Wurzelsysteme verschiedener Weizensorten kombinieren

Wurzelsysteme verschiedener Weizensorten kombinieren

Mit flach- und tiefwurzelnden Weizensorten gemeinsam auf einem Feld wollen Forschende die Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit der Pflanzen verbessern und sie widerstandsfähiger machen.

Weizenfeld
Der Anbau von Weizen erfolgt meist als Monokultur.

Moderne Agrar-Ökosysteme müssen für die Herausforderungen des Klimawandels gewappnet sein, damit Nahrungspflanzen gut gedeihen und die Ernährung gesichert ist. Längst reicht es nicht mehr aus, wichtige Kulturpflanzen ausschließlich auf Höchsterträge zu trimmen. Sie müssen auch resistenter und stresstoleranter gegenüber Hitze, Dürre und Krankheitserregern sein. Im Projekt CROP verfolgen Forschende vom Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-3) am Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit der Universität Hohenheim daher eine neue Anbaustrategie für den Weizen.  

Zwei Weizensorten mit verschiedenen Wurzelsystemen

„Wir wollen untersuchen, ob eine Kombination von zwei komplementären Weizensorten innerhalb eines Feldes hinsichtlich des Ertrags und anderer Kriterien etwas bringt. Dabei geht es um zwei Genotypen des Weizens, die sich in ihren Wurzelsystemen deutlich unterscheiden“, erklärt Youri Rothfuss, Ko-Projektleiter am IGB-3. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 870.000 Euro geförderten Projekt wollen die Forschenden jeweils eine tief- und eine flachwurzelnde Weizensorte gemeinsam auf dem Feld anbauen.

Vorteile des Kombianbaus ausloten

Ziel ist es, die Vorteile des Kombianbaus nachzuweisen. „Wenn nur eine Weizensorte – insbesondere die Flachwurzelnde – auf dem Feld ist, sollte die Toleranz gegenüber Wasserstress geringer sein“, erklärt Rothfuss. „Die Kombination kann jedoch dazu führen, dass in manchen Phasen der eine Genotyp mit flachen Wurzeln in feuchten Bodenschichten ist und dort Wasser aufnehmen kann, während zu einer anderen Phase der zweite Genotyp mit den längeren Wurzeln einen Vorteil hat, wenn Wasser nur tiefer im Boden verfügbar ist.“ Von dem kombinierten Anbau zweier Weizen-Genotypen mit verschiedener Wurzelarchitektur erwarten die Forschenden neben einer verbesserten Dynamik der Wasseraufnahme auch eine höhere mikrobielle Aktivität im Boden und damit eine bessere Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Stickstoff.

Das Projekt ist im März 2020 gestartet. Seither wurden im Jülicher Labor mehrere Weizensorten getestet, ob sie für den gemeinsamen Anbau geeignet sind. „Die passenden Genotypen zu finden, war anspruchsvoll. Wir hatten im Vorfeld zwei Sorten gewählt und getestet, die unter den hiesigen Bedingungen kaum Unterschiede in der Entwicklung der Wurzeln zeigten“, berichtet der Agrarwissenschaftler. Die nächsten beiden Genotypen erwiesen sich jedoch als vielversprechend. „Wir sind sicher, die Kombination jetzt gefunden haben.“

Wurzelwachstum live beobachten

Aktuell laufen im Jülicher Labor die ersten „feinskaligen“ Experimente mit dem ausgewählten Weizenpaar. In etwa 80 cm großen Monolithen werden Sonden eingebracht, um die Wasseraufnahme und Nährstoffversorgung zu quantifizieren. Noch im September sollen die Versuche dann an der Jülicher Rhizotronanlage in Selhausen starten. Dort kann das Team um Rothfuss das Wurzelwachstum live im Feld beobachten. „Wir können hier in verschiedenen Bodentiefen Kameras in transparente, 7 m lange horizontale Röhren schieben, damit Bilder aufnehmen und sehen, wie sich die Wurzeln entwickeln, und die Wurzeltiefe quantifizieren“, erklärt der Forscher. Welchen Einfluss die Wurzelentwicklung der beiden Weizenarten auf die mikrobielle Aktivität im Boden hat, das wiederum untersuchen Forschende der Universität Hohenheim mithilfe spezieller Bildgebungsverfahren.

Vorhersagemodell zur Entwicklung der Pflanzen

Am Ende der vierjährigen Projektdauer soll zudem ein prozessbasiertes Modell, das sogenannte Rhizosphären-Mikrobiom-Pflanzen-Modell, entstehen. Es basiert auf den Ergebnissen der beiden Projektpartner und soll schließlich den Nutzen des Kombianbaus von Genotypen mit komplementären Wurzelsystemen vorhersagen – und das nicht nur für Weizen, sondern auch für andere Kulturpflanzen. „Es bietet die Möglichkeit, zwei Genotypen mit Rahmenbedingungen wie lange Trockenheit oder Starkregen virtuell konfrontieren zu können. Anhand der Daten könnten dann der Wasserhaushalt des Bodens, die Wasser- und Nährstoffaufnahme und die Entwicklung der Pflanze vorhergesagt werden“, so Rothfuss. Der Jülicher Forscher rechnet damit, dass dieses Modell zunächst jedoch in der Wissenschaft zum Einsatz kommt. Bis es Landwirten und Pflanzenzüchtern Prognosen liefert, wird demnach noch einige Zeit vergehen.

Autorin: Beatrix Boldt