Südkorea

Südkorea

Südkoreas Bioökonomieentwicklung ist deutlich von staatlichem Handeln sowie einem Technologie- und Innovationsfokus geprägt, klar strukturiert und Teil einer langfristigen nationalen Innovationsstrategie.

Politik und Förderung

Zentrale politische Akteure sind das Ministry of Trade, Industry and Energy (MOTIE), das Ministry of Agriculture, Food and Rural Affairs (MAFRA) sowie das Ministry of Environment (MOE), die jeweils sektorspezifische Verantwortung tragen. Von hoher Bedeutung ist zudem das Bio Committee – ein im Januar  2025 gegründetes Gremium, das eine zentrale Steuerungsrolle in der nationalen Bioökonomiepolitik einnimmt. Es verantwortet die Entwicklung nationaler Biostrategien, die Bündelung interministerieller Kompetenzen, die Förderung digitaler Biotechnologien und die Stärkung von Fachkräften und Clustern im Biobereich. Der Präsident bekleidet das Amt des Vorsitzenden.  

Zu den wichtigen strategischen Grundlagen der südkoreanischen Bioökonomie zählt der Vierte Nationale Rahmenplan zur Förderung der Biotechnologie 2022–2031. Er wurde von mehreren Ministerien formuliert und legt sektorübergreifende Ziele für Forschung, industrielle Nutzung und internationale Wettbewerbsfähigkeit fest. Im Mittelpunkt stehen Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft. Ergänzt wird dieses Strategiedokument durch den Synthetic Biology Promotion Act, der 2025 verabschiedet wurde und weltweit zu den ersten Gesetzen dieser Art gehört. Er schafft rechtliche und institutionelle Grundlagen für die Förderung synthetischer Biologie, inklusive eines Fünfjahresplans, öffentlicher Biofoundries, Sicherheitsvorgaben und F&E-Anreizen. Parallel wird eine nationale Bioökonomie-Roadmap entwickelt, um staatliche Programme, private Initiativen und Forschungseinrichtungen strategisch zu vernetzen.

Politisch am stärksten gefördert werden derzeit digitale Biotechnologien („Digital Bio“), neue biobasierte Materialien und die Entwicklung industrieller Bio-Plattformen. Die Biomasse- und Bioenergiepolitik erfährt hingegen eine Kurskorrektur: Aufgrund von Umweltbedenken – etwa bezüglich zu hoher Emissionen – reduziert die Regierung sukzessive die Förderung von Biomassekraftwerken und Co-Firing.  

Übergeordnetes Ziel der staatlichen Führung ist es, das Land als global wettbewerbsfähigen Innovationsstandort zu etablieren und gleichzeitig zentrale Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und demografischen Wandel technologiebasiert zu bewältigen. Mittelfristig soll die Bioökonomie ein zentraler Pfeiler dessen sein. 

Wissenschaft

Südkoreas Wissenschaftslandschaft im Bioökonomiebereich gilt als hochentwickelt, international wettbewerbsfähig und stark staatlich gefördert. Die Qualität des Systems zeichnet sich durch enge Verzahnung von Spitzenuniversitäten, staatlichen Forschungsinstituten und angewandter Industrieforschung aus. Zu den zentralen Akteuren gehört das Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST), welches mit Schwerpunkten in Bioengineering, Bioprozessentwicklung und nachhaltigen Materialien führend in der Region ist. Auch die Pohang University of Science and Technology (POSTECH) spielt eine Schlüsselrolle, insbesondere mit ihrem biotechnologischen Forschungszentrum und dem Zugang zu High-End-Infrastruktur.

Ein weiteres bedeutendes Zentrum ist das Korea Research Institute of Chemical Technology (KRICT), das anwendungsorientierte Forschung zu biobasierten Chemikalien und industriellen Bioverfahren betreibt. Die Seoul National University (SNU) bietet mit Einrichtungen wie dem Institute of Greenbio Science & Technology und dem Center for Food and Bioconvergence spezialisiertes wissenschaftliches Arbeiten zu Biotechnologie, Lebensmittelsystemen und Bioinformatik.  

Im Bildungsbereich existieren an mehreren Universitäten Studiengänge und Promotionsprogramme mit direktem Bioökonomiebezug, darunter Green Business and Policy sowie Green MBA-Programme an der KAIST Graduate School of Green Growth. Diese verbinden naturwissenschaftlich-technologische Inhalte mit wirtschafts- und politikbezogenen Kompetenzen. 

Wirtschaft und Innovation

Die biobasierte Wirtschaft ist in Südkorea ein Wachstumsmotor mit hoher ökonomischer Bedeutung. Zu den wichtigsten Sektoren/Produkten zählen die industrielle Biotechnologie, Agrar- und Lebensmitteltechnologien, biobasierte Chemikalien, Biopharmazeutika sowie marine Bioressourcen. Besonders dynamisch wächst die Biopharma-Industrie, in der Konzerne wie Samsung Biologics, Celltrion und LG Chem globale Marktanteile erobern. Im Bereich marine Bioökonomie treiben Unternehmen und Forschungseinrichtungen die Nutzung von Algen für Lebensmittel, Kosmetika, Biokraftstoffe und biobasierte Materialien voran.  

Cluster wie Songdo Bio Cluster, Osong Bio Valley und Daedeok Innopolis bündeln Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Start-ups, um Wertschöpfung und Technologietransfer zu beschleunigen. Zudem gibt es mehrere einflussreiche Bioökonomie-nahe Branchenverbände, die die positiven Auswirkungen der Cluster verstärken und zusätzlich die Themen Standardisierung, Marktzugang und internationale Vernetzung fokussieren. Beispiele sind die KoreaBIO Association und die Korea Industrial Technology Association (KOITA).  

Biobasierte Innovationen entstehen vor allem an der Schnittstelle von Digitalisierung und Biotechnologie, etwa in der „Digital Bio“-Produktion, der personalisierten Medizin oder der Entwicklung neuer biobasierter Werkstoffe. Südkorea zählt damit zu einem führenden Bioökonomie-Standort in Asien. 

Autorin: Kristin Kambach