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Pflanzen brauchen Wasser zum Wachsen. Der Nachschub an Flüssigkeit erfolgt dabei über die Wurzeln. Wie stark die Wasseraufnahme ist, bestimmt ein Hydrauliksystem, das ähnlich wie bei Maschinen funktioniert. Ein Unterdruck sorgt dafür, dass Pflanzen das Wasser aus der Erde saugen. Die Saugkraft beruht dabei auf dem Unterdruck in den pflanzlichen Versorgungskanälen, der durch die Wasserverdunstung an den Zellwänden der Blätter entsteht. Doch der Druck in diesem Netzwerk ist mit minus 100 bar bei Pflanzen in der Regel limitiert. Warum das so ist, war bisher unklar. Ein internationales Forscherteam aus Botanikern und Physikern liefert darauf nun eine Antwort.  

Lipide sorgen für Bildung von Hohlräumen im Pflanzensaft

„Durch die temperaturbedingten zufälligen Bewegungen von Wassermolekülen bilden sich in der Flüssigkeit regelmäßig winzige Hohlräume“, erklärt Philip Loche, Doktorand im Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin und Mitautor der Studie. Normalerweise sorgen die Kohäsionskräfte des Wassers dafür, dass sich die Höhlen wieder schließen. Mit Hilfe atomistischer Simulationen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass offenbar wasserunlösliche Naturstoffe, sogenannte Lipide, das verhindern. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich in den Pflanzenflüssigkeiten Hohlräume bilden, auch Kavitäten genannt.

Lipidaggregate für Drucklimit verantwortlich

Wie das Team im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichtet, sorgen Lipidaggregate dafür, dass sich bei Unterdruck die Hohlräume extrem schnell ausdehnen und die Wassersäule abreißt. Der Studie zufolge wird dadurch die Stärke der maximal tolerierbaren Unterdrücke dramatisch reduziert, von mehr als minus 1.000 bar in reinem Wasser auf weniger als minus 100 bar in den Pflanzensäften. Die Folge: Die Moleküle im Pflanzensaft kleben gewissermaßen zusammen. Diese zusammengelagerten Lipide sind der Studie zufolge die Ursache für das bei Pflanzen vorherrschende Drucklimit.

Unterdrücke erschweren Wasseraufnahme auf trockenen Böden

Die Forscher liefern damit erstmals eine Erklärung, warum Pflanzen nicht beliebig viel Wasser aus dem Boden saugen und damit nur eingeschränkt auch auf trockenen Böden überleben können. „Die größten negativen Drücke in Pflanzen findet man in Gegenden, wo Wasserknappheit herrscht“, ergänzt Matej Kanduč, Physiker am Jožef Stefan Institute in Ljubljana und Erstautor der Studie. Da in vielen Regionen der Erde durch den Klimawandel die Böden jedoch immer trockener werden, müssten Pflanzen gegen einen großen Widerstand ankämpfen, um Wasser aus dem Boden zu ziehen, so Kanduč weiter. Eine höhere Saugkraft wäre da von Vorteil.

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Plants need water to grow. The supply of liquid is provided by the roots. How much water is absorbed is determined by a hydraulic system that works similar to machines. A negative pressure ensures that plants suck the water out of the soil. The suction power is based on the negative pressure in the plant supply channels, which is created by the evaporation of water on the cell walls of the leaves. But the pressure in this network is usually limited to minus 100 bar for plants. Until now it was unclear why this is so. An international research team of botanists and physicists is now providing an answer.

Lipids ensure the formation of cavities in the plant sap

„Due to the random movements of water molecules caused by temperature, tiny cavities are regularly formed in the liquid“, explains Philip Loche, doctoral student in the Department of Physics at Freie Universität Berlin and co-author of the study. Normally, the cohesion forces of the water ensure that the caves close again. Using atomistic simulations, the scientists were able to show that apparently water-insoluble natural substances, so-called lipids, prevent this.They are responsible for the formation of cavities, also called cavities, in the plant fluids.

Lipid aggregates responsible for pressure limit

As the team reports in the journal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), lipid aggregates cause the cavities to expand extremely quickly under negative pressure and the water column to break off. According to the study, this dramatically reduces the strength of the maximum tolerable pressures, from more than minus 1,000 bar in pure water to less than minus 100 bar in plant juices. As a result, the molecules in the plant sap stick together to a certain extent. According to the study, these agglutinated lipids are the cause of the pressure limit prevailing in plants.

Vacuum makes water absorption more difficult on dry soils

The researchers are thus providing the first explanation as to why plants do not suck as much water out of the soil as they like and can therefore only survive on dry soils to a limited extent. „The greatest negative pressures in plants are found in areas where water is scarce“, adds Matej Kanduč, physicist at the Jožef Stefan Institute in Ljubljana and first author of the study. However, as climate change is causing the soil in many regions of the world to become drier and drier, plants would have to struggle against great resistance to draw water from the soil, Kanduč continues. A higher suction power would be an advantage.

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Mikroalgen sind ein Hoffnungsträger für die Bioökonomie. Nicht nur die Hersteller von Lebens- und Futtermitteln setzen auf die proteinhaltigen Organismen. Auch für die Herstellung von Biosprit, neuen Kunststoffen oder als Abwasserreiniger gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Ein Problem dabei ist jedoch, dass Aufzucht und Aufbereitung der Mikroalgen bisher noch nicht effizient genug sind. Vor allem die Extraktion relevanter Inhaltsstoffe wie Proteine, Fette oder Feinchemikalien ist eine Herausforderung.

Im Verbundprojekt “ABiRe: Entwicklung und Implementierung einer innovativen aquatischen Bioraffinerie für die Mikroalge Chlorella sorokiniana sowie die Wasserlinse Lemna minor” arbeiten Forscher der Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH) und der Sea & Sun Organic GmbH mit russischen Partnern seit dreieinhalb Jahren an einem Verfahren, um diese Hürden zu meistern. Die Arbeit des Teams wird im Rahmen der Fördermaßnahme Bioökonomie International seit 2017 vom Bundesforschungsministerium mit 700.000 Euro gefördert.   

