Mit Hightech-Maschine zu neuen biobasierten Werkstoffen

Mit Hightech-Maschine zu neuen biobasierten Werkstoffen

Mithilfe eines Doppelschnecken-Extruders wollen Forschende der Hochschule Bielefeld Kunststoffe nachhaltiger und wiederverwertbar machen. Auch Farbstoffe auf Algenbasis werden erprobt.

Neuentwicklung, Veränderung, Recycling und Produktion – mit dem Doppelschneckenextruder können die wichtigsten Prozesse der Kunststoffindustrie simuliert werden.
Neuentwicklung, Veränderung, Recycling und Produktion – mit dem Doppelschneckenextruder können die wichtigsten Prozesse der Kunststoffindustrie simuliert werden.

Obwohl das Recycling von Kunststoffen seit Jahren etabliert ist, wird in Deutschland immer noch mehr als die Hälfte aller Kunststoffabfälle verbrannt. Das Problem: Kunststoffe sind meist Verbundstoffe aus verschiedenen Materialien, die sich nur schwer trennen lassen. Nur sortenreine Materialien sind bisher recycelbar und wirtschaftlich. Um Ressourcen und Umwelt zu schonen und Stoffkreisläufe zu schließen, wird daher intensiv an neuen, nachhaltigen und recyclingfähigen Kunststoffen geforscht. Forschenden der Hochschule Bielefeld steht dafür ein Hightech-Gerät zur Verfügung, das die Entwicklung „grüner“ Kunststoffe beschleunigen kann.

Bei der Technologie handelt es sich um einen Doppelschnecken-Extruder. Damit lassen sich die Prozesse der Kunststoffherstellung simulieren – vom Zerkleinern, Teilen und Mischen bis hin zum Portionieren. Aber nicht nur das: „Mit dem Extruder können wir sowohl neue Materialien entwickeln als auch vorhandene gezielt verändern, indem wir beispielsweise neue Stoffe zumischen oder andere abbauen“, erläutert Laborleiter Bruno Hüsgen.

Neuer Kunststoffmix aus PLA und PHB hergestellt

So haben die Bielefelder mithilfe des Extruders einen neuen Werkstoff entwickelt, der das Beste aus den beiden Biopolymeren Polylactid (PLA) und Polyhydroxybuttersäure (PHB) vereint. Daraus könnten in Zukunft nachhaltige Verpackungen hergestellt werden, die unter bestimmten Bedingungen vollständig biologisch abbaubar sind. „PHB ist sehr spröde, während PLA nur eine niedrigere Temperaturbeständigkeit aufweist. Durch die Mischung heben sich die Nachteile beider Sorten auf.

In kombinierter Form werden die Nachteile zu positiven Eigenschaften eines neuen Rohstoffs, der ohne den Einsatz von Erdöl auskommt“, erklärt Johannes Brikmann von der AG Bielefelder Kunststofftechnik. Das zähe wie hitzebeständige Biopolymer könnte Brinkmann zufolge auch für die Herstellung kurzlebiger Medizinprodukte genutzt werden.

Experiment mit Farbstoff auf Algenbasis

Damit Kunststoffe wirklich nachhaltig und kreislauffähig sind, müssen auch alle anderen Komponenten wie Farben und Lacke biobasiert sein. „Das Besondere bei diesem Compounder ist, dass wir nicht nur alle industriell verwendeten Additive zumischen können, sondern auch neue Additive auf Pflanzenbasis ausprobieren können, die eine schonende Temperaturführung benötigen“, sagt Hüsgen.

Hier experimentiert sein Team gemeinsam mit Forschenden der Arbeitsgruppe Pflanzenschutzmittel mit Farbstoffen auf Algenbasis, die den neuen Kunststoffen beigemischt werden. Der Extruder, so die Forschenden, ermögliche es, bisher getrennte Verfahren zur Formulierung von Wirkstoffen in einem Prozess zusammenzufassen, was die Herstellung günstiger mache.

Elastomere recycelbar machen

Die Verlängerung des Lebenszyklus von Kunststoffen durch Recycling ist ebenfalls ein Schwerpunkt der Bielefelder Arbeitsgruppe um Hüsgen. Hier beschäftigt sich das Team mit Elastomeren. Diese Gruppe von Kunststoffen zeichnet sich durch lange Molekülketten aus, die extrem dehnbar und elastisch sind, sich aber durch den üblichen Recyclingprozess nicht wiederherstellen lassen. „Wir wollen die Scherkräfte, die im Compounder auf das Material einwirken, nutzen, um die Schwefelbindungen im Elastomer zu spalten“, erläutert Hüsgen die derzeit laufenden Versuche. „Wenn uns das gelingt, wäre ein werkstoffliches Recycling und damit eine erneute Nutzung des Materials möglich.“

bb