Boden einen Teil des gespeicherten Kohlenstoffs und damit an Funktionalität verliert. Die Kohlenstoffspeicherung wird insbesondere auch von der Art und Weise der Bodennutzung durch den Menschen beeinflusst.
Welche Faktoren beeinflussen den Kohlenstoffumsatz im Boden? Wie wichtig ist dabei das Zusammenspiel von Pflanzen und Mikroorganismen?
Der Umsatz von organisch gebundenem Kohlenstoff im Boden erfolgt im Wesentlichen durch Mikroorganismen. Grundsätzlich werden mikrobielle Prozesse im Boden durch einen Temperaturanstieg beschleunigt. Allerdings können längere Trockenphasen, wie sie in Zukunft häufiger auftreten werden, den mikrobiellen Umsatz von Kohlenstoff limitieren. Neben diesen Faktoren ist aber auch das Zusammenspiel von Pflanzen und Mikroorganismen von zentraler Bedeutung. Mikroorganismen im Boden sind oft durch den Mangel an leicht verfügbarem Kohlenstoff als Nahrungs- und Energiequelle eingeschränkt. Über Wurzelausscheidungen (Exsudate) versorgt die Pflanze die Mikroorganismen jedoch mit leicht verfügbaren Kohlenstoffverbindungen. Dadurch wird der Bereich um die Wurzeln herum, die Rhizosphäre, zu einem Hotspot mikrobieller Umsatzprozesse. Die Pflanzen profitieren im Gegenzug von einer besseren Versorgung mit Nährstoffen, die bei den Abbauprozessen freigesetzt werden.
Die Kohlenstoffspeicherung der Böden steht aktuell im Fokus eines neuen Forschungsvorhabens, das vom Europäischen Forschungsrat gefördert wird. Worum geht es im Projekt „MYCO-SoilC“ konkret?
In MYCO-SoilC geht es um Pilze, die in Symbiose mit Pflanzen leben, der sogenannten Mykorrhiza, und ihre Funktion für die Kohlenstoffspeicherung im Boden. Diese Pilze sind im Gegensatz zu den meisten anderen Mikroorganismen im Boden nicht in ihrer Kohlenstoffversorgung limitiert. Sie erhalten Kohlenstoff etwa in Form von Zucker aus der Photosynthese von der Pflanze und liefern der Pflanze im Gegenzug Nährstoff. Im Projekt untersuchen wir Interaktionen zwischen Pflanzen und Pilzen und ihre Bedeutung für den Kohlenstoffeintrag und Umsatz im Boden. Es geht im Allgemeinen um die Rolle der Mykorrhiza für Wechselwirkungen und Rückkopplungen zwischen atmosphärischem CO2 und organischem Kohlenstoff im Boden und dementsprechend auch um Prozesse, die zur Kohlenstoffspeicherung in Böden führen und dadurch dem Klimawandel entgegenwirken.
Ein Schwerpunkt im Projekt liegt bei Mykorrhizapilzen. Welchen Beitrag leisten sie bei der Kohlenstoffspeicherung im Boden? Inwiefern könnte das Pilzgeflecht Auswirkungen des Klimawandels auf die Kohlenstoffvorräte im Boden vorhersagen?
Über die Pilznetzwerke fließt sehr viel Kohlenstoff, den die Pflanzen zuvor der Atmosphäre entzogen haben, in den Boden. Zudem spielen die Pilze selbst eine wichtige Rolle beim Abbau organischer Verbindungen. Verschiedene Typen der Mykorrhiza, wie arbuskuläre und Ektomykorrhiza, unterscheiden sich dabei stark in Bezug auf die Kohlenstoffspeicherung im Boden. So steigt beispielsweise der Kohlenstoffvorrat im Oberboden mit zunehmendem Anteil an Pflanzen, die eine Symbiose mit Ektomykorrhiza-Pilzen eingehen. Völlig unklar ist bislang jedoch, ob hier ein kausaler Zusammenhang besteht. Wir wollen mit unserer Forschung den Einfluss der verschiedenen Mykorrhizatypen auf Bodenprozesse und insbesondere auf die Menge und die Stabilität des Bodenkohlenstoffs untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden es ermöglichen, das Potenzial der Böden zur Speicherung von Kohlenstoff im Kontext des globalen Wandels genauer vorherzusagen und daraus Strategien für eine nachhaltige Bodennutzung abzuleiten.
Welches Ziel verfolgt das Forschungsprojekt?
Unser Ziel ist es, mit neuen innovativen Technologien die Menge des Kohlenstoffeintrags von der Pflanze in den Boden über verschiedene Pilze zu quantifizieren. Mit unserem Forschungsprojekt möchten wir zudem zu einem besseren Verständnis der Bedeutung von Pflanze-Pilz-Interaktionen für die Kohlenstoffspeicherung im Boden beitragen.
Interview: Beatrix Boldt