Grundstoffe für Lebens-und Futtermittelindustrie

Im Fokus des Vorhabens stehen nicht nur Mikroalgen, sondern auch Wasserlinsen, die ebenfalls reich an Proteinen sind. „Die Idee ist, auf der Basis von Mikroalgen und Wasserlinsen eine Bioraffinerie aufzubauen, die Grundstoffe für die Lebensmittel- und Futtermittelindustrie liefert und die Reststoffströme, wie in einer klassischen Raffinerie, weiterzunutzen“, erklärt Kerstin Kuchta, Projektkoordinatorin an der TUHH. Anvisiert wurde jeweils die weitere Nutzung der Reststoffströme zur Energiegewinnung mit dem Ziel, CO2-Neutralität zu erreichen. Darüber hinaus sollte ein Substrat zur Abwasserbehandlung aus Wasserlinsen gewonnen werden. Während Kuchtas Kollegen vom Hamburger Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft die Mikroalge Chlorella sorokiniana dafür ins Visier nahmen, widmeten sich die russischen Partner der Wasserlinse Lemna minor.

Kultivierung und Extraktion optimieren

Dem ABiRe-Team ging es vor allem um die Entwicklung eines innovativen Ansatzes zur Optimierung des Kultivierungs- und des Extraktionsprozesses, um so die Rentabilität einer aquatischen Bioraffinerie zu verbessern. Zunächst mussten die Forscher einen Weg finden, große Mengen an Mikroalgen zu produzieren. Hier konnten die Hamburger auf frühere Erfahrungen in der Algenzucht zurückgreifen. Unter anderem wurde der Erntezyklus verfahrenstechnisch optimiert.

Der Tag, an dem Deutschland seinen Anteil an den weltweit zur Verfügung stehenden Ressourcen verzehrt hat, rückt seit Jahren immer weiter nach vor. Lag der Erdüberlastungstag im Jahr 2000 noch auf dem 23. September, lebt Deutschland in diesem Jahr bereits ab dem 3. Mai auf Kredit. Der Tag wird jährlich vom Global Footprint Network errechnet und verdeutlicht den Anteil der Länder an den globalen Ressourcen. In diesem Jahr ist der Stichtag allerdings nur eine Prognose und orientiert sich am Vorjahr.  Auf Grund der Corona-Pandemie fehlt es aktuell an Daten für eine fundierte Berechnung. Der Erdüberlastungstag zeigt, dass Ökosysteme wie Acker- und Weideland oder Wald schneller verbraucht werden, als sie sich erneuern können, und dass mehr CO2 ausgestoßen wird, als die Natur aufnehmen kann. 

Krise als Chance für dauerhaften Wandel

Die Bioöonomie hat das Potenzial, diesen Negativtrend zu stoppen. Darüber sind sich Experten aus Politik, Wirtschaft und Forschung einig. Gerade die Corona-Krise, die Deutschland seit Mitte März beherrscht, scheint immer mehr Menschen hierzulande für Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu sensibilisieren. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2020, das in diesem Jahr die Bioökonomie ins Rampenlicht stellt. Danach sehen 27% aller Deutschen in der Pandemie die Option für ein Umdenken in Richtung nachhaltiger und klimafreundlicher Wirtschaftsweise. „Viele Menschen sehen in der Krise die Chance für einen dauerhaften Wandel“, erklärt Markus Vogt, Mitglied im Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern.

Umbruch als Aufbruch nutzen

Vogt plädiert dafür, diesen Umbruch auch als Aufbruch zu nutzen, und verweist auf die zahlreichen Konjunkturprogramme, die aufgelegt wurden, um die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns abzufedern. „Es geht jetzt darum, das Geld nicht in veraltete Strukturen zu investieren, sondern in die Wirtschaft, die wir in Zukunft brauchen. Die Bioökonomie bietet hierfür entscheidende Perspektiven, weil sie auf klimaverträglichem Wirtschaften basiert, nachwachsende Rohstoffe erschließt und weil sie Abfall vermeidet“, erklärt Vogt.

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The day on which Germany has consumed its share of the world's available resources has been advancing for years. While the Earth Overshoot Day in 2000 was still on 23 September, this year Germany is already living on credit from 3 May. The day is calculated annually by the Global Footprint Network and illustrates the share of countries in global resources. This year, the cutoff date is, of course, only a forecast and is based on the previous year. Due to the corona pandemic, there is currently a lack of data for a reliable calculation. Earth Overload Day shows that ecosystems such as arable and pastureland or forest are consumed faster than they can renew themselves and that more CO2 is emitted than nature can absorb.

 

Crisis as an opportunity for lasting change

Bioeconomy has the potential to stop this negative trend. Experts from politics, industry and research agree on this. Especially the corona crisis, which has dominated Germany since mid-March, seems to be making more and more people in this country aware of sustainability and climate protection. This is shown by a survey conducted by the opinion research institute Civey as part of the Science Year 2020, which this year is putting the bioeconomy in the spotlight. According to the survey, 27% of all Germans see the pandemic as an option for a rethink towards a sustainable and climate-friendly economy. "Many people see the crisis as an opportunity for permanent change," explains Markus Vogt, member of the Bioeconomy Council of Experts in Bavaria.

Using upheaval as a breakthrough

Vogt argues that this radical change should also be used as an opportunity for new beginnings and refers to the numerous economic stimulus packages that have been launched to cushion the economic consequences of the lockdown. "What matters now is not to invest the money in outdated structures, but in the economy that we need in the future. The bioeconomy offers decisive perspectives for this because it is based on climate-friendly economic activity, develops renewable resources and avoids waste," explains Vogt.

