Mit Agri-Photovoltaik zum nachhaltigen Obstanbau

Mit Agri-Photovoltaik zum nachhaltigen Obstanbau

Der Anbau von Kern- und Beerenobst unter Photovoltaikanlagen wird in einem Großversuch an fünf Standorten in Baden-Württemberg erprobt.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landwirt Hubert Bernhard und Prof. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, weihten die Agri-Photovoltaikanlage in Kressbronn ein.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landwirt Hubert Bernhard und Prof. Dr. Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, weihten die Agri-Photovoltaikanlage in Kressbronn ein.

Auf über einem Fünftel der Ackerflächen in Deutschland werden Energiepflanzen wie Raps und Mais angebaut. Damit konkurrieren diese mit der Lebensmittelproduktion um kostbare landwirtschaftliche Flächen. Eine ressourceneffiziente Doppelnutzung von Ackerböden verspricht die Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Mit der gleichzeitigen Nutzung von Feldern zum Anbau von Nahrungspflanzen sowie zur Stromerzeugung ergeben sich zudem neue Einkommensquellen für Landwirtinnen und Landwirte. Das Konzept der Agri-Photovoltaik mit einem Schwerpunkt auf Kern- und Beerenobst wird nun im Forschungsprojekt „Modellregion Agri-Photovoltaik für Baden-Württemberg“ erprobt.

Obst und Strom gleichzeitig ernten

An insgesamt fünf Standorten in Bavendorf, Heuchlingen, Karlsruhe, Kressbronn und Oberkirch-Nußbach sollen Forschungs- und Demonstrationsanlagen mit einer Gesamt-Nennleistung von bis zu 1.700 Kilowatt erbaut und der gleichzeitige Anbau von Äpfeln und Beeren getestet werden. Das Vorhaben wird bis 2024 mit rund 2,5 Mio. Euro von den Landesministerien für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gefördert. Daran beteiligt sind das Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB), das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE sowie weitere elf Projektpartner.

Modellregion für Agri-Photovoltaik

„In der Agri-Photovoltaik liegt eine Riesenchance für die Landwirtschaft, für die Nachhaltigkeit und für die Energieversorgung. Mit der Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg wollen wir zeigen, wie doppelt ernten geht – hier zum Beispiel Sonnenenergie und Äpfel“, sagte Ministerpräsident Kretschmann bei der Eröffnung der Agri-PV-Anlage auf dem Obsthof Bernhard in Kressbronn.

Auf der Kressbronner Obstanlage von Landwirt Hubert Bernhard wurde eine Fläche von etwa 0,4 Hektar mit Solarmodulen mit einer Nennleistung von rund 250 Kilowatt überdacht. „Wir erzeugen schon seit 2010 auf den Dächern unserer Wirtschaftsgebäude Sonnenstrom und fragten uns: Könnten wir auch mit den Hagelnetzen über unseren Obstanlagen Strom produzieren? Das Resultat ist die erste Agri-PV-Anlage über einer bestehenden Obstanlage“, erklärt Bernhard.  

Pflanzenwachstum unter Solarpanelen beobachten

Auf der Anlage in Kressbronn wollen Forschende vom Fraunhofer ISE und dem Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee das Pflanzenwachstum unter den Solarpanelen im Detail untersuchen. „Dazu zählen neben der Untersuchung der Effekte variierender Beschattung auf Wachstum und Ökophysiologie der Äpfel auch Forschungsaktivitäten zu den Auswirkungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auf die PV-Module“, erklärt Oliver Hörnle, Projektleiter am Fraunhofer ISE.

Pilotanlagen wurden maßgescheidert

Die Pilotanlagen wurden für alle Standorte und unter Berücksichtigung der verschiedenen Obst- und Beeren-Kulturen maßgeschneidert, um die Machbarkeit verschiedener Anwendungen und Technologien zu untersuchen und Auslegungsvarianten zu erforschen. Beim Bau der Agri-PV- Anlagen konnte das Team bereits auf Erfahrungen beim Bau einer vergleichbaren Anlage für den Obstanbau in Rheinland-Pfalz zurückgreifen. „Für uns ist die Agri-PV ein weiterer wichtiger Baustein zur nachhaltigen Obstproduktion am Bodensee: eine geschützte und dadurch sichere und qualitativ hochwertige Apfelproduktion mit zusätzlicher Solarstromproduktion“, so Ulrich Mayr, stellvertretender Geschäftsführer des KOB.

bb