Gewässer mit Algen reinigen
Forschende der Universität Duisburg-Essen haben eine neue Methode entwickelt, bei der chemisch belastete Gewässer mit Kieselalgen gereinigt werden könnten.
Mehr als die Hälfte aller europäischen Gewässer sind mit Chemikalien belastet. Bis zu 70.000 Substanzen verwenden Landwirtschaft und Industrie täglich – 500 davon landen in Flüssen und bedrohen die dortigen Ökosysteme. Dieses Problem wird nun mithilfe von Algen angepackt: Eine Gruppe der Universität Duisburg-Essen nutzt Kieselalgen, um verschmutzte Gewässer zu reinigen. Das Team forscht an einer Methode, mit der Kieselgur – ein natürliches Material aus den fossilen Überresten von Kieselalgen – als Filter zum Einsatz kommt. In einer aktuellen Studie hat das Team um Juniorprofessorin Anzhela Galstyan gezeigt, dass chemisch modifiziertes Kieselgur zwei Schadstoffe entfernen kann.
Chemische Modifizierung für mehr Effizienz
Kieselalgen sind mikroskopisch kleine einzellige Organismen, die in Gewässern leben und eine Zellwand aus Kieselsäure (Siliziumdioxid) besitzen. Nach ihrem Tod lagert sich diese Zellwand ab und wird zu feinem, pulverisiertem Gestein – Kieselgur. Durch den Umwandlungsprozess nimmt Kieselgur seine charakteristische poröse Struktur an, mit der es Schadstoffe effektiv aufnehmen kann. Um die Adsorptionsfähigkeit des Materials noch effizienter zu machen, haben die Forschenden die Oberfläche mit speziellen funktionellen Gruppen versehen. „Das könnte problemlos auch in industriellem Maßstab umgesetzt werden“, meint die Professorin.
Vergleich mit etablierter Wasserreinigung
Die Forschenden testeten in ihrer Studie das Kieselgur an zwei exemplarischen Schadstoffen, die häufig aus der Textilindustrie in Flüsse und Grundwasser gelangen: Methylenblau und Methylorange. Unabhängig von verschiedenen Bedingungen wie Salzgehalten und pH-Werten entfernte das Material die Schadstoffe größtenteils oder komplett. Den Forschenden zufolge wurden mithilfe von Kieselgur innerhalb einer Stunde 70 % des Methyloranges und 100 % des Methylenblaus gefiltert. Zum Vergleich untersuchte die Forschungsgruppe Silica, ein in der Wasserreinigung bereits etabliertes Material. Dieses entfernte in derselben Zeit genauso viel Methylorange wie Kieselgur – vom Methylenblau hingegen nur 88 %.
„Umweltfreundlichere und kostengünstigere Lösung“
Das Fazit der Forschungsgruppe: Kieselgur entfernt Schadstoffe mindestens genauso und teilweise sogar effizienter als herkömmliche Wasserreinigungsmittel. Der entscheidende Vorteil sei jedoch, dass Algen nachwachsende Rohstoffe seien und sich mit minimalem Energieaufwand züchten ließen. Im Gegensatz zum etablierten Filtermaterial Aktivkohle sieht Galstyan daher „in Kieselgur eine umweltfreundliche und kostengünstige Lösung zur Wasseraufbereitung“.
Nun prüfen die Forschenden, wie Kieselgur zur Wasserreinigung in Membranen eingesetzt werden könnte. Die Voraussetzungen sind gegeben: Die Universität Duisburg-Essen verfügt über die weltweit größte Algensammlung.
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