Resilienz – darunter verstehen Psychologen jene psychische Widerstandskraft, die Menschen dabei hilft, Schicksalsschläge und Krisen durchzustehen. Auch in der Wirtschaft ist Resilienz ein wichtiges Thema – in der Corona-Krise ist dieses Konzept so relevant wie nie. Der Professor für Agrar- und Ernährungspolitik Peter H. Feindt erforscht an der Berliner Humboldt-Universität, wie resilient biobasierte Produktionssysteme sind und wie sich dieser Zustand verbessern lässt. Das Projekt Policy Designs für resiliente Bioökonomie – PolDeRBio“ wird noch bis 2022 vom Bundesforschungsministerium unterstützt.

 

Die Photosynthese ist der wichtigste Stoffwechselprozess in der Natur und damit Grundlage für das Leben auf der Erde. Dafür brauchen Pflanzen neben Wasser und Kohlendioxid vor allem Licht. Seit geraumer Zeit ist jedoch bekannt, dass noch andere Mitspieler für das Gelingen der Photosynthese entscheidend sind: die Phytochrome. Dabei handelt es sich um Photorezeptor-Proteine, die das Verhältnis von hellrotem zu dunkelrotem Licht messen und Lichtreize wie die Ergrünung von Pflanzenteilen oder die Samenkeimung bestimmen. Wie Phytochrome im molekularen Detail funktionieren, war bisher unklar. Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Freien Universität Berlin liefern in einer Strukturanalyse nun eine erste Antwort. Die Arbeit der Forscher wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.

3D-Struktur pflanzlicher Phytochrom-Moleküle aufgeklärt

Phytochrome steuern wesentliche biochemische Prozesse in der Zelle. Sie sind in der Lage, auch äußerst schwaches Licht wahrzunehmen und sogar Farben zu unterscheiden. So können sie Blätter in ihrer Nachbarschaft erkennen und bei einer möglichen Gefahr reagieren. Diese Moleküle sind sozusagen die Augen der Pflanze. Mithilfe von röntgenkristallographischen Messungen am BESSY-II-Synchrotron in Berlin konnte ein Team um Jon Hughes vom Gießener Institut für Pflanzenphysiologie erstmals die dreidimensionalen Strukturen verschiedener pflanzlicher Phytochrom-Moleküle aufklären und damit Antworten auf wichtige Fragen finden.

Pflanze nimmt Licht über Bilin-Pigment auf

So wurde sichtbar, dass das Licht über das so genannte Bilin-Pigment aufgenommen wird und eine chemische Verbindung zwischen dem Bilin und dem Protein besteht. Sobald das Bilin-Pigment durch Lichtenergie angeregt wird, beginnt es sich zu drehen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Nature Plants". Dadurch ändere sich die Wechselwirkung mit dem Protein, sodass ein Teil seiner Struktur auseinandergerissen und neu gebildet werde. Der Studie zufolge wird dadurch die Weiterleitung des Lichtsignals eingeschaltet. „Mit unserer Grundlagenforschung wollen wir herausfinden, wie Phytochrome funktionieren. Dabei sind wir nun einen großen Schritt weitergekommen, aber es gibt noch eine Menge zu tun“, so Hughes und verweist auf die gentechnischen Methoden, die es schon heute ermöglichen, das Phytochromsystem von Nutzpflanzen so zu verändern, dass diese besser wachsen und höhere Ernteerträge erzielen.

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Wasserstoff soll nach dem Willen der Bundesregierung mittelfristig ein wichtiger Energieträger werden und fossile Energieträger ablösen, die den Klimawandel vorantreiben. Bislang jedoch wird Wasserstoff vor allem chemisch mittels Elektrolyse produziert, die viel Strom verbraucht – und der wird derzeit noch zum überwiegenden Teil aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Ein Team der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat nun einen biotechnologischen Ansatz präsentiert, der perspektivisch auch ohne Ökostrom eine wirklich klimafreundliche Wasserstofferzeugung ermöglicht.

Sonnenenergie direkt in Wasserstoff speichern

Normalerweise binden Pflanzen und Cyanobakterien bei der Photosynthese unter Zuhilfenahme von Sonnenenergie und Wasser Kohlendioxid in Kohlenstoffverbindungen. Bei deren späteren Nutzung wird das Treibhausgas dann wieder freigesetzt. Wie sich diese Emissionen vermeiden lassen, schildert die Gruppe um Kirstin Gutekunst im Fachjournal „Nature Energy“: „Dazu kommt insbesondere die Speicherung von Sonnenenergie direkt in Form von Wasserstoff infrage – dabei entsteht kein CO2 und der Wirkungsgrad ist durch die direkte Umwandlung sehr groß“, erklärt Gutekunst.

Enzym direkt angekoppelt

Tatsächlich gibt es bestimmte Cyanobakterien, die diesen Trick zumindest kurzzeitig beherrschen. „Das von uns untersuchte Cyanobakterium nutzt ein Enzym, die sogenannte Hydrogenase, um den Wasserstoff aus Protonen und Elektronen zu gewinnen“, erläutert Gutekunst. „Die Elektronen stammen dabei aus der Photosynthese. Uns ist es gelungen, die Hydrogenase so an das sogenannte Photosystem I zu fusionieren, dass die Elektronen bevorzugt für die Wasserstoffproduktion genutzt werden, während der normale Stoffwechsel in geringerem Umfang weiterläuft.“

Vorteile der lebenden Zelle

Genau das ist Forschern zwar auch schon im Reagenzglas gelungen, doch dieser Komplex ist kurzlebig und muss permanent erneuert werden. „Der Stoffwechsel der lebenden Cyanobakterien repariert und vervielfältigt die Fusion aus Hydrogenase und Photosystem und gibt sie bei der Teilung an neue Zellen weiter, so dass der Prozess im Prinzip dauerhaft ablaufen kann“, schildert Gutekunst den Vorteil des lebenden Systems. Mit diesem In-vivo-Ansatz sei es erstmals gelungen, eine solare Wasserstoffproduktion über eine Fusion aus Hydrogenase und Photosystem in der lebenden Zelle zu realisieren.

