Nachhaltige Verpackungen aus Schilfrohr

Nachhaltige Verpackungen aus Schilfrohr

Fraunhofer-Forschende liefern den Nachweis, dass sich auch Pflanzen aus Paludikultur zur Herstellung von Verpackungen eignen und damit Holz als Rohstoff zur Papierherstellung ersetzen können.

Nachhaltige, im Faserguss- und Tiefziehverfahren hergestellte Packmittel aus Moorpflanzen
Nachhaltige, im Faserguss- und Tiefziehverfahren hergestellte Packmittel aus Moorpflanzen

Holz ist ein vielseitiger und begehrter Rohstoff in Deutschland und muss aufgrund der hohen Nachfrage in großen Mengen importiert werden. Eine Alternative zum Holz könnten Pflanzen aus Paludikultur sein, da Moorpflanzen ebenfalls wichtige Holzbestandteile wie Zellulose und Lignin enthalten. Für Baustoffe, Viehfutter und Nahrungsmittel werden Schilfrohr oder Torfmoose bereits eingesetzt. Nun könnte auch die Papierindustrie von Moorpflanzen als Holzersatzstoff profitieren. Dafür liefern Forschende des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV jetzt den Nachweis. 

Neues Verfahren zur Zellstoffherstellung aus Moorpflanzen

Im Rahmen des Projektes PALUDI, das unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde, hatte ein Team um Projektleiter Fabian Kayatz die Potenziale von Moorpflanzen wie Schilf, Seggen oder Rohrglanzgras für nachhaltige Verpackungen untersucht und entsprechende Herstellungsverfahren erprobt. Dafür wurde ein ressourcenschonendes Verfahren zur Zellstoffherstellung entwickelt. 

Ein Vorteil der Moorkulturen: Sie haben einen geringeren Ligningehalt als Holz. Beim Aufschluss der Pflanzenfasern müssen daher weniger Chemikalien eingesetzt werden, um die für Verpackungen erforderliche Faserqualität zu erhalten. „Je weniger Lignin vorhanden ist, also der natürliche Klebstoff in den pflanzlichen Zellwänden, desto geringer ist der Einsatz etwa von Säuren oder Laugen beim chemischen Aufschluss und desto stabiler bildet sich ein Fasernetzwerk aus“, erläutert Fabian Kayatz. 

Dem Forscher zufolge verfügt der Zellstoff aus diesen Pflanzenfasern auch über bessere mechanische Eigenschaften als Zellstoff aus Mais oder Bambus. Zudem lässt sich das Lignin aus nicht verholzenden Pflanzen leichter auslösen und von den Fasern trennen, sodass weniger Energie für Aufschlussverfahren benötigt wird, als bei der herkömmlichen Papierherstellung aus Holz. 

Weniger Energie bei Faseraufschlussverfahren

Bei dem von den Fraunhofer-Forschenden entwickelten Aufschlussverfahren, das an Schilfrohr und anderen Paludikultur getestet wurde, kamen demnach Temperaturen unter 100° C zum Einsatz, die damit „bis zu 45 % unter den niedrigsten Werten für chemische Faseraufschlussverfahren“ liegen. Bis zu 83 % Lignin konnten nach Angaben der Forschenden aus dem eingesetzten Rohstoff herausgelöst werden. Die Zellstoffausbeute lag demnach – je nach Einstellung der Parameter – bei bis zu 53 %. 

Tiegel und Schalen aus Schilfrohrfasern hergestellt

In Tests konnten die Fraunhofer-Forschenden nachweisen, dass sich die im Projekt hergestellten „flachen, fasergegossenen Papiere“ aus Paludikultur gut verarbeiten lassen und für Verfahren wie Falzen, Kleben und Bedrucken geeignet sind. Daneben hätten die Papiere auch in puncto Zugfestigkeit und Dehnbarkeit sowie mit ihren wasserabweisenden Eigenschaften überzeugt, berichtet das Team. Im Projekt entstanden mittels Faserguss- und Tiefziehverfahren bereits erste stabile Papiertiegel und Schalen aus Schilfrohrfasern, „ohne Additive zu verwenden“. 

Noch wurden die Ergebnisse nur im Labormaßstab erzielt. Doch das Potenzial zeichnet sich ab: „Nach der Ernte der Moorpflanzen könnte die gewonnene Biomasse im Industriemaßstab in der Zellstofffabrik weiterverarbeitet werden. Dort würde dann die Zellstoffherstellung durch den Aufschluss der Pflanzenfasern erfolgen“, erläutert der Projektleiter.

Vor einem Einsatz in der Industrie will das PALUDI-Team das Faseraufschlussverfahren weiter optimieren. Als Erstes sollen Verpackungen für den Non-Food-Bereich wie Kosmetik, Logistik und Büromaterialien daraus produziert werden. 

Beitrag zum Umwelt- und Moorschutz

„Das Potenzial der Moorpflanzen für die Herstellung von innovativen, biobasierten Verpackungen ist groß, wie wir mit unserer erfolgreichen Entwicklung von ressourcenschonenden Verfahren zur Zellstoffherstellung zeigen konnten“, resümiert Fabian Kayatz und betont, dass auch der Fortbestand der Moore unterstützt werde, indem Agrarflächen wiedervernässt und für Paludikultur genutzt werden. 

bb