Duschwasser für hydroponische Farmen

Duschwasser für hydroponische Farmen

In Berlin kombinieren Forschende die Duschen einer Beachvolleyballanlage mit vertikalen Farmen für Salat, Kräuter und essbare Blüten.

In acht Säulen wachsen die Pflanzen des „Shower Tower 61“ auf der Rückseite der Duschen in der Berliner Beachvolleyballanlage.
In acht Säulen wachsen die Pflanzen des „Shower Tower 61“ auf der Rückseite der Duschen in der Berliner Beachvolleyballanlage.

Die Transportwege vom Anbau bis zum Verbraucher zu verkürzen, ist eine der zentralen Motivationen für die urbane Landwirtschaft. Weitere Punkte sind Ressourceneffizienz im Anbau und vor allem auch die Kreislaufführung wertvoller Ressourcen. Vertikale hydroponische Farmen verkörpern diesen Ansatz mustergültig: Darin wachsen die Pflanzen in flüssiger Nährlösung statt in Erde, und mehrere Ebenen dieser Anbauflächen können problemlos übereinandergestapelt werden, was den Grundflächenbedarf minimiert. In Berlin testen Forscher nun, ob solche Farmen auch mit aufbereitetem Grauwasser versorgt werden können.

Salat an der Duschrückwand

In der Beachvolleyballanlage „Beach 61“ im Gleisdreieckpark hat das Team der TU Berlin an der Rückseite der Duschen acht zwei Meter hohe Vierkantsäulen als vertikale Farmen installiert – der „Shower Tower 61“. Mit üblichen Methoden wird das Abwasser der Duschen aufbereitet und dient dann zur Berieselung der Pflanzenwurzeln in den hydroponischen Farmen. Salate, Kräuter, Kohl, Rüben und essbare Blüten wachsen dort in jeweils 16 Pflanzrohren je Vierkantsäule. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Projekt als Machbarkeitsstudie

„Vier Fragen sind es, die wir mit unserer Farm analysieren wollen“, erläutert Grit Bürgow, Leiterin des Projekts. „Erstens: Gelingt es, Duschwasser mit gängigen Technologien so aufzubereiten, dass es für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden kann und die Salate und Kräuter für den Verzehr völlig unbedenklich sind? Zweites: Eignet sich eine solche vertikale hydroponische Farm für die lokale kommerzielle wie nichtkommerzielle Lebensmittelproduktion in einem städtischen Umfeld wie Berlin? Drittens: Gelingt es, die Bevölkerung in ein solches Projekt dauerhaft einzubinden mit dem Ziel, dass solche blau-grünen Infrastrukturen von den Menschen künftig eigenverantwortlich betrieben und genutzt werden? Viertens: Welche Auswirkungen hat eine solche Hydroponik-Farm kombiniert mit verdunstungswirksamen Schilf-Hochbeeten auf das städtische Mikroklima?“

Beachbar als künftiger Nutzer?

Sollte sich bestätigen, dass das gebrauchte Duschwasser so aufbereitet werden kann, dass es die DIN-Norm für Bewässerungswasser erfüllt und damit gesundheitlich unbedenklich für den Einsatz mit Nahrungsmitteln ist, geht es als nächstes um die Frage der weiteren Verwendung des Reallabors. Ein zukünftiger Nutzer der Kräuter und Salate aus dem „Shower Tower 61“ könnte nämlich die benachbarte Beachbar sein, mit deren Betreibern die Forscher bereits in engem Austausch stehen. „Dieser Austausch ist wichtig, um herauszufinden, auf welche Akzeptanz solche innovativen Ideen für die städtische Nahrungsmittelproduktion in der Bevölkerung stoßen, ob die Betreiber Interesse daran haben, die Salate und Kräuter in ihrer Beachbar zu verwerten, und es ein realistisches Szenario wäre, dass sie nach Ablauf der Reallaborforschung eine solche Farm mit oder gar in eigener Regie bewirtschaften würden.“

bl