Störender Nebenprozess

Noch hat der Prozess jedoch ein typisches Problem vieler enzymatischer Verfahren: Sauerstoff stört die Aktivität der Enzyme. Momentan behelfen sich die Forscher deshalb mit einem Trick, der langfristig jedoch überflüssig werden soll. Denn irgendwann, so die Hoffnung, soll aus dem ökologisch attraktiven ja auch ein ökonomisch attraktives Verfahren werden.

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Hitze, Wasser- oder Nährstoffmangel setzen Pflanzen unter Stress und führen oft zu Ernteausfällen. Gelbe oder braune Blätter sind Zeichen, dass die Pflanze kränkelt. Doch ist die Schädigung erst einmal sichtbar, ist es für eine Rettungsaktion meist schon zu spät – denn die Symptome zeigen sich erst in der späten Stressphase. Was Hobbygärtner ärgert, kann für professionelle Gartenbauer und Landwirte jedoch existenziell sein. Mit einem mobilen Fitnesscheck will Phytoprove Pflanzenanalytik Abhilfe schaffen und damit zu einer bedarfsgerechten und umweltschonenden Düngepraxis beitragen.

Für die Idee wurde das Start-up von Daniel Weber und Thomas Berberich mit dem diesjährigen Leibniz-Gründerpreis ausgezeichnet. Das Preisgeld von 50.000 Euro soll das junge Unternehmen in der weiteren Gründerphase unterstützen. Phytoprove ist ein Spin-off des zur Leibniz-Gemeinschaft gehörenden Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums (SBiK-F) in Frankfurt am Main.

Vitalcheck auf nicht-invasive Art

Mit seiner mobilen Messmethode konnte sich Phytoprove gegen neun weitere Nominierte durchsetzen. Entscheidend war, dass die Geschäftsidee eine Frühdiagnose von Pflanzenschädigungen und damit ein rechtzeitiges Gegensteuern ermöglicht. Der Fitnesscheck basiert auf der Analyse des Photosynthese-Systems. Dabei wird der physiologische Zustand der Pflanze auf nicht-invasive Art gemessen. Die Vitalfunktionen werden über eine Art Clip erfasst, der an den Blättern befestigt wird. Die Daten vom Clip können direkt über eine App auf ein Smartphone oder Tablet übertragen werden. So kann der Nährstoffbedarf festgestellt und bewertet werden, wie gesund die Pflanze ist und ob Dünger eingesetzt werden muss.

Druck und Temperatur – das sind neben dem pH-Wert und den Reaktandenkonzentrationen oft die wichtigsten Parameter einer chemischen Synthese. Doch auch in biotechnologischen Prozessen kann Druck eine entscheidende Rolle spielen und die Arbeit der Enzyme beeinflussen. Bislang ist darüber jedoch wenig bekannt. Die strategische Allianz „prot P.S.I.“ (Protein Pressure Specific Activity Impact) will daran etwas ändern.

In der Lebensmittelindustrie etabliert

„Innovationen entstehen durch die Übertragung von Technologien in andere Wissenschaftsgebiete“, sagt Andreas Liese, Bioverfahrenstechniker an der TU Hamburg. „Druck ist so ein Thema.“ Gemeinsam mit Gregor Liebsch von der Firma PreSens Precision Sensing leitet er das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit Januar 2018 mit rund 7,5 Mio. Euro geförderte Projekt „prot P.S.I.“. Sie ist eine von deutschlandweit acht strategischen Allianzen der "Innovationsinitiative industrielle Biotechnologie". In Asien und auch Nordamerika sei hoher Druck in Bioprozessen bereits ein Thema, schildert der Forscher. So würden in der Lebensmitteltechnologie beispielsweise Drücke von 6.000 bar – dem 6.000-fachen Atmosphärendruck – genutzt, um in der Fruchtsaftherstellung Proteine zu denaturieren und so Bräunungsreaktionen zu verhindern. Der dazu nötige wenige Sekunden kurze Wasserschock denaturiert spezifisch Proteine und verändert die Textur der Säfte weit weniger, als das bei dem in Europa üblichen thermischen Verfahren der Fall wäre.

Doch das aktuelle Forschungsprojekt interessiert sich für den Zwischenbereich – zwischen den heute üblichen niedrigen Reaktionsdrücken und den etwa 3.000 bar, oberhalb derer die Denaturierung erfolgt. „Unter 300 bar beobachtet man positive Effekte, sowohl bei der Stabilität der Enzyme als auch bei deren Aktivität“, erläutert Liese. So wisse man zum Beispiel auch, dass die von hoher Temperatur oder hohem Druck erzeugten Schäden am Enzym sich manchmal verringern, wenn man beide Parameter zugleich erhöht. Außerdem lässt sich durch den Druck das Reaktionsgleichgewicht verschieben, mit dem Effekt, dass mehr vom Ausgangsstoff zum Produkt umgesetzt wird. „Wir wollen daher den Druck als neuen Parameter in der biotechnologischen Industrie einführen.“

Insekten haben als Quelle für Proteine und Fette viele Vorteile. Im Tierfutter können sie ökologisch bedenkliches Soja oder Fischmehl zum Teil ersetzen. Soja wird vielfach in Regenwaldgebieten angebaut, die zuvor gerodet wurden. Massenhafter Fischfang trägt zur Überfischung der Meere bei. Als Alternative bieten sich nahrhafte Fliegenlarven an. Sie vermehren sich enorm schnell und ernähren sich von dem, was Laien üblicherweise als Abfall bezeichnen. Die Wissenschaftler sprechen indes lieber von Reststoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Zudem „verbraucht“ die Insektenzucht keine Anbauflächen. Larven-Trockenmasse bestehe zu fast 50 Prozent aus Proteinen und zu 50 Prozent aus Fetten, erklärt der Biotechnologe Harald Wedwitschka vom Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ). Im Vergleich zum herkömmlichen Tierfutter ist Insektenmehl „qualitativ ähnlich und nachhaltiger“. Derzeit gibt es einige Nischenprodukte, zum Beispiel antiallergenes Hundefutter.

