Im Zuge technologischer Fortschritte ist ein neuer biotechnologischer Forschungszweig entstanden: die Synthetische Biologie. Wissenschaftler wollen hierbei komplexe biologische Prozesse nicht mehr bloß analysieren, sondern im Labor gezielt entwerfen, nachbauen oder verändern. Wie Ingenieure gehen sie daran, Zellen und biologische Systeme umzuprogrammieren oder von Grund auf neu zu gestalten. Synthetische Biologie ist heute im Wesentlichen noch Grundlagenforschung. Allerdings eröffnet sie mittelfristig auch Möglichkeiten für biotechnologische Anwendungen – von Diagnostika, Impfstoffen und Medikamenten über Biosensoren bis hin zu Biokraftstoffen. Dieses Dossier gibt einen Überblick über aktuelle Konzepte und mögliche Anwendungen, über die gesellschaftliche Debatte und wie sich die Synthetische Biologie derzeit fortentwickelt.
Synthetische Biologie ist ein junger und interdisziplinärer Forschungszweig aus den Lebenswissenschaften, der Ansätze aus der Biologie und der Ingenieurstechnik mit dem Ziel kombiniert, biologische Systeme mit neuen Eigenschaften und Funktionen zu konstruieren. Für viele Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft steht hinter dem Begriff „Synthetische Biologie“ die logische Fortentwicklung der molekularen Lebenswissenschaften hin zu einer Ingenieursdisziplin.
Vom Analysieren zum Herstellen dank neuester Methoden
Bedeutende Fortschritte haben den Molekular- und Zellbiologen in den vergangenen Jahren neue Werkzeuge und Methoden für diese Entwicklung geliefert. Sie ermöglichen es, biologische Prozesse im Detail zu analysieren. So erlauben die sogenannten Omics-Technologien (etwa Genomik, Transkriptomik, Proteomik und Metabolomik), die Existenz und das Wirken von Genen und Eiweißmolekülen und anderen Molekülen in der Zelle in ihrer Gesamtheit zu erfassen und zu vermessen. Die Systembiologie wiederum kann biologische Prozesse mithilfe von Computersimulationen modellieren und ermöglicht damit Vorhersagen zum Geschehen in der Zelle. Und auch die Gentechnik hat in den vergangenen Jahren einen technologischen Sprung gemacht. Das gilt insbesondere für die Herstellung von Erbsubstanz, die mittlerweile von chemischen Syntheseautomaten im industriellen Maßstab betrieben werden kann. Spürbare Fortschritte gibt es auch bei der Sequenziertechnik. Verfahren der neuesten Generation (next generation sequencing) können Erbinformationen sehr schnell und immer preisgünstiger entziffern. Zudem gibt es immer präzisere molekulare Werkzeuge, die Biotechnologen die Laborarbeit erleichtern.
Biologische Systeme (um)konstruieren und programmieren
Vor diesem Hintergrund hat sich in den vergangenen zehn Jahren die Synthetische Biologie als dynamisches Forschungsfeld innerhalb der Biowissenschaften entwickelt. Forscher haben sich zwar noch nicht auf eine einheitliche Definition geeinigt, trotzdem sind bestimmte Eckpunkte und Schlüsselbegriffe dieser Herangehensweise charakteristisch:
- Für die Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ist Synthetische Biologie ein Sammelbegriff für eine Vielzahl an Forschungsprojekten und -ansätzen mit dem Ziel, biologische oder artifizielle Systeme auf biologischer Basis im Labor zu entwerfen, nachzubauen oder zu modifizieren. Diese technische Gestaltung soll auf verschiedenen Ebenen erfolgen – von einzelnen Molekülen bis zum kompletten Biosystem (BBAW Dezember 2012 , PDF-Download).
- Für die Fachgesellschaft Dechema steht hinter dem Konzept der Synthetischen Biologie „die Anwendung von Ingenieursprinzipien für die gezielte Konstruktion biologischer Systeme“ (Dechema Thesenpapier 2011, PDF-Download).
- Im Rahmen des ERA-Net ERASynBio haben sich 16 europäische Förderer auf folgende Definition geeinigt: „Die Synthetische Biologie beschäftigt sich mit der Planung und Konstruktion von neuen biologischen und auf biologischen Strukturen basierenden Systemen, um neue Funktionen für nützliche Anwendungen zu generieren. Dabei bedient sie sich der Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften und der Biologie“ (ERASynbio Konsortium).
- Eine häufig zitierte Definition stellt ebenfalls den Ingenieursansatz in den Vordergrund: „Synthetische Biologie ist das Design und die Konstruktion von neuen biologischen Bauteilen, Apparaten und Systemen sowie das Re-Design von bereits vorhandenen natürlichen biologischen Systemen für nützliche Zwecke“ (synbio.org).
Insgesamt geht es also darum, die molekulare Architektur von biologischen Systemen zu verstehen, umzukomponieren oder neu zu entwerfen. Dabei ist die „Synthetische Biologie“ ein interdisziplinäres und sehr dynamisches Feld, in dem Akteure aus den Biowissenschaften, aus Chemie, Informationstechnologie und Ingenieurswissenschaften zusammenarbeiten.
