Bioplastik zum Schutz der Umwelt
Die Umweltverschmutzung durch Plastikmüll ist enorm. Nürnberger Forscher entwickeln biobasierte und zugleich bioabbaubare Kunststoffe, um dem ein Ende zu setzen.
Plastik, Plastikverpackungen und der daraus resultierende Müll und die Gefährdung der Umwelt sowie unserer Gesundheit sind zur Zeit in aller Munde. Nahezu gleichzeitig mit den ersten Nachweisen von Mikroplastik im Verdauungstrakt von Menschen, hat das EU- Parlament einem Verbot von Einwegplastikartikeln zugestimmt. Dadurch könnten schon ab 2021 Plastikwegwerfprodukte vom Markt verschwinden.
Wanderausstellung veranschaulicht Umweltverschmutzung
Besonders eindrücklich und anschaulich wurde die Umweltverschmutzung durch Verpackungsmüll in der Wanderausstellung Ocean Plastics Lab dargestellt. Die vier Schiffscontainer umfassende Freiluftausstellung hatte vom 21. bis 29. Oktober in Berlin Halt gemacht. Zu den vorangegangenen Ausstellungsorten zählen Washington D.C., Ottawa in Kanada, Turin, Paris und Brüssel. Die Ausstellung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Konsortium Deutsche Meeresforschung sowie der Europäischen Kommission unterstützt.
Mit anschaulichen und interaktiven Beispielen hatte es sich das Ocean Plastics Lab zur Aufgabe gemacht, die Plastikverschmutzung für ein breites Publikum greifbar zu machen. So konnten Besucher beispielsweise durch Mikroskope schauen und kleine Plastikteile zwischen Sandkörnern entdecken oder das unterschiedliche Verhalten von verschiedenen Kunststoffarten im Wasser beobachten – manche schwimmen auf der Oberfläche, andere sinken zu Boden.
Vögel dienen als Verunreinigungsindikatoren
Den Veranstaltern zufolge gelangen jedes Jahr 12 Mrd. Kilogramm Plastik in die Weltmeere und landen unter anderem in den Mägen von Meerestieren, die daran verenden oder die Plastikpartikel in die Nahrungskette einschleusen. Mittlerweile gilt der Mageninhalt des Nordatlantischen Eissturmvogels offiziell als Indikator für die Verunreinigung seines Lebensraumes. Wenn weniger als 10% der Vogelmägen unter 0,1 Gramm Plastik enthält, gilt das als unbedenklich. Aktuelle Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei mehr als 58% der untersuchten Vögel dieser Wert deutlich überschritten wird.
Mit eindrücklichen Zahlen verdeutlicht die Ocean-Plastics-Lab-Ausstellung das Ausmaß der Umweltverschmutzung durch Plastikmüll.
Die Ausstellung verdeutlicht das Ausmaß der Umweltverschmutzung mit Zahlen: Etwa 5,25 Billionen Plastikpartikel schwimmen demnach in den Weltmeeren. Ein Großteil davon stammt von Verpackungen, für deren Herstellung 42% des Plastiks verwendet wird. Plastikverpackungen und andere Kunststoffe sind in unseren Alltag fest integriert. Noch kann nicht überall auf sie verzichtet werden. Dessen ist sich auch Stephanie Stute bewusst: An der Fakultät Verfahrenstechnik der Technischen Hochschule Nürnberg forscht die Professorin deshalb an biobasiert hergestellten Kunststoffen, die zugleich biologisch abbaubar sind.
Biobasierter und biologisch abbaubarer Kunststoff
Schon die Herstellung von Plastik verbraucht enorme Ressourcen. Sie ist zudem erdölbasiert. Deshalb entwickelt Stute im Forschungsprojekt „Biobasierte Herstellung des biologisch abbaubaren Bio-Kunststoffes Polybuttersäure (PHB)“ ein tragfähiges, wirtschaftliches Verfahren zur Herstellung dieses Biokunststoffes. „Die Polybuttersäure ist ein farbloser Polyester und gilt als vielversprechendster Ersatz für petrochemische Polymere. Bisher sind die Herstellungskosten für diesen Biokunststoff sehr hoch, weshalb die Industrie ihn noch nicht im großen Maßstab einsetzt“, so Stute. Das Projekt wird von der Staedtler-Stiftung mit 40.000 Euro gefördert.
Zweistufiger Prozess ermöglicht effiziente PHB-Herstellung
Derzeit wird PHB mithilfe von Bakterien hergestellt, die das Biopolymer als Speicherstoff einlagern. Das Problem: Die Anzucht und Vermehrung der Bakterien gelingt nur unter sauerstoff- und nährstoffreichen Bedingungen, während die Einlagerung von PHB nur unter Mangelbedingungen stattfindet. Deshalb basiert der neue Ansatz von Stute auf zwei hintereinandergeschalteten Bioreaktoren, deren Nährstoffkonzentrationen kontinuierlich reguliert werden. In der ersten Stufe herrschen optimale Wachstumsbedingungen, während in der zweiten Stufe ein Nährstoffmangel herbeigeführt wird.
Günstiger Rohstoff hält Produktionskosten niedrig
Durch diesen zweistufigen Prozess bilden die Bakterien große Mengen an Polybuttersäure. Am Auslauf des zweiten Bioreaktors isoliert das Team um Stephanie Stute das PHB aus den vom Nährmedium abgelösten Bakterienzellen. Das Bakterium C. necator scheint dabei besonders geeignet für eine Massenproduktion – es lagert PHB von bis zu 80% der Biotrockenmasse ein. Als Rohstoff verwenden die Nürnberger Verfahrenstechniker den Reststoff Rohglycerin, der kostengünstig in ausreichenden Mengen verfügbar ist und die Produktionskosten des Biokunststoffes zusätzlich niedrig hält.
jmr