Doch aktuell sind Produkte aus Insektenmehl im Großen und Ganzen noch nicht wirtschaftlich, betont Wedwitschka. Genau das möchte der Biotechnologe ändern. Am DBFZ in Leipzig schafft er die Basis für wettbewerbsfähige Insektenprodukte – insbesondere als Rohstoff für die Industrie. Wedwitschka und sein Team sind Teil des BMBF-Verbundvorhabens Competitive Insect Products (CIP). Gemeinsam mit einem Fliegenzucht-Betrieb, der Hermetia Baruth GmbH, wollen sie Insekten mit Reststoffen füttern und aus den Larven anschließend hochwertige Insektenproteine und -fette gewinnen. Denkbar sind viele Verwertungsmöglichkeiten, zum Beispiel als Kosmetika oder biologisch abbaubare Waschmittel. Neben der Nutzung von Reststoffen – etwa aus der Lebensmittelindustrie – bietet sich noch ein weiterer großer Vorteil: Erdölbasierte Produkte ließen sich durch biobasierte ersetzen.

Im Fokus steht die Wettbewerbsfähigkeit

Derzeit sehen die Forscher des CIP-Projektes besonders hochwertige Schmierstoffe als marktfähige Produkte an. „Unser Hauptansatz sind derzeit Olefine. Wir fokussieren uns auf biologisch abbaubare Hochleistungsschmierstoffe für Stoßdämpfer oder Leichtlauföle“, erläutert Projektleiter Wedwitschka. Diese kann man dort einsetzen, wo keine mineralölbasierten Stoffe aus Gründen des Gewässerschutzes verwendet werden dürfen, etwa bei Kettensägen im Forstbetrieb. Ebenso unerwünscht sind erdölbasierte Fette bei technischen Anlagen in der Lebensmittel-Herstellung. „Auch viele Fahrrad- oder Motorradfahrer möchten biobasierte und biologisch abbaubare Kettenöle“, sagt er. Statt wie heute noch vorwiegend in Meisenknödeln zu landen, können Fette aus Insekten als Basisstoffe für die Industrie dienen.

Der Forschungsverbund mit dem vollständigen Namen "Entwicklung einer kostengünstigen Wertschöpfungskette für biobasierte Olefine und Komplexnährmedien auf Basis von Insektenbiomasse für die industrielle Anwendung (CIP)“ steht unter dem Dach der Förderinitiative „Maßgeschneiderte biobasierte Inhaltsstoffe für eine wettbewerbsfähige Bioökonomie“.  Im Oktober 2017 startete das BMBF die dreijährige Förderung mit einer Fördersumme von knapp 560.000 Mio. Euro.

Biologogisch abbaubares Öl für Fahrradketten

Für wettbewerbsfähige Insektenprodukte müssen als wichtige Voraussetzung die Produktionskosten niedrig sein. Daher setzen die Wissenschaftler auf die Schwarze Soldatenfliege (Hermetia Illucens). Anders als die heimische Stubenfliege benötigt die erwachsene Soldatenfliege keinerlei Futter – ihr Leben dient nur der Erzeugung von großen Mengen an Nachwuchs. Dies hat auch den Vorteil, dass die Fliegen keine Krankheiten übertragen können, da sie sich nicht wie Stubenfliegen abwechselnd auf Exkremente und Nahrungsmittel niederlassen. Die Larven der Soldatenfliege ernähren sich dagegen von nahezu allem totem organischen Material – egal ob Pflanzenreste oder tierische Abfälle. An dieser Stelle setzte das CIP-Projekt ein: Das Team ging als ersten Schritt die „substratseitige Kostenreduktion“ an, erklärt Wedwitschka. „Wie sehr mögen Insekten etwa Agrarreststoffe, Maissilage, Biertreber oder Reststoffe aus der Biokraftstoffherstellung?“ Silage sind vergorene Reste von Pflanzen. Bislang wird meist – vergleichsweise teures – Schweinefutter zur Insektenzucht eingesetzt.

Hühnerkot und Biertreber als Futter

Neben den optimalen Wachstumsbedingungen der Larven untersuchte das Forschungsprojekt die Einkaufpreise der verschiedenen Futterquellen sowie Lagerungs- und Transportkosten. Wedwitschkas Fazit: „Vielversprechend erscheinen Hühnertrockenkot, Maissilage und Reststoffe der Bioethanol-Herstellung“. In einem anderen Teil des Projektes untersucht das CIP-Team gemeinsam mit Forschern der Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg e.V. wie Produkte möglichst kostengünstig hergestellt werden können. In der Versuchsanlage zur Gewinnung und Verarbeitung von Pflanzenölen und -proteinen entwickelten sie erste Raffinationsschritte für Schmieröle.

Im Zuge der Prozessoptimierung überprüfte Wedwitschka auch, ob es sich lohnt, die Larvenzucht an Biogasanlagen zu koppeln: „Das unverdaute Material, die Häute der Larven und die Exkremente eigen sich sehr gut als Co-Substrat für Biogasanlagen“, lautet seine Schlussfolgerung. Zudem liefert eine Biogasanlage quasi frei Haus die notwendige Wärme für die Insekten. Die Reststoffe aus der Insektenzucht könnten als „weitere Optionen als Material für Bioheizwerke, Düngemittel oder als Kultursubstrate für die Pilzzucht dienen“.