Die Anwendung ingenieurswissenschaftlicher Konstruktionsprinzipien ist für die Herangehensweise in der Synthetischen Biologie charakteristisch. Dabei stellt sich dem Laien jedoch die Frage: Sind die äußerst komplexen biologischen Prozesse in Zellen und Organismen denn wirklich einem ingenieurstechnischem Ansatz zugänglich? Aber ja, sagen die Bioingenieure. Schließlich sind biologische Systeme in der Regel modular aufgebaut. Biologische Funktionen, die in Zellen von Eiweißmolekülen ausgeführt werden, werden im Wesentlichen durch einen eigenen und sogar universellen Code in der Erbsubstanz DNA festgelegt. Zudem sind in der Evolution Steuer- und Kontrollelemente entstanden, mit denen sich die Aktivität der Gene und der Eiweißmoleküle beeinflussen lässt. Die Natur hält also bereits eine große Vielfalt an biomolekularen Komponenten bereit, die sich gezielt neu kombinieren lassen.
Standardisierte biologische Bauteile
Biotechnologen nutzen die oben beschriebenen Erkenntnisse bereits seit langem, um Zellen gentechnisch zu verändern. Gentechnische Eingriffe beschränkten sich in den vergangen Jahrzehnten jedoch meist auf wenige Gene und eingefügte Bausteine. Der Anspruch der Synthetischen Biologie geht darüber hinaus: In Zellen sollen verschiedene miteinander wechselwirkender Komponenten („genetische Programme“) installiert und damit neue Funktionen erzeugt werden. Dazu wollen die Bioingenieure noch konsequenter als bisher die Ingenieursprinzipien der Modularität, Charakterisierung und Standardisierung in der Biologie anwenden und umsetzen. So soll das Ziel erreicht werden, Effizienz und Planbarkeit in den Design-Prozess für biologische Systeme zu bringen. Im Vergleich zu bisherigen gentechnischen Verfahren verknüpft die Synthetische Biologie eine größere Vielzahl methodischer Ansätze. Die folgenden drei Konstruktionsansätze kommen dabei zum Einsatz:
- Bottom-up-Ansatz: Nach dem Lego-Prinzip wollen Forscher ausgehend von einfachen biologischen und chemischen Bausteinen komplexe Biosysteme von Grund auf erstellen.
- Top-down-Ansatz: Hier zielen Forscher darauf ab, existierende, komplexe Biosysteme in bestimmten Bestandteilen abzurüsten und zu vereinfachen, bis nur die minimale Ausstattung der notwendigsten Komponenten übrigbleibt.
- Orthogonaler Ansatz: Hier geht es um den gezielten Ersatz von Systemkomponenten durch fremde, definierte Bauteile.
In der Praxis zeigt sich allerdings, dass Biologie nach dem Baukasten-Prinzip außerordentlich schwierig ist. Die Synthetischen Biologen sind daher noch deutlich mehr auf der Seite einer forschenden Biowissenschaft als einer konstruierenden Ingenieursdisziplin. Synthetische Biologie ist heute im Wesentlichen noch Grundlagenforschung. Allerdings eröffnet sie mittelfristig auch Möglichkeiten für biotechnologische Anwendungen – von Diagnostika, Impfstoffen und Medikamenten über Biosensoren oder Biomaterialien bis hin zu Biokraftstoffen.
Unter dem Dach der Synthetischen Biologie lassen sich eine Reihe von unterschiedlichen Arbeitsgebieten und Konzepten fassen:
Gen- und Genom-Synthese: Das Erbgut ist in den Augen der Bioingenieure vergleichbar mit einem Programmcode, den Zellen ausführen.
Der chemisch in der Erbsubstanz DNA niedergelegte genetische Code eignet sich daher auch, um Zellen mit neuen Funktionen auszustatten. Mittlerweile hat die chemische Synthese von DNA im Labor enorme Fortschritte gemacht. So ist heute die Herstellung von DNA-Strängen in der Länge von mehreren Millionen Einzelbausteinen (Mega-Basenpaaren) möglich, und das bei immer weiter sinkenden Preisen. Verschiedene Gene lassen sich auf diese Weise am Stück fertigen, um sie anschließend als DNA-Paket in Zellen einzuschleusen. Um gar ein komplettes Genom eines Organismus künstlich zusammenzubauen, sind jedoch noch viele technische Zwischenschritte nötig (siehe Minimalgenome).
Design komplexer Stoffwechselwege: Um Mikroorganismen auf die Produktion eines speziellen Stoffs zu trimmen, setzen Biotechnologen schon seit Jahren auf das Verfahren des Metabolic engineering. Damit ist das Design von maßgeschneiderten Stoffwechsel- und Synthesewegen in einer Zelle gemeint. Biotechnologen sind mittlerweile in der Lage, genetische Steuerelemente und Biosynthese-Gene unterschiedlicher Herkunft, etwa aus Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen, miteinander zu kombinieren, um Mikroben in effiziente Zellfabriken zu verwandeln – und etwa für die Herstellung von Medikamenten zu nutzen.
Minimalgenome: Wie groß ist die minimale genetische Ausstattung, die eine Zelle benötigt? Hinter dieser elementaren Frage steht die Beobachtung, dass Zellen in ihrem Erbgut nach Jahrmillionen der Evolution viele „verzichtbare“ genetische Elemente angehäuft haben. Nach dem sogenannten top-down-Ansatz haben sich Forscher darangemacht, solche DNA-Abschnitte aus dem Erbgut von Zellen zu ermitteln und zu entfernen, um so die Genomgröße auf das Mindestmaß zu reduzieren. US-Forscher um Craig Venter sind dabei, relativ einfach gebaute Mikroben der Gattung Mycoplasma von 485 Erbanlagen auf weniger als 400 zu verkleinern. Auf solchen Erkenntnissen aufbauen möchten Vertreter des bottom-up-Ansatzes: Sie wollen ein solches Minimalgenom am Reißbrett entwerfen und künstlich herstellen. Das Konzept der Minimalgenome ist nicht nur für die Grundlagenforschung interessant. Zellen mit Minimalgenomen könnten die Plattform – quasi das „Chassis“ – für den Aufbau von effizienten biotechnologischen Produktionssystemen darstellen. Auf diese Weise könnten Zellen entstehen, die – so hoffen die Synthetischen Biologen zudem – aufgrund ihrer Spezialisierung außerhalb des Labors nicht existieren können.
