Wie Erdgas besteht Biogas zum Großteil aus Methan. Trotzdem wird bisher nur ein kleiner Teil des in Deutschland erzeugten Biogases in das Erdgas-Leitungsnetz eingespeist. Das liegt vor allem daran, dass Biogas vor der Einspeisung aufwändig gereinigt und verdichtet werden muss. Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben diese beiden Hürden jetzt umschifft, indem sie bei der Produktion Bedingungen wie in der Tiefsee simulieren. Die Methanbakterien fühlen sich unter hohem Druck wohl – und stellen das Gas in bester Qualität her. Das Verfahren soll nach Angaben der Forscher bis zu 40 Prozent der Energiekosten einsparen. Im nächsten Schritt soll ein Prototyp der neuen Anlage in Hohenheim entstehen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Hohenheimer Forschung bis Ende 2013 mit 681.000 Euro.
Noch sind sie ein exotischer Anblick: In Deutschland gibt es bisher nur rund 50 Biomethan-Anlagen, die Biogas ins Erdgasnetz einspeisen. Dabei plant die Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 etwa sechs Milliarden Kubikmeter Biomethan pro Jahr zu erzeugen und ins Netz zu leiten. Dafür wären etwa 1.500 Anlagen nötig. Das Biogas muss vor der Einleitung nicht nur von Wasser, Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid gereinigt, sondern auch in einem separaten Verfahren mit hohem Energieaufwand verdichtet werden. Das alles rechnet sich bisher nur in einigen wenigen großen Betrieben. Der weitaus größte Teil des in Deutschland von mittlerweile mehr als 7.000 Anlagen erzeugten Biogases wird heute am Produktionsort in Blockheizkraftwerken verbrannt, um Wärme und Elektrizität zur Einspeisung in das Stromnetz zu produzieren. Dabei wird die anfallende Wärme häufig nur teilweise genutzt.
Keine Aufbereitung nötig
An der Universität Hohenheim arbeiten Forscher daran, die Einspeisung wirtschaftlicher zu machen. Der Trick: Die Bakterien bauen durch ihre Methanausscheidungen den Druck selbst auf. Damit fallen auch viele unerwünschte Nebenprodukte weg. „Druck und Reinheit werden schon während der Fermentation der Biomasse gewahrleistet und müssen nicht in nachgeschalteten Verfahren technisch aufwändig erzeugt werden", sagt Andreas Lemmer, der das Forschungsprojekt an der Universität Hohenheim leitet.
Das Herzstück der neuen Methode ist ein völlig neuartiger Fermenter, in dem sich die Methanbakterien besonders wohlfühlen. Die Wohnstube der Bakterien entspricht mit einem Druck von zehn bar ihrem natürlichen Lebensmilieu in der Tiefsee. Zu einer der technischen Herausforderungen des neuen Methanreaktors gehört, den Druck exakt konstant zu halten. Dafür entwickeln die Hohenheimer Forscher eine spezielle Steuerungs- und Regelungstechnik. Bald wollen sie einen Prototyp der neuen Anlage bauen.
Investitionsaufwand deutlich geringer
Die Forschungsarbeiten in Hohenheim sind Teil des Verbundvorhabens „Innovative Erzeugung von gasförmigen Brennstoffen aus Biomasse", an dem neben der Universität Hohenheim auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Stuttgart, das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), sowie zahlreiche Industriepartner beteiligt sind. Das BMBF fördert den Zusammenschluss im Rahmen der Initiative Bioenergie 2021 mit insgesamt 2,6 Mio. Euro. 618.000 Euro erhält Hohenheim für die Entwicklung des Verfahrens, das die Biogasherstellung und dessen Aufbereitung zu Bioerdgas in einem Verfahren vereinen soll. Die Wissenschaftler schätzen, dass sich bis zu 40 Prozent der Energiekosten einsparen lassen. Zudem ist der Gesamtinvestitionsaufwand deutlich geringer, da keine Extrastufe zur Aufbereitung des Gases notwendig ist. Damit werden die Anlagen auch deutlich kleiner, meinen die Forscher.
Lemmer und seine Kollegen glauben, dass in ihrem Projekt auch ein großes wirtschaftliches Potenzial steckt. „Beim Thema Bioerdgaserzeugung passiert derzeit sehr viel", sagt Lemmer. Einige Firmen haben nach Aussage der Hohenheimer schon angefragt.