In Folgeprojekten möchten sich Wedwitschka und seine Partner verstärkt Langzeittests widmen. Dabei geht es etwa um die Haltbarkeit der Schmierfette. Ebenso wichtig sind Fragen der Vermarktung oder die Nachfrage-Erforschung. Bis zu wettbewerbsfähigen Produkten im Sinne der Bioökonomie sind viele Schritte notwendig. Einen guten Teil der Wegstrecke haben die Forscher im Rahmen des CIP-Projektes aber schon zurückgelegt und so die Basis geschaffen, dass Kunden und Verbraucher in Zukunft die Vorzüge von nachhaltigen Insektenprodukten honorieren.
 
Autorin: Ulrike Roll

Ob Isolierverpackungen aus Jute, Brillen aus Holz oder Biokomposite aus Hanf: Der Gründerwettbewerb „PlanB – Biobasiert.Business.Bayern.“ hat seit seinem Start 2014 vielen nachhaltigen Ideen auf die Sprünge geholfen. In den bisherigen drei Runden wurden Konzepte von etwa 100 Teilnehmern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz weiterentwickelt. Nun hat der Initiator des Wettstreits, die BioCampus Straubing GmbH, die nächste Förderrunde gestartet.

Förderung in Krisenzeiten

Mit dem Start der vierten Staffel wollen die Initiatoren und Unterstützer des Wettbewerbs gerade in der derzeitigen Krisensituation nachhaltige Start-ups und Unternehmen mit einer Förderung voranbringen. Gesucht werden Geschäftsideen zu Prozessen, Verfahren, Produkten und Dienstleistungen für eine nachhaltige und biobasierte Wirtschaft. Mitmachen können sowohl Start-ups als auch Unternehmen, die nicht älter als sieben Jahre sind.

Businessmodelle mit Experten weiterentwickeln

Bis zum 16. August können Start-ups und Unternehmen ihre nachhaltigen Geschäftsideen online auf der Webseite von PlanB einreichen. Danach wird eine Expertenjury die eingereichten Projekte aus- und bewerten. Die Gründer mit den besten Vorhaben können in einer Beratungsphase ab Herbst ihre Businessmodelle weiterentwickeln. Sie erhalten Coaching-Workshops und individuell auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Business-to-Business-Talks, um ihre Strategie zu optimieren.

Pitch der Finalisten im Februar 2021

Auch Partner, Kunden oder Investoren aus dem PlanB-Expertennetzwerk können vermittelt werden. Im Februar 2021 werden die Finalisten ihre Geschäftsideen in einem Pitch vor einem großen Publikum aus Wirtschaft, Politik, Investoren und Branchenexperten vorstellen. Die Sieger erwarten Preisgelder in Höhe von insgesamt 25.000 Euro.

Rund 500 Millionen Tonnen Reis werden weltweit jährlich produziert. Als Ernteabfälle entstehen entsprechend große Mengen an Reisschalen und Reisstroh, die von den Landwirten häufig vor Ort verbrannt und dann als Asche auf die Felder verteilt werden. Da die Ernteabfälle viele kohlenstoffhaltige Moleküle beinhalten, wird auf diesem Weg jede Menge Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen. Am Leibniz-Institut für Katalyse in Rostock haben Forscher nun eine Alternative entwickelt, von der nicht nur das Klima, sondern auch die Reisbauern profitieren.

Siliziumdioxid aus Agrarreststoffen

Neben Zucker und Lignin enthalten die Reisreste nämlich Siliziumdioxid. „Silizium ist für uns Chemiker ein interessanter Stoff“, erläutert Esteban Mejia, der die Ideen für das Projekt hatte. Silizium dient in der Katalyse als Trägermaterial, das den eigentliche Katalysator stabilisiert. Basierend auf einem an der Universität Rostock erdachten Konzept beschloss Mejia, eine spezielle Bioraffinerie zu entwickeln, in der aus den Ernteabfällen der Reisfelder das Silizium als Rohstoff gewonnen wird. Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Vorhaben bis Ende 2021 mit rund 300.000 Euro.

Silber als günstiger Katalysator

Bevor das Team ein Pilotprojekt in Vietnam umsetzen konnte, musste jedoch zunächst die Frage geklärt werden, welcher Katalysator für die Reaktion geeignet ist. Die üblichen Metallkatalysatoren wie Platin und Rhodium wären zu teuer gewesen: „Damit unser Verfahren im ländlichen Raum funktioniert, muss es einfach sein und darf nicht viel kosten“, betont Mejia die Prämissen. Am Ende erwiesen sich Silberpartikel als bestes Material.

Grünes Licht für die Pilotanlage

Inzwischen gab es von Behördenseite grünes Licht für die Pilotanlage in Vietnam. Darin sollen künftig das Reisstroh und die Reisschalen bei sehr hohen Temperaturen und fast ohne Sauerstoff verbrannt werden, wodurch kaum CO2 freigesetzt wird. Die dabei entstehenden kohleartigen Stoffe sollen als Filter und Dünger genutzt werden. Daneben entsteht das gewünschte Siliziumdioxid. „Wenn wir der Reaktion Silbernitrat zusetzen, schlagen sich Nanoteilchen dieses Metalls auf den Körnchen des pulverisierten Siliziumdioxids nieder. Fertig ist der Katalysator!“, zeigt sich Mejia zuversichtlich.

Nebennutzen in der Modeindustrie

Sollte sich der Ansatz bewähren, beabsichtigen die Forscher, das Konzept der Reisbioraffinerie in andere Regionen und Länder wie Indien, Thailand und China zu exportieren. Darüber hinaus hat sich ein attraktiver Nebeneffekt gezeigt: Siliziumdioxid bindet die Silberpartikel sehr fest. Das macht die Verbindung attraktiv für die Modeindustrie, in der Silberpartikel als antibakterielle Beschichtung genutzt werden, die sich jedoch mit der Zeit löst und zellschädigend wirken kann. Siliziumdioxid als Träger könne also „die Haltbarkeit antibakterieller Schichten erhöhen, und vom Silber würde für die Umwelt keine Gefahr mehr ausgehen“, resümiert Mejia.