Genetische Schaltkreise: Das Design biologischer Systeme mithilfe standardisierter genetischer Bausteine ist das zentrale Ziel von Bioingenieuren. Angelehnt an Konzepte der Elektronik und der Softwareentwicklung streben sie danach, DNA-Module in lebenden Zellen miteinander zu kombinieren und damit Zellen zu neuen Funktionen zu verhelfen – sie also umzuprogrammieren. Darunter fällt der molekulargenetische Aufbau von molekularen Schaltern, Netzwerken und komplexen Regelkreisen.
Protozellen: Die Erbinformation liefert das genetische Programm, mit der sich das Verhalten von Zellen beeinflussen lässt. Damit das Programm ausgeführt werden kann, braucht es aber auch die molekulare „Hardware“, also eine Zellhülle mit Reaktionsräumen darin (Kompartimenten). Die Schaffung von künstlichen zellulären Lebensformen aus chemischen Substanzen (Protozellen) ist eines der visionären Ziele der Synthetischen Biologie, aber auch eines der ambitioniertesten. Die Protozellen-Forscher sind sich einig, dass sie hier bisher noch ganz am Anfang stehen.
Xenobiologie: In der Synthetischen Biologie forschen Xenobiologen an alternativen Formen der Biochemie, das heißt, sie entwickeln biomolekulare Strukturen, die in der Natur so nicht existieren. Manche Forscher oder Wissenschaftsautoren verwenden dafür das Bild einer „biologischen Parallelwelt“. Dazu zählt der Einbau nicht-natürlicher Bausteine in Biopolymere und Arbeiten zum Aufbau alternativer genetischer Codes. Xenobiologen begnügen sich also nicht mit den Möglichkeiten des klassischen genetischen Codes. Sie wollen den Code umschreiben oder erweitern. Dadurch könnten, so die Hoffnung, synthetische Eiweißmoleküle mit Eigenschaften entstehen, die in der Natur kein Vorbild haben. Britischen Forschern ist es bereits gelungen, Designer-Eiweißfabriken zu erzeugen. Auch DNA-Moleküle lassen sich mit künstlichen Bausteinen versehen. Die sogenannte Xeno Nucleic Acid (XNA) würde das genetische Alphabet erweitern. Sie könnte nach Ansicht einiger Experten auch dazu beitragen, dass Zellen außerhalb des Labors nicht überleben können. Einem Forscherteam um Rupert Mutzel aus Berlin ist es zum Beispiel gelungen, Bakterien darauf zu trimmen, einen fremden Baustein 5-Chlor-Uracil in ihr Erbgut einzubauen.
Bionanotechnologie: Protagonisten dieses Ansatzes entwickeln molekulare Schalter oder Motoren für zellbasierte Nanomaschinen oder zellfreie Biokonstrukte, die völlig neue Aufgaben ausführen können. Eindrucksvolle Beispiele liefert das Feld des DNA-Origami – bei dieser Technik werden DNA-Stränge dreidimensional gefaltet. Es entstehen molekulare Konstrukte im Nanomaßstab – und das lässt sich nach Ingenieursmanier planen und umsetzen. Damit stellt dieses Forschungsgebiet einzelne funktionale Komponenten für die Synthetische Biologie bereit.
Das Gros der Projekte zur Synthetischen Biologie steckt noch in einem experimentellen Stadium. Sich mit Anwendungen zu beschäftigen, heißt daher vor allem, einen Blick in die Zukunft zu wagen. In einigen Bereichen sind biotechnologische Anwendungen jedoch schon greifbar:
Medizin: Smarte Testverfahren für Wirkstoffe
Schon heute wird die künstliche Herstellung von Erbinformation von Biomedizinern eingesetzt, um etwa die Impfstoffentwicklung oder Verfahren bei einer Gentherapie zu verbessern und zu beschleunigen. Mit neuartigen genetischen Schaltern ausgestattete Zellen werden zum Beispiel für die Entwicklung von Testsystemen (Screening-Verfahren) zum Aufspüren von neuartigen pharmakologischen Wirkstoffen genutzt. Mithilfe solcher maßgeschneiderten Zellen können beispielsweise neue Antibiotika gefunden werden. Zudem wird mit Zellen als Biosensoren gearbeitet, die gleichzeitig in der Lage sind, Substanzen aufzuspüren und andere Stoffe dosiert herzustellen. Solche genetischen Schaltkreise sind auch für die Behandlung von Krankheiten denkbar. Ein bereits bei Mäusen erfolgreich getestetes System könnte zukünftig die Behandlung von Gicht verbessern. So haben Forscher von der ETH Zürich Zellen mit einem synthetischen Regelkreis ausgestattet, der eine krankhaft erhöhte Harnsäurekonzentration messen und auf einen unschädlichen physiologischen Wert senken kann.
