Grüne Strategien für Industrie-Brachen
Aachener Landschaftsarchitekten koordinieren ein EU-Großprojekt: Mittels Aquaponik und Urban Farming sollen drei ausgediente Industriegelände zu produktiven Grünflächen werden.
Urban Farming liegt voll im Trend. Hierbei werden freie Flächen in der Stadt – sei es das Dach oder die Hauswand – genutzt, um beispielsweise Gemüse anzubauen. Damit der Gemüseanbau möglichst ressourceneffizient ist, wird er häufig mit der Fischzucht verbunden. In der Kombination nennt man das dann Aquaponik. Dabei handelt es sich um ein Kreislaufsystem, bei dem Wasser vom Fischtank zu den Pflanzen und wieder zurück fließt. So wird Wasser gespart und gleichzeitig wird der Fischkot als idealer Dünger für die Gemüsepflanzen verwendet.
Benachteiligte Stadtteile werden grün
Was bisher vor allem aus New York, Berlin oder München bekannt war, soll nun als eines von drei Hauptteilen eines Horizon-2020-Projektes auch im Dortmunder Stadtteil Huckarde Realität werden. Das gesamte Projekt läuft unter der Leitung von Frank Lohrberg und Axel Timpe vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen und nennt sich „productive Green Infrastructure for post-industrