Hefe als Mini-Fabrik für Pflanzenstoff

Hefe als Mini-Fabrik für Pflanzenstoff

Bioingenieuren aus Halle ist es gelungen, die zur Lebensmittelkonservierung eingesetzte Substanz Carnosinsäure biotechnisch in Hefezellen herzustellen.

Noch wird Carnosinsäure aus Rosmarin gewonnen.
Carnosinsäure wird bisher aus der Gewürzpflanze Rosmarin gewonnen.

Rosmarin zählt wegen des kräftigen Aromas zu den beliebtesten Küchenkräutern. Verantwortlich für den prägnanten Geschmack ist der Pflanzenstoff Carnosinsäure, der auch in Salbeiblättern enthalten ist. Aber nicht nur als Aromastoff ist Carnosinsäure begehrt. Der Pflanzenstoff wird vor allem in Fleischprodukten, Ölen, Fetten, Saucen und Tierfutter als natürliches Antioxidationsmittel geschätzt, um Produkte länger haltbar zu machen. Auch die Pharmaindustrie nutzt den Pflanzenstoff als Basis für bioaktive Substanzen, die gegen Entzündungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen wirken.

Gewinnung aus Pflanzen aufwendig

Auf Grund dieser Eigenschaften wird Carnosinsäure weltweit immer beliebter. Bislang wird die Substanz jedoch aus getrockneten Rosmarin- und Salbeiblättern gewonnen. Doch die Ausbeute ist gering. Um die Produktion des Antioxidationsmittels im Industriemaßstab zu gewährleisten, wären größere Mengen der begehrten Küchenkräuter erforderlich. Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) haben die Lösung für das Problem gefunden.Wie das Team um den Hallenser Pflanzenforscher Alain Tissier im Fachjournal „Nature Communications“ berichtet, gelang es ihnen, das Antioxidationsmittel auf biotechnologische Weise herzustellen. Dabei dienten ihnen Hefen als Zellfabriken. Zunächst mussten die Forscher jedoch den Mechanismus der Biosynthese von Carnosinsäure in der Pflanze aufklären.

Pflanzliche Biosynthesekette aufgeklärt und übertragen

Im Rahmen der Studie fand das Team buchstäblich das lang gesuchte letzte Puzzleteil. Denn die Biosynthese von Carnosinsäure innerhalb der Pflanze verläuft in mehreren Reaktionsschritten, die von unterschiedlichen Enzymen katalysiert werden. Wie die Hallenser Leibniz-Forscher berichten, fanden sie nun jenes, bislang unbekannte Enzym, das den letzten Schritt der Reaktionskette katalysiert. Zugleich entdeckten sie ein zusätzliches, bisher unbekanntes Zwischenprodukt und neue Enzyme. Nachdem die Lücke in der Reaktionskette nun geschlossen war, konnte das Team die Gene, die für die entsprechenden Enzyme kodieren, in Hefezellen einzuschleusen. So ließ sich der Stoffwechsel der Hefen umprogrammieren, die Zellen stellen fortan Carnosinsäure her. Damit haben die Pflanzenforschern aus Halle die erste Etappe auf dem Weg zur biotechnologischer und damit von Klimaschwankungen, Bodenqualität und Ernteerträgen unabhängigen Herstellung des Antioxidationsmittels Carnosinsäure gemeistert.

bb