Industrielle Biotechnologie: Naturstoffe aus der Zellfabrik
Das Maßschneidern von Stoffwechselketten und Biosynthese-Wegen in Zellen, das Metabolic Engineering, gehört schon seit längerem zum Repertoire von Biotechnologen. Mittels Metabolic Engineering werden Mikroben beispielsweise befähigt, nützliche Substanzen herzustellen.
Ein Musterbeispiel für eine äußerst komplexe Form des Metabolic Engineering ist die biotechnologische Produktion des Malariawirkstoffs Artemisinin. Bislang wird das Medikament sehr aufwendig aus der einjährigen Beifuß-Pflanze Artemisia annua extrahiert. Ein Team um Jay Keasling von der University of California in Berkley lässt die Vorstufe Artemisininsäure von einer gentechnisch veränderten Hefe herstellen. Dazu sind mehr als ein Dutzend Produktionsschritte nötig, die nicht natürlich in Hefen vorkommen. Die US-Forscher haben dafür artfremde Genabschnitte in das Erbgut der Hefe eingefügt und konstruierten so die gewünschte „Designermikrobe“. Aus der Artemisininsäure lässt sich in nachgeschalteten chemischen Schritten das gewünschte Malaria-Medikament herstellen.
Lange Molekülketten als Biokraftstoffe
In den Blick der Stoffwechsel-Ingenieure sind mittlerweile auch Mikroorganismen geraten, die Biokraftstoffe in großen Mengen herstellen können. Dazu gehören Benzin (Alkane, Alkohole), Diesel (Alkane, Isoprenoide) und sogar Kerosin (Fettsäuren und Isoprenoide). Für solche Umwandlungen eignen sich gentechnisch veränderte Hefepilze, Coli-Bakterien oder Clostridien. Eine weitere Alternative als zelluläre Treibstofffabriken bieten Mikroalgen und Cyanobakterien. Da sie Photosynthese betreiben, wandeln sie direkt die Energie aus Sonnenlicht in energiereiche Moleküle um, die wiederum zu Treibstoff verarbeitet werden können.
Auch für den Umweltschutz sind Anwendungen der Synthetischen Biologie denkbar: Zum Beispiel Zellen, die als Biosensoren toxische Stoffe aufspüren oder diese direkt in verseuchten Böden abbauen. An weiteren noch in der Zukunft liegenden Ansätzen zur Nutzung der Synthetischen Biologie wird unter anderem im „Strategieprozess Biotechnologie 2020+“ gearbeitet, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2010 gemeinsam mit den Forschungsorganisationen und Hochschulen initiiert hat. (mehr Infos auf www.biotechnologie2020plus.de)
Einfache biologische Systeme aus standardisierten DNA-Bauteilen zusammensetzen. Lebende Zellen im Labor mit solchen neuen Funktionen ausrüsten. Und im Team möglichst das beste „biologische Design“ des Jahres kreieren. So lässt sich das Konzept des internationalen Studentenwettbewerb zur Synthetischen Biologie iGEM beschreiben, der jährlich viele Tausend junge Nachwuchsforscher weltweit begeistert und inzwischen zu einem Aushängeschild des Forschungszweigs geworden ist.
Studententeams entwerfen biologische Maschinen
Mit iGEM (international competition of genetically engineered machines) hatten Wissenschaftler vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei Boston erstmals 2004 eine beliebte Ausbildungsform aus den Ingenieurswissenschaften auf das junge Feld der Synthetischen Biologie übertragen: Einen Studentenwettbewerb, in dem Hochschulteams von Universitäten ihre neue Entwürfe und Konstruktionen vorstellen und vor einer Fachjury bestehen müssen. Bei iGEM entwerfen und konstruieren die Teams allerdings keine Hightech-Maschinen, sie wollen biologische Systeme mit neuartigen und nützlichen Funktionen ausstatten. Dazu bedienen sich die Tüftler im Labor neuester biotechnologischer Verfahren.
Biobricks als austauschbare Bauteile
Kerngedanke von iGEM sind standardisierte genetische Bauelemente, also Gensequenzen, die BioBricks genannt werden. Wer erfolgreich bei iGEM teilnehmen will, muss neue BioBricks entwickeln und zu einer Material- und Datenbank schicken – gleichzeitig darf man sich auch in diesem am MIT angesiedelten Bauteileregister (Registry of Standard Biological Parts) aus den bereits vorhandenen BioBricks bedienen, die in den Vorjahren des Wettbewerbs entwickelt wurden. Die Teams dokumentieren die Bauanleitung für ihre BioBricks in einem frei zugänglichen Wiki, einer Art online-Laborbuch.
Die Resonanz hat mittlerweile alle Erwartungen übertroffen. iGEM lockt weltweit jährlich mehrere Tausend junge Biotechnologie-Interessierte an – für den Entscheid 2013 hatten sich rund 200 Universitätsteams angemeldet. Mittlerweile gibt es in den verschiedenen Kontinenten regionale Vorentscheide, wo die Teams ihre Ergebnisse mit einem Poster und einem Vortag den Mitgliedern der Fachjury und den anderen Teilnehmern vorstellen. Nur noch die Besten dürfen nach Boston zum großen Abschlusskongress (Jamboree) am MIT, wo es um Medaillen und Sonderpreise und natürlich die Haupttrophäe – den silbernen BioBrick– geht. Neben dem iGEM für Studierende gibt es inzwischen auch einen Wettbewerb für Schüler, eine Konkurrenz für Firmen ist ebenfalls geplant.