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Einem Team um den Marburger Max-Planck-Forscher Tobias Erb ist ein spektakulärer Meilenstein auf dem Gebiet der Synthetischen Biologie gelungen: Zusammen mit französischen Kollegen haben die Bioingenieure künstliche Zellen konstruiert, die Photosynthese betreiben können - und das auch noch deutlich schneller als die natürlichen Pendants. 

Die Photosynthese ist einer der ältesten Prozesse, um in Zellen Energie für den Stoffwechsel bereitzustellen. Mikroorganismen und Pflanzen erzeugen so aus Sonnenenergie, Kohlendioxid und Wasser Kohlenstoffverbindungen. Seit vielen Jahren träumen Chemiker davon, diesen Prozess nachzubilden und mittels Solarenergie und CO2 Zellen als winzige Bioreaktoren anzutreiben. Über ihre künstlichen Chloroplasten berichten die Forscher im Wissenschaftsjournal "Science" vor. Sie sind Ergebnis eines Projekts im  Forschungsnetzwerk MaxSynBioan dem neun Max-Planck-Institute beteiligt sind und das vom Bundesforschungsministerium seit 2014 gefördert wird. 

Ein Stück Natur, ein Stück Synthetische Biologie

Die Fähigkeit zur Photosynthese hat sich das Team beim Spinat abgeschaut und dessen Enzymkomplex isoliert, der für die Photosynthese verantwortlich ist. Dieser Lichtreaktion genannte Schritt stellt Energie und Wasserstoff bereit. Hinzu kommt der Kohlenstoff aus der sogenannten Dunkelreaktion, für die die Forscher ein künstliches Stoffwechselmodul aus 18 Biokatalysatoren entwickelten. Die daraus resultierende Kohlenstoffumwandlung übertrifft die Leistungsfähigkeit des natürlichen Kohlenstoffmetabolismus der Pflanze. Bereits vor einigen Jahren hatte Erbs Team mit diesem künstlichen Stoffwechselweg zur CO2-Fixierung die Fachwelt begeistert.

Automatisierte Herstellung der Mikrotröpfchen

Um auf dieser Grundlage massenhaft und zugleich individualisiert herstellbare Mikrotröpfchen zu entwickeln – eine Art künstliche Chloroplasten, also jene Organellen der Pflanzenzelle, in denen die Photosynthese abläuft – griff das Max-Planck-Team zur Mikrofluidik. Gemeinsam mit dem französischen Centre de Recherché Paul Pascal entwickelten sie eine Plattform, welche die zuvor hergestellte halbsynthetische Photosynthesemembran in zellähnliche Tröpchen einschließt. „Wir können eine Vielzahl identisch ausgestatteter Tröpfchen herstellen oder einzelne mit spezifischen Eigenschaften versehen“, schildert Tarryn Miller, Erstautorin der Studie.

100-mal schneller als bisherige synthetische Systeme

Im Praxistest erwies sich, dass der künstliche Chloroplast Kohlendioxid 100-mal schneller bindet als die bisherigen Ansätze der Synthetischen Biologie. „Langfristig könnten lebensechte Systeme in praktisch allen technologischen Bereichen Anwendung finden, einschließlich Materialwissenschaften, Biotechnologie und Medizin“, so Tobias Erb, der in Marburg Direktor am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie ist. Da das synthetische System nicht innerhalb der Grenzen evolutionär entstandener biologischer Systeme agieren muss, sind neuartige und besonders schlanke Lösungen möglich. Und als charmanten Nebeneffekt beziehen die künstlichen Chloroplasten ihren Kohlenstoff aus der Atmosphäre und wirken so dem Klimawandel entgegen – ein Effekt, der natürlich erst im Großmaßstab relevant wird.

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Möbel aus Tropenholz sehen edel aus, sind widerstandsfähig und zudem oft günstiger als vergleichbare Produkte aus heimischem Holz. Doch der Import dieser in den Tropen- und Subtropen beheimateten Hölzer ist seit langem umstritten, weil die Abholzung den Regenwald bedroht. Mit Resysta hat Bernd Duna eine nachhaltige Holzalternative etabliert, für die kein Baum gefällt werden muss. Der Holzersatzstoff gleicht in Optik und Haptik dem Original, besteht aber zu 60 Prozent aus Reishülsen - einem Reststoff aus der Landwirtschaft. Für die Entwicklung dieser optisch edlen Naturfasercompound wurde der Gründer und Geschäftsführer der in Bayern ansässigen Firma Resysta International 2018 mit dem Green Product Award ausgezeichnet.

Das ist eines der Ergebnisse der im Januar und Februar 2020 vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) durchgeführten Befragung zur Zukunftseinschätzung der Kommunen*. Alljährlich bittet das Difu Oberbürgermeister- und bürgermeisterinnen großer deutscher Städte um ihre Mitwirkung.

Knapp zwei Drittel der Befragten nennen den Klimaschutz als wichtiges kommunales Zukunftsthema. Damit hat sich die Zahl derer, die diesem kommunalpolitischen Handlungsfeld eine hohe Bedeutung zuschreiben, im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. Mehr als die Hälfte der Befragten sieht einen wachsenden Handlungsbedarf im Bereich Mobilität. Folgerichtig, wenn man bedenkt, dass urbane Mobilität ein wesentlicher Aspekt des kommunalen Klimaschutzes ist.

Das Top-Zukunftsthema der beiden Vorjahre, die Digitalisierung, wurde von gut einem Drittel der OBs als Zukunftsthema genannt, und ist damit in diesem Jahr auf Platz drei gerutscht. Weitere kommunalpolitische Themen, denen eine besonders hohe Zukunftsrelevanz beigemessen wurde, sind die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, die Finanzlage der Städte und die Stärkung der Wirtschaft.

