Von allen Getreidearten liefert Weizen nach Mais die weltweit größten Ernteerträge. Mit 730 Millionen Tonnen im Anbaujahr 2018/19 trägt er in erheblichem Maße dazu bei, die weltweite Ernährung zu sichern. Doch insbesondere klimatische Veränderungen und Extremwetterereignisse sind eine zunehmende Bedrohung für die Ernten. Auch schwinden durch Bodendegradation und -versiegelung Anbauflächen. Schädlingsbefall macht den Pflanzen das Leben zusätzlich schwer. Das Projekt BRIWECS (Breeding Innovation in Wheat for Resilient Cropping Systems) hat es sich zum Ziel gesetzt, die Grundlagen für robustere Weizensorten sowie widerstandsfähige Anbausysteme zu erarbeiten.
Förderung für Innovationen in der Weizenproduktion
BRIWECS ist ein Forschungsverbund der Universitäten Bonn, Kiel, Gießen und Hannover sowie des Julius Kühn-Instituts für Resistenzforschung in Quedlinburg und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben. Von 2015 – 2019 erhielt das Verbundvorhaben eine Förderung des BMBF in Höhe von fünf Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Innovative Pflanzenzüchtung im Anbausystem (IPAS)“.
In sieben Teilprojekten wurden in einer ersten Phase zunächst die züchterischen Innovationen der letzten 50 Jahre in fast 200 Weizensorten getestet. Über drei Jahre hinweg wurden die Sorten sowohl unter intensiven Anbaubedingungen als auch unter extensiven Bedingungen, also mit stark reduzierter Stickstoffdüngung und ohne Pflanzenschutzmitteleinsatz, angebaut. Ertrag, Pflanzenhöhe, Biomasse und Blühverhalten wurden anschließend quantifiziert und verglichen.
Dank dieser umfangreichen Bestandsaufnahme war es nun möglich, die optimalen Bedingungen für die untersuchten Sorten zu bestimmen. Welche Sorte benötigt besonders viel Sonne? Welche ist besonders widerstandsfähig gegen Trockenstress? Welche Züchtung wird von welchen Krankheiten befallen? Während an einem Standort der Anbau besonders robuster Sorten notwendig sein kann, sind an anderen Standorten ertragreichere Sorten gefragt. Bei dem Projekt ging es daher nicht um die Suche nach dem besten Weizen, sondern nach der passendsten Sorte für die jeweils gegebenen Anbaubedingungen.
Das Ergebnis überrascht
Die Annahme, dass moderne Sorten unter konventionell intensiven Anbaubedingungen am leistungsfähigsten sind, bestätigte sich wenig überraschend. Entsprechende Züchtungen erzielten, unter den zuvor ermittelten, jeweils besten Bedingungen, durchschnittlich 32 Kilogramm pro Hektar und Jahr.
Neu hingegen war die Erkenntnis, dass die modernen Sorten auch unter extensiven Bedingungen ihren Ertragsvorteil gegenüber den alten Sorten behielten oder sogar übertrafen. Die Erklärung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Die intensive Züchtung der vergangenen Jahre, die primär auf höhere Erträge ausgerichtet war, hat indirekt auch die Gesamtleistung der Sorten verbessert. Über die Jahre fand eine fortlaufende Akkumulation von vorteilhaften Genvarianten statt, die insgesamt zu robusteren, widerstandsfähigeren und ertragsstabileren Sorten geführt hat. Eine wichtige und zugleich überraschende Erkenntnis, denn nun ist klar, dass eine ressourceneffiziente und nachhaltige Landwirtschaft, mit wenig Einsatz von Dünger und Pestiziden, am besten mit den neuesten Sorten gelingen wird.
Zukunftsweisende Erkenntnisse
Der Genpool der modernen Weizensorten sei groß genug, um die Erträge um weitere 23 Prozent zu steigern, so die Wissenschaftler. Trotzdem sei es für die künftige Züchtung essenziell, die genetischen Ressourcen alter Sorten zu bewahren, um weiterhin widerstandsfähige und an die unterschiedlichsten Umweltbedingungen angepasste Weizensorten zu entwickeln.
Mit ihrer Arbeit leisten die Forschenden im Project BRIWECS einen wichtigen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, insbesondere zu Ziel 2 „Zero Hunger".
Autor: Simon Schöbinger