Thematisch keine Grenzen gesetzt
Den Projekt-Ideen sind thematisch keine Grenzen gesetzt – ob Biosensoren für Schadstoffe in der Umwelt, blinkende Mikroben oder molekulare Fließbänder zur Fertigung eines Wirkstoffs. Auch wenn meist vieles von dem, was sich die Studententeams vornehmen, in der begrenzten Zeit nicht fertig wird, gibt es oft beachtliche Ergebnisse. Darüber hinaus wird viel Wert auf eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gelegt.
In den Teams sollen auch Fragen zur Sicherheit und Ethik der Synthetischen Biologie diskutiert bzw. der Dialog mit der Öffentlichkeit geführt werden. So erstellen einige Teams etwa kleine Filme zur Erklärung ihrer Projekte für die Videoplattform Youtube. Insgesamt gilt: Engagierte Projektarbeit im Team ist gefragt, sowohl in der Laborarbeit als auch bei der Einwerbung von Laborbedarfsmaterial und Sponsorengeldern für die Reisekosten. Zentral ist zudem die anschauliche Darstellung der eigenen Daten und Ideen.
Deutsche Teams erfolgreich
Teams von deutschen Hochschulen waren schon früh in der Geschichte des Wettbewerbs erfolgreich mit am Start. In den letzten Jahren haben nun immer mehr deutsche Hochschulen iGEM als interessanten Impulsgeber für Forschung und Lehre für sich entdeckt. Zum zehnjährigen Jubiläum von iGEM im Jahr 2014 waren 13 deutsche Teams zum großen Jamboree nach Boston gereist, das Team Heidelberg holte hier bei den Undergraduates den Gesamtsieg. Bereits 2013 markierte ein herausragendes Jahr: Von den sieben in Boston vertretenen Teams schafften es drei unter die Besten sechs. Team Heidelberg wurde Gesamtsieger, Bielefeld und TU München belegten Platz zwei in den beiden Alterskategorien. 2012 waren insgesamt elf Teams aus Deutschland mit ihren Ideen bei iGEM angetreten, von denen sich fünf für das Finale in Boston qualifizieren konnten. Beim Jamboree am MIT wussten die Teams aus München, Bielefeld, Potsdam und Freiburg zu überzeugen. Auch bei der Schülerversion war ein deutsches Team äußerst erfolgreich zurückgekehrt.
Da innerhalb des Forschungszweiges der Synthetischen Biologie mit gentechnisch veränderten Organismen gearbeitet wird, weist die ethische und gesellschaftliche Debatte Parallelen zur Gentechnik auf. Dabei geht es in erster Linie um Fragen der biologischen Sicherheit des Bio-Engineerings und eines möglichen Missbrauches der Ergebnisse. Zu diesen Themen haben sich sowohl Forschungsorganisationen, Biowissenschaftler als auch Philosophen und Ethiker in Stellungnahmen geäußert.
Logische Fortsetzung der modernen Molekularbiologie
So wurde die Synthetische Biologie durch die mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen besetzte Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) im Rahmen eines Themenbandes behandelt, der Anfang Dezember 2012 erschienen ist (PDF-Download). Neben der Darstellung aktueller Forschungsansätze und möglicher Anwendungsperspektiven werden hier aktuelle ethische und gesellschaftliche Fragen sowie die öffentliche Wahrnehmung ausführlich beschrieben. Auf diese Weise wollen die Autoren – zumeist Forscher, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise mit der Synthetischen Biologie beschäftigen – für Transparenz sorgen und Einblicke in die tatsächliche wissenschaftliche Arbeit der Synthetischen Biologie liefern. In der Wissenschaftscommunity herrscht dabei die grundlegende Meinung vor, dass es sich bei der Synthetischen Biologie um eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der bisherigen Molekularbiologie handelt, die durch die bestehende Gesetzgebung (z. B. Gentechnikgesetz) hinreichend abgedeckt ist. Zu diesem Schluss kommt auch ein gemeinsames Positionspapier der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) sowie der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Den Positionen hat sich auch die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie Dechema in ihrem Thesenpapier angeschlossen (mehr…). Erst wenn die Synthetische Biologie ganz andere Dinge leisten könne als bisherige Technologien, könne und müsse über neue Regelungen nachgedacht werden, so das Fazit der Wissenschaftler. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag in seinem 2016 vorgelegten Arbeitsbericht zur Synthetischen Biologie.
Synthetische Biologie: Die Sicht der Wissenschaft
Positionspapiere der Forschung
AG Gentechnologiebericht der BBAW (2012): PDF-Download
Fachgesellschaft Dechema (2011): PDF-Download
DFG, Acatech, Leopoldina (2009): PDF-Download
Große Bedeutung der Technikfolgenabschätzung
Zwar befindet sich die Synthetische Biologie noch im Grundlagenstadium und viele potenzielle Anwendungen sind noch Jahre von der Marktreife entfernt, dennoch wird von Seiten der Wissenschaft bereits jetzt ein begleitendes Monitoring empfohlen, um frühzeitig Entwicklungen identifizieren zu können, die regulative Anpassungen notwendig machen könnten. Auch von politischer Seite wird diesem Aspekt eine hohe Bedeutung beigemessen. So hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für Projekte, die sich mit Themeninhalten der Synthetischen Biologie auseinandersetzen, eine Technikfolgenabschätzung und Begleitforschung zu einem festen Bestandteil gemacht. Darüber hinaus werden im Rahmen der Förderinitiative ELSA Forschungsprojekte gefördert, die sich mit ethischen Fragen der Synthetischen Biologie auseinandersetzen. Der Bundestags-Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (ABFTA) hatte 2011 das Büro für Technikfolgen-Abschätzung TAB beim Deutschen Bundestag beauftragt, das Thema "Synthetische Biologie" zu beleuchten. Nach fünfjähriger Arbeit wurde der umfassende TAB Arbeitsbericht zur Synthetischen Biologie 2016 veröffentlicht.