 

 

* Die Umfrage wurde durchgeführt, bevor die Corona-Pandemie in Deutschland andere Themen in den Hintergrund drängte. Auch wenn in den Städten nach dem Ausnahmezustand wieder ein Stück weit Normalität eingekehrt sein sollte, wird der Blick der politisch Entscheidungstragenden auf die kommunale Welt ein anderer sein. Deswegen wird das Difu sich mit der Veröffentlichung der ausführlicheren Ergebnisse des OB-Barometers 2020 noch etwas Zeit lassen und hat hier den Fokus nur auf den kleinen Ausschnitt „Zukunftsfragen“ gerichtet.

Jedes Jahr erzeugt die chemische Industrie rund 100 Millionen Tonnen Methanol. Die Herstellung dieser wichtigen Basischemikalie basiert jedoch auf fossilen Rohstoffen und verursacht hohe CO2-Emissionen. Dabei wäre das genaue Gegenteil denkbar: Methanol lässt sich auch aus grünem Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugen. Doch Prozessanforderungen, um grünes Methanol im industriellen Maßstab zu produzieren, sind bislang wenig erforscht. Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt „Power-to-Methanol – Grünes Methanol“ will das ändern. Ein wichtiger Meilenstein hierfür ist eine Miniaturanlage zur Methanolsynthese, die randvoll mit Messtechnik ist.

Ungewöhnlich dynamischer Prozess

„Die Methanolsynthese im Rahmen sogenannter Power-to-Liquid-Verfahren bietet das Potenzial, CO2 beispielsweise aus Biomasse zu binden und im Kreislauf zu führen“, erläutert Achim Schaadt vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Doch die Herausforderungen sind groß: Ein hoher CO2-Anteil im Synthesegas, das als Rohstoff dient, lässt die Katalysatoren schneller altern und verringert die Ausbeute – das Verfahren verliert an Wirtschaftlichkeit. Außerdem wird grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erzeugt, sodass dessen Verfügbarkeit schwanken könnte, ebenso wie die vorhandene CO2-Konzentration aus Biomasse. „Eine solche Dynamik ist bei heutigen Prozessen schlicht nicht vorgesehen“, erklärt Florian Nestler vom Fraunhofer ISE.

Versuchsanlage mit modernster Messtechnik

Die Miniatursyntheseanlage bildet deshalb maßstabgetreu eine industrielle Syntheseanlage ab. Durch ein paar Tricks besitzt sie ein vergleichbares thermisches und reaktionskinetisches Verhalten. Eine sehr genaue Messtechnik – unter anderem mit Infrarotspektroskopie und einer neuartigen faseroptischen Methode – erfasst, wie sich die Anlage im dynamischen Betrieb mit unkonventionellen Gaszusammensetzungen verhält. Parallel dazu haben die Forscher eine Simulationsplattform entwickelt, mit der sie die Parameter unter derartigen Prozessbedingungen berechnen können.

Wissenschaftliche und wirtschaftliche Machbarkeit

„Ziel des Projekts ist eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Betrachtung der Machbarkeit einer Methanolsynthese aus erneuerbaren Energien und biogenem CO2 aus einer Bioraffinerie zur Herstellung von erneuerbarem Ethanol“, resümiert Projektleiter Max Hadrich vom Fraunhofer ISE. Weitere Forschungspartner im Projekt sind das Fraunhofer UMSICHT, die TU Bergakademie Freiberg sowie die Unternehmen CropEnergies, Clariant und Thyssenkrupp Industrial Solutions. Die Projektkoordination liegt beim DECHEMA e.V. Die gemeinsame Hoffnung: Gelingt es, eine stabile Prozesssteuerung zu entwickeln, könnte künftig grünes Methanol als Energiespeicher, Kraftstoff oder Basischemikalie genutzt werden und das Klima entlasten.

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Every year the chemical industry produces around 100 million tonnes of methanol. However, the production of this important basic chemical is based on fossil raw materials and causes high CO2 emissions. The exact opposite would be conceivable: Methanol can also be produced from green hydrogen and carbon dioxide. But process requirements for producing green methanol on an industrial scale have been little researched to date. The project "Power-to-Methanol - Grünes Methanol", funded by the Federal Ministry of Economics, wants to change this. An important milestone for this is a miniature plant for methanol synthesis, which is packed to the brim with measurement technology.

 

Unusual dynamic process

"Methanol synthesis within the framework of so-called Power-to-Liquid-processes offers the potential to bind CO2 from biomass, for example, and to recycle it," explains Achim Schaadt from the Fraunhofer Institute for Solar Energy Systems (ISE). However, the challenges are great: a high proportion of CO2 in the synthesis gas, which serves as a raw material, causes the catalysts to age more quickly and reduces the yield - the process loses its economic efficiency. In addition, green hydrogen is produced from renewable energies, so its availability could fluctuate, as could the existing CO2 concentration from biomass. "Such dynamics are simply not provided for in current processes," explains Florian Nestler from Fraunhofer ISE.
 

Test facility with the latest measuring technology

The miniature synthesis plant therefore represents, true to scale, an industrial synthesis plant. Thanks to a few tricks, it has a comparable thermal and reaction kinetic behavior. A very precise measuring technique - including infrared spectroscopy and a new type of fibre optic method - records how the plant behaves in dynamic operation with unconventional gas compositions. In parallel, the researchers have developed a simulation platform with which they can calculate the parameters under such process conditions.

 

Scientific and economic feasibility

"The aim of the project is a scientific and economic examination of the feasibility of methanol synthesis from renewable energies and biogenic CO2 from a biorefinery for the production of renewable ethanol," summarizes project leader Max Hadrich from Fraunhofer ISE. Other research partners in the project are Fraunhofer UMSICHT, TU Bergakademie Freiberg and the companies CropEnergies, Clariant and Thyssenkrupp Industrial Solutions.  The project is being coordinated by DECHEMA e.V. The common hope: if it is possible to develop a stable process control system, green methanol could in future be used as an energy storage medium, fuel or basic chemical and relieve the climate.