NaturFutur: Highlights der Bioökonomie-Ausstellung in Berlin
Fünf Wochen lang war das Museum für Naturkunde Berlin Schauplatz für die Bioökonomie: Das Ausstellungsprojekt „NaturFutur“ lockte zahlreiche Besuchende an und wartete mit einem vielseitigen Begleitprogramm auf.
Zum Ausklang des über weite Strecken digitalen Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie doch noch ein Präsenz-Highlight: Vom 2. November bis 5. Dezember wurde das Experimentierfeld im Museum für Naturkunde Berlin zur Bühne für „NaturFutur – Bioökonomie erleben“. Das Kooperationsprojekt zwischen dem Museum für Naturkunde Berlin und der Informationsplattform bioökonomie.de wartete mit einer interaktiven Ausstellung und einem vielseitigen Begleitprogramm auf.
Neugier auf Bioökonomie geweckt
Da das Wegeleitsystem des Naturkundemuseums direkt an der Ausstellungsfläche vorbeiführte, lockte NaturFutur trotz der Pandemie-Bedingungen zahlreiche Besuchende an. Sie bestaunten die Exponate zu den vier Themenbereichen, hantierten an Tablets, um in die Augmented-Reality-Landschaft einzutauchen oder verweilten in der Info- und Leseecke. „Wir schätzen, dass etwa 6.000 Besuchende auf der Fläche waren“, so Martin Reich von bioökonomie.de, der die Ausstellung zusammen mit Kristin Kambach konzipiert und umgesetzt hat. „Beachtlich war auch die Resonanz bei der Besuchenden-Befragung – es sind knapp 400 ausgefüllte Karten eingegangen.“
„Mit der Vielfalt der Exponate konnten wir nicht nur den Facettenreichtum der Bioökonomie aufzeigen, sondern damit zugleich ganz verschiedene Personengruppen erreichen und ihnen faszinierende, biobasierte Möglichkeiten veranschaulichen“, so Kristin Kambach.
„Wir haben im Ausstellungskonzept diesmal auch erstmals Augmented Reality als Werkzeug der Kommunikation eingesetzt. Die Besucher konnten mit Tablets eine mögliche nahe Zukunft auf einer weißen Modelllandschaft erscheinen lassen und mit ihr interagieren. Das Schöne ist, dass es sich um kein statisches, sondern ein lebendes Exponat handelt. Wir werden es Zukunft noch erweitern und immer wieder verändern“, so Martin Reich.
Begleitprogramm mit Diskussionsrunden und Workshops
Interessierte konnten in NaturFutur aber nicht nur Exponate bestaunen, sondern in Workshops auch selbst Hand anlegen und mit biobasierten Materialien gestalten. Am 11. November fand zum Thema Mode aus Algen ein Workshop und eine Podiumsdiskussion statt. Eine Woche später drehte sich alles um die Renaissance der Fermentation – ebenfalls mit Workshop und Podiumsdiskussion. Veranstaltet vom Museum für Naturkunde hieß es zudem vier Mal "Fenster mit Aussicht", ein Talkformat mit zwei Fachleuten.
Anlässlich des aus einem Studio im Naturkundemuseum gesendeten Abschluss-Events zum Wissenschaftsjahr Bioökonomie war auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek zu Gast bei NaturFutur und ließ sich vom Ausstellungsteam durch die Bioökonomie-Schau führen.
Bioökonomierat im Dialog
Am 3. Dezember nahm auch der Bioökonomierat die NaturFutur-Ausstellung zum Anlass, um auf die Bedeutung des Themas hinzuweisen und mit Interessierten direkt ins Gespräch zu kommen. Der Bioökonomierat ist ein unabhängiges Gremium von Fachleuten, das die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer Nationalen Bioökonomiestrategie berät. Für das Format „Frag den Rat“ waren mit Fraunhofer-Forscher Markus Wolperdinger und Universitätsprofessor Thomas Brück zwei industrieerfahrene Experten für Chemie und Biotechnologie nach Berlin gekommen. Neben Interessierten mit Bioökonomie-Vorwissen schlossen sich spontan auch Museumsbesuchende den kleinen Touren durch die Ausstellung an.