Kritiker der Synthetischen Biologie, darunter internationale Nichtregierungsorganisationen wie die ETC Group oder auf nationaler Ebene der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), gehen solche Aktivitäten nicht weit genug. So fordern diese ein Moratorium für die kommerzielle Nutzung von synthetischen Organismen, da ihrer Ansicht nach die Risikoabschätzung derzeit nicht ausreichend kalkulierbar sei und deutlich mehr für den Schutz von Gesellschaft und Umwelt getan werden müsse. Die Akteure im Feld der Synthetischen Biologie haben sich indes schon von Beginn an bemüht, gegenüber möglichen Missbrauchs-Risiken offen und verantwortungsbewusst zu reagieren. Hersteller, die auf die kommerzielle DNA-Synthese spezialisiert sind, haben sich beispielsweise zum IGSC-Konsortium zusammengeschlossen und sich einen gemeinsamen Verhaltenskodex auferlegt, mit dem die Weitergabe von Proben mit potenziell gefährdenden Gen-Sequenzen unterbunden werden soll. Des Weiteren gibt es auch Forschungsansätze der Synthetischen Biologie, die selbst als neue Form der Sicherheitstechnik genutzt werden könnten. Dies gilt beispielsweise für die Xenobiologie.
Synthetische Biologie - Ethik & Recht
Untersuchungen zu gesellschaflichen Auswirkungen
Synthetische Biologie im Blickfeld der Philosophie
Neben den sicherheitsrelevanten Aspekten stellen sich bei der Synthetischen Biologie auch ethische Fragen zur Bedeutung von Leben und Verantwortung im Kontext der Forschungsdisziplin. Insbesondere von philosophischer Seite wird beispielsweise gefragt, ob die potenziellen Möglichkeiten der Synthetischen Biologie eine Neubewertung des Lebensbegriffes notwendig machen, weil eine klare Abgrenzung zwischen dem Biologisch-Lebendigen und dem Technischen immer schwieriger wird.
Diskussionen darüber werden beispielsweise im Deutschen Ethikrat geführt. So ordnet Volker Gerhardt, Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität, die Synthetische Biologie als nicht fundamental neuen Schritt in der Wissenschaft ein. "Die Naturwissenschaften untersuchen die Natur schon seit jeher in einem kausal-analytischen Prozess. Letztlich folgt die Biologie jetzt nur anderen Disziplinen wie Physik oder Chemie und wendet dieses Prinzip auf das Lebende an", sagte er auf einer vom Ethikrat organisierten Diskussionsrunde im Jahr 2010. Eberhard Schockenhoff, Professor für Theologie an der Universität Freiburg, wiederum betonte damals: "Hier wird eine Art technisches Leben geschaffen, das wir nicht wirklich als Lebendiges bezeichnen.“ Dies müsse in Beziehung zum Umgang mit höheren Lebensformen gesetzt werden. Ähnlich argumentierte Peter Dabrock, Professor für Theologie an der Universität Marburg, der darauf verwies, dass die Grenze zwischen Leben und Nicht-Leben mit der synthetischen Biologie prekärer würde, und man zwischen diesen beiden Kategorien künftig nicht mehr so klar unterscheiden könne. Dennoch rief der Ethiker zur Entdramatisierung des Themas auf: "Wenn wir hören, da wird etwas synthetisiert, dann sagen alle: das ist aber unheimlich. Und dann wird auf die Schöpfungsmethapher verwiesen. Dabei wäre es sinnvoller, sich der neuen Verantwortung zu stellen."
Auseinandersetzung ein Balanceakt
Die meisten Wissenschaftler sind sich letztlich einig, dass für die Synthetische Biologie nichts anderes gilt als für andere neue Technologien: Sie muss beweisen, dass sie dem Druck an Erwartungshaltung und Misstrauen standhalten kann. Daher fordern viele Experten neben einer begleitenden Ethik- und Technologiefolge-Diskussion vor allem einen normalen Umgang. Vorverurteilungen helfen ebenso wenig weiter wie Fortschrittsoptimismus und Machbarkeitseuphorie. Folglich stellen die Kommunikation und die Auseinandersetzung mit diesem Thema einen herausfordernden Balanceakt für Politik, Gesellschaft und Wissenschaft dar.
In Deutschland hat die Synthetische Biologie namentlich bisher nur vereinzelt ihren Platz in den Forschungseinrichtungen gefunden. Im Folgenden eine Übersicht der wichtigsten Standorte in Deutschland:
Bielefeld: Am Center for Biotechnology (CeBiTec) der Universtität Bielefeld wird zu den Themenfeldern Metabolic Engineering und Synthetische Biologie gearbeitet.
Düsseldorf: An der Heinrich-Heine-Universität gibt es ein eigenes Institut für Synthetische Biologie.
Dresden: Am Biotechnology Center (Biotec) der Technischen Universität Dresden beschäftigen sich die Forscher mit Fragen der Synthetischen Biologie.
Freiburg: Ein Fünftel der Arbeiten am Exzellenzcluster „BIOSS“ der Universität Freiburg beschäftigen sich mit Synthetischer Biologie, darüber hinaus gibt es eine der wenigen Professuren in Deutschland, die die Synthetische Biologie im Namen tragen.
