Hitzebeständigkeit von Enzymen exakt vermessen

Hitzebeständigkeit von Enzymen exakt vermessen

Hitzeresistente Enzyme könnten in bioabbaubare Kunststoffe integriert werden, um deren Zersetzung zu beschleunigen.

Eine Forscherin im Laborkittel vor einem Messgerät
Erstautorin Chengzhang Xu von der Universität Bayreuth untersucht die Hitzebeständigkeit von Enzymen.

Biologisch abbaubare Kunststoffe sind oft längst nicht so schnell und einfach aus der Umwelt verschwunden, wie es ihr Name verspricht. Viele Kunststoffe werden nur sehr langsam oder unvollständig von Mikroorganismen zersetzt. Forschende der Universität Bayreuth haben nun einen neuen Ansatz entwickelt, der dieses Problem lindern könnte: Sie integrieren schon bei der Herstellung Enzyme in den Kunststoff, die später in Klär- oder Kompostieranlagen das Material effektiv abbauen.

Enzyme müssen mehr als 100 Grad Celsius aushalten

Bislang scheiterte diese Idee daran, dass Enzyme nur begrenzt hitzestabil sind und die Schmelzextrusion, die genutzt wird, um bioabbaubare Kunststoffe herzustellen, Temperaturen von weit über 100 Grad Celsius erfordert. In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Materialforschung haben die Fachleute nun eine Methode entwickelt, die es erlaubt zu ermitteln, bis zu welcher Temperatur ein Enzym hitzestabil ist. Für Verfahren mit Temperaturen bis zu 200 Grad Celsius lässt sich die Methode verwenden.

Am Beispiel der Proteinase K hat das Forschungsteam den Ansatz erprobt. Die Proteinase K ist ein Enzym, das Moleküle biologisch abbaubarer Kunststoffe aus Polymilchsäure aufspalten kann. „Mit den Verfahren, die wir in unserer neuen Studie vorstellen, wird es möglich sein, Enzyme sehr viel besser als bisher vor thermischer Zersetzung zu bewahren“, hofft Chengzhang Xu von der Universität Bayreuth und Erstautorin der Studie, die im Fachjournal „Biomacromolecules“ veröffentlicht wurde. „Wir haben jetzt ein zuverlässiges Instrument in der Hand, um technische Maßnahmen, die zum Schutz von Enzymen entwickelt und vorgeschlagen werden, in Bezug auf ihre Wirksamkeit zu bewerten.“

Grundlage für neue Hybridmaterialien

Auf eine weitreichende Anwendbarkeit hofft Andreas Greiner von der Universität Bayreuth, der die Forschungsarbeit koordiniert hat: „Die Forschungsergebnisse, die wir am Beispiel der Proteinase K erzielt haben, sind möglicherweise auf andere Proteine übertragbar. Sie stärken damit eine noch junge Forschungsrichtung, die auf der Grundlage von enzymatisch abbaubaren, unter Hitze verformbaren Kunststoffen neue Hybridmaterialen entwickelt.“ Weiter glaubt der Experte: „Diese Materialien dienen nicht nur der Bekämpfung von Mikroplastikmüll, sondern können beispielsweise auch die Entwicklung neuer Arzneimittel oder die Regeneration von erkranktem oder beschädigtem Gewebe unterstützen.“

Pläne für die weitere Arbeit hat das Forschungsteam bereits, wie Xu erklärt: „In Bayreuth beabsichtigen wir, neue Methoden zur hitzebeständigen Verkapselung der Proteinase K zu erforschen.“ Die Verkapselung scheint ein vielversprechender Weg zu sein, um Enzyme in die Herstellung bioabbaubarer Kunststoffe einzubringen.

bl