„Die Bioökonomie treibt den Wandel zu einem nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaftssystem voran,“ sagte Wolperdinger, der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ist. Dabei sei wichtig, dass sich die verfolgten Ansätze wirtschaftlich rechneten, dass sie ökologisch verträglich seien und die Menschen auch in sozialer Hinsicht davon profitierten. „Bioökonomie bietet das Potenzial für nachhaltige Lösungen, die uns helfen, Ressourcen zu schonen, gesünder zu leben und gleichzeitig Wohlstand zu schaffen.“
Das unterstrich auch Thomas Brück, Algen-Biotechnologe an der TU München: „Bioökonomie ist für mich ein Schlüssel zur nachhaltigen Transformation von Industrie und Gesellschaft. Neue Produkte und Prozesse werden unser Leben und Arbeiten klimaneutral gestalten“, sagte er. Brück freute sich, unter den NaturFutur-Exponaten eine Algenpasta zu finden und ergänzte: „Mit einem Münchener Bäcker habe ich privat ein Algen-Emmer-Baguette entwickelt, mit dem allein man seinen täglichen Vitamin-D-Bedarf decken kann.“ Sein Team arbeite derzeit an einer Hefe, die von Natur aus in großer Menge ein Öl herstellt, das chemisch dem Palmöl sehr nahekomme. „Hierfür signalisiert die Industrie starkes Interesse“, sagte er.
Um solche Bioökonomie-Innovationen schneller in die Anwendung zu bringen, erarbeite der Rat derzeit Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung. „Dazu entwickeln wir derzeit Roadmaps für die konkrete Umsetzung der Nationalen Bioökonomiestrategie“, sagte Brück. Die Besuchenden hatten denn auch Gelegenheit, selbst Wünsche mit Bezug zur Bioökonomie an die Bundesregierung zu formulieren und diese an die Pinnwand zu heften.
Bioökonomie-Labor für Kinder
Abschluss-Highlight von NaturFutur waren die beiden einstündigen Kinder-Workshops am 4. Dezember, für die jeweils eine kleine Gruppe von Kindern im Alter von 6 bis 10 Jahren ins Experimentierfeld des Naturkundemuseums gekommen war. Begleitet wurden sie von Lily Teitelbaum und Clément Robijns von BIOCOM. Sie sind für die Kommunikation in dem EU-Projekt Transition2Bio zuständig.
Spielerisch konnten die Kinder entdecken, welche natürlichen Ressourcen in Alltagsprodukten stecken: Ob Apfelreste für Taschen, Orangenschalen für Turnschuhe oder Elefanten-Dung für Papier – für Verblüffung war gesorgt. „Insbesondere das Malen mit natürlichen Materialien wie Spinat- oder Algenpulver hat den Kindern viel Spaß gemacht", sagt Lily Teitelbaum. Die Farben aus Kurkuma, Spinat, grünen und blauen Algen brachten die Kinder auf viele Ideen. Es wurden eifrig Weihnachtskarten für Eltern und Großeltern hergestellt. Die Kinder waren erstaunt, wie lecker Insektenriegel als Knabberei sind. Auch die Algenlimo kam bei den kleinen Entdeckerinnen und Entdeckern prima an. Hoch im Kurs standen zudem die aus Blumenerde, Mehl, Wasser und Samen selbst zusammengematschten Samenbomben.
„Wir freuen uns, dass die im Rahmen des EU-Projekts Transition2Bio entwickelten spielerischen Angebote zum Kennenlernen der Bioökonomie so gut angekommen sind“, sagt Clément Robijns. Darüber hinaus konnten die Kinder eine Sammlung weiterer Experimentier-Ideen für zuhause, ein Kartenspiel und ein Bioökonomie-Buch für Kinder mit nach Hause nehmen, die im Rahmen von Transition2Bio zur Verfügung gestellt werden. Der anschließende Besuch in der NaturFutur-Ausstellung war dann für die Kinder ein weiteres Highlight – vor allem Essen aus dem 3D-Drucker, Pflanzen züchten ohne Erde oder „coole“ Klamotten aus Pflanzenresten und Pilzen.
pg