Göttingen: Die Universität Göttingen unterhält eine Nachwuchsgruppe für Angewandte Synthetische Biologie.
Hamburg: Im Rahmen der Landesexzellenzinitiative wird ein Forschungsschwerpunkt zur Synthetischen Biologie an der Technischen Universität Hamburg-Harburg gefördert.
Heidelberg: Am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem BioQuant-Zentrum der Universität Heidelberg spielt Synthetische Biologie im Rahmen der systembiologischen Forschung eine wichtige Rolle.
München: Auch an der LMU München existiert eine Professur, die die „Synthetische Biologie“ im Titel trägt zudem gibt es am Center for Advanced Studies (CAS) einen Schwerpunkt zum Thema „Synthetische Biologie“.
Marburg: Das LOEWE-Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) wurde 2010 als Forschungszentrum von der Philipps-Universität mit dem Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie als bisher einzigartige Forschungskooperation aufgebaut. Das interdisziplinäre Zentrum wird mit Mitteln der Hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) finanziert und bis mindestens Ende 2015 gefördert.
Für die Synthetische Biologie gibt es weder beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) noch bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen eigenen Förderschwerpunkt. Dennoch existieren mittlerweile Förderinitiativen, in denen Forscher verstärkt Ansätze der Synthetischen Biologie verfolgen.
Strategieprozess zur Biotechnologie der Zukunft
Dazu zählt beispielsweise der Strategieprozess „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren- Biotechnologie 2020+“ , den das BMBF im Jahr 2010 gemeinsam mit den Forschungsorganisationen und Hochschulen ins Leben gerufen hat, um biotechnologische Verfahren der Zukunft auf den Weg zu bringen. Einige der im Rahmen der Fördermaßnahme „Basistechnologien für eine nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ ausgewählten 35 Projekte beschäftigen sich mit Teilaspekten der Synthetischen Biologie. Zudem haben die beteiligten Forschungsorganisationen eigene Großprojekte gestartet, in denen Synthetische Biologie eine wichtige Rolle spielt (siehe MaxSynBio weiter unten).
Gleichzeitig gibt es im Rahmen des Strategieprozesses eine Innovations- und Technikanalyse (ITA), bei der frühzeitig die Rahmenbedingungen für zukünftige biotechnologische Innovationen abgesteckt werden sollen. Dies erfolgt unter Berücksichtigung ethischer, sozialer, politisch-rechtlicher, ökologischer sowie ökonomischer Aspekte und soll dabei helfen, Handlungsbedarfe und Handlungsoptionen aufzuzeigen.
Begleitforschung
Darüber hinaus unterstützt das BMBF seit 1997 Forschungsarbeiten im Bereich der ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekte (ELSA). Diese ursprünglich als Begleitmaßnahme der humanen Genomforschung etablierte Förderinitiative greift inzwischen ein breites eines breiten Spektrums interdisziplinärer Projekte im Bereich der ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekte der modernen Lebenswissenschaften und der Biotechnologie („Bioethik“) auf. Seit Oktober 2010 fördert das BMBF beispielsweise ein dreijähriges ELSA-Verbundprojekt zum Thema Synthetische Biologie. Hierin untersuchen Freiburger Wissenschaftler die ethischen Implikationen, während Forscher aus Erlangen-Nürnberg eine theologische Analyse der Synthetischen Biologie vornehmen. Experten vom Karlsruher KIT und von der Medizinischen Hochschule Hannover beschäftigen sich mit Chancen und Risiken und den rechtlichen Rahmenbedingungen des neuen Forschungszweiges. Ein weiteres BMBF-Förderprojekt ist „SynBioTA - Innovations- und Technikanalyse zur Synthetischen Biologie“, das von der Universität Bremen koordiniert wird. Ziel ist eine Potential- und Risikoanalyse des Forschungsfeldes. Der Fokus liegt dabei auf Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsaspekten.
DFG und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
Auch bei der DFG gibt es eine punktuelle Förderung. So drehen sich ein Fünftel der Aktivitäten des von der DFG finanzierten Exzellenzclusters „Centre for Biologicals Studies“ (BIOSS) an der Universität Freiburg um die Synthetische Biologie. Hier ist auch eine der wenigen Professuren angesiedelt, die das Forschungsfeld im Namen tragen. Darüber hinaus wird das Themenfeld auch in einigen Sonderforschungsbereichen und Einzelprojekten angegangen, die durch die DFG unterstützt werden. Häufig ist diese Förderung auch mit der Erforschung systembiotechnologischer Ansätze verbunden, etwa der in Braunschweig angesiedelte Sonderforschungsbereich SFB 578 und der SFB TR-51.
Förderinitiatven zu Synbio
Diese Initiativen unterstützen Forschungsprojekte zur Synthetischen Biologie
Forschungsnetzwerk MaxSynBio
Besondere Aktivitäten zeigen zudem die außeruniversitären Forschungsorganisationen, etwa die Max-Planck-Gesellschaft. So wurde der Forschungszweig der Synthetischen Biologie vom Max-Planck-Institutfür terrestrische Mikrobiologie gemeinsam mit der Philipps-Universität Marburg Anfang 2010 mit der Gründung des wissenschaftlichen Zentrums SYNMIKRO aufgegriffen. Kofinanziert durch die hessische Landesregierung werden in diesem Zentrum synthetische und analytische Forschungsansätze kombiniert, um das Wissen über zelluläre Prozesse in Mikroben zu erweitern.
