Der Schimmelpilzkultur beim Wachsen zusehen
Mittels Mikro-Computertomografie ist es einem Forschungsteam gelungen, das Wachstum von Schimmelpilzkulturen im Bioreaktor in 3D zu beobachten.
Schimmelpilze sind nicht nur ein Gesundheitsrisiko. Sind sind auch wichtige mikrobielle Zellfabriken der Biotechnologie. Der erste Prozess dieser Art war vor mehr als 100 Jahren die Fermentation von Zitronensäure. In der Gegenwart sind zahlreiche weitere Säuren, Enzyme und pharmazeutisch wirksame Moleküle hinzugekommen. Wie produktiv diese Herstellungsprozesse sind, hängt auch von der räumlichen Struktur der Pilzgeflechte im Bioreaktor ab. Einem deutschen Forschungsteam ist es nun gelungen, diese Strukturen zu analysieren.
Problem: Zu viele Zellen für repräsentative Aussage
Wollen Forschende die vollständige 3D-Struktur eines Schimmelpilzes detailliert abbilden, gibt es nur eine ideale Methode, die Mikro-Computertomografie. Zwar verfügen zahlreiche Labore über die notwendigen Geräte. Doch was Aussagen über eine einzelne Pilzzelle erlaubt, verrät wenig über den Zustand einer großen Pilzkultur in einem Bioreaktor. Bislang war es schlicht unmöglich, hinreichend viele Einzelzellen zu untersuchen, um eine repräsentative Aussage über die räumlichen Strukturen der Gesamtkultur zu tätigen. Ein Team von Fachleuten der TU München, der TU Berlin und des Helmholtz-Zentrums Hereon hat diese Herausforderung nun bewältigt. Möglich machte das die Zusammenarbeit mit einer weiteren Forschungseinrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft, dem DESY.
Lösung: Mikro-Computertomografie mit hoch brillanter Synchrotonstrahlung
„An Deutschlands größtem Beschleunigerzentrum – dem Deutschen Elektronen-Synchroton DESY – haben wir auf Basis von Mikro-Computertomografie mittels hoch brillanter Synchrotronstrahlung und 3D-Bildverarbeitung eine Methode entwickelt, die es zum ersten Mal ermöglicht, die Entwicklung der Form einer ganzen Pilzkultur in einem Bioprozess hochaufgelöst und dreidimensional stetig zu verfolgen“, erläutert Henri Müller von der TU München, Erstautor der Studie, die im Fachjournal Biotechnology & Bioengineering veröffentlicht wurde.
„Dank einer nahezu vollständigen Automatisierung der Datenerhebung und Bildprozessierung konnten in der vorliegenden Studie mehrere Tausend Pilzhyphen untersucht werden und somit statistisch aussagekräftige Messdaten zum Wachstum der Pilzkulturen erhalten werden“, berichtet Hereon-Forscher Jörg Hammel.
Ansatz zur Verbesserung biotechnologischer Prozesse
Die Bedeutung dieser Arbeit ordnet Heiko Briesen von der TU München ein: „Mit Hilfe der Mikro-Computertomografie können wir uns den inneren Aufbau der Pilzpellets mit einem völlig neuen Detaillierungsgrad ansehen.“ Solche Daten könnten nun unter anderem in Modelle eingehen, die das Wachstum von Schimmelpilzen und deren Produktivität voraussagen können, sagt der Forscher. Letztlich ermöglicht das wiederum, biotechnologische Prozesse mit Pilzkulturen zu optimieren.
bl