Anfang 2014 wird das auf sechs Jahre angelegte Forschungsnetzwerk MaxSynBio starten, beteiligt sind neun Max-Planck-Institute. Im Fokus steht zunächst die Erforschung der minimalen Einheiten der Zelle, wie Proteindomänen und Proteine, später wollen sich die Max-Planck-Forscher auch dem Aufbau synthetischer zellulärer Systeme widmen. Beantragt ist ein Forschungsbudget von ca. 10 Millionen Euro unter anderem aus dem Strategischen Innovationsfond der Max-Planck-Gesellschaft zuzüglich Eigenbeiträgen der beteiligten Institute. Das Bundesforschungsministerium stellt ebenfalls zehn Millionen Euro für das Projekt im Rahmen der Inititative "Biotechnologie 2020+" bereit.
Helmholtz-Initiative
Seit September 2012 fördert auch die Helmholtz-Gemeinschaft die Synthetische Biologie mit einem eigenen Förderprogramm. Mit der "Helmholtz-Initiative Synthetische Biologie" soll erstmals ein nationales Forschungsnetzwerk in Deutschland gefördert werden. Dabei arbeiten Forscher der Helmholtz-Zentren in Heidelberg, Karlsruhe, Jülich, München und Braunschweig eng mit Wissenschaftlern der Universitäten Heidelberg und Freiburg zusammen. Das Forschungsprogramm umfasst dabei Technologieplattformen und Anwendungsprojekte. Die neue Helmholtz-Initiative wird in den kommenden Jahren mit drei Millionen Euro aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds (IVF) unterstützt. Die beteiligten Institutionen steuern noch einmal die gleiche Summe aus eigenen Mitteln bei.
Stiftungen
Auch die Volkswagenstiftung unterstützt Forschungsaktivitäten zur Synthetischen Biologie. Im Jahr 2015 startete sie die Förderinitiative „Leben? – Ein neuer Blick der Naturwissenschaften auf die grundlegenden Prinzipien des Lebens“.
Synthetische Biologie in Europa
Auch auf europäischer Ebene ist das BMBF im Bereich Synthetische Biologie aktiv und hat sich gemeinsam mit 16 anderen Forschungsfördereinrichtungen aus 12 EU-Ländern sowie aus Norwegen und der Schweiz zum Netzwerk ERASynBio zusammengeschlossen. Unter dem Dach dieser ERA-NET-Initiative soll eine Bestandsaufnahme der europäischen Forschungslandschaft erstellt und nationale sowie europäische Förderstrategien abgestimmt werden. Darüber hinaus soll der wissenschaftliche Nachwuchs unterstützt werden, beispielsweise die Teilnahme am iGEM-Wettbewerb. Im Rahmen des Konsortiums hat das BMBF die Koordination übernommen.
Auf den ersten Blick leben Kunst und Wissenschaft in getrennten Welten. Doch Künstler haben immer wieder ein feines Gespür für Strömungen und Trends in der Gesellschaft bewiesen. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich immer mehr Künstler mit der Synthetischen Biologie beschäftigen. Künstler wollten immer schon mit den modernsten Materialien arbeiten, der Zugriff auf molekulare Werkstoffe zieht daher immer mehr Künstler in ihren Bann.
Evolution im Reagenzglas
„Ich betreibe experimentelle Evolution“, sagte Manfred Laubichler 2011 auf einer internationalen Tagung zum Thema ArteFakte. Wissen ist Kunst – Kunst ist Wissen“ in Berlin. In seinen Arbeiten an der Arizona State University führt Laubichler die Evolution auf die Überholspur. Der Larve eines primitiven Insekts baut er eine Kombination von Genen aus einem erst Millionen Jahre später entstandenen Insekts ein. „Und siehe da: Die Larve entwickelt ein inneres Stützskelett, genauso wie die höher entwickelte Art.“ Während Laubichler der Evolution nach seinem Bilde auf die Sprünge hilft, überlassen andere Forscher der Natur gänzlich den künstlerisch-kreativen Part. An der Michigan State University lässt Richard Lenski in einer überwachten Evolution E.coli-Bakterien wachsen. Das Langzeitexperiment, das in mancherlei Hinsicht an ein sich über die Jahre autonom veränderndes Kunstwerk erinnert, läuft seit 1988. Jeden Tag werden die E. coli-Kulturen geteilt und mit frischem Medium versehen. Alle 75 Tage (etwa 500 Generationen) werden Proben der E.coli-Population genommen und zur Dokumentation eingefroren. Nach mehr als 30.000 Generationen und 20 Jahren passierte 2008 dann das, worauf Lenski spekuliert hatte. Von ganz alleine vollbrachten die Bakterien einen komplexen evolutionären Schritt. In einer Kulturschale war eine Bakterienart entstanden, die endlich das von Lenski angebotene Citrat verwertet. Das war ein kreativer Akt. In der Natur können Coli-Bakterien das nicht.
Filmfestival zur Synthetischen Biologie
In Wien ging die Synthetische Biologie 2011 auf dem weltweit ersten Festival für Synthetische Biologie eine Verbindung mit der Filmkunst ein (mehr…). „Am Anfang hatte wir die Sorge, dass bei diesem doch eher speziellen Thema nur wenige Beiträge zusammenkommen“, sagte Organisator Markus Schmidt von der Organisation für Internationalen Dialog und Konfliktmanagement. „Doch die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet.“ Rund 130 Kurzfilme erreichten die Veranstalter aus 25 Ländern, 52 davon schafften es bis in die Vorauswahl. Sie sind alle auf der Website des Festivals unter www.bio-fiction.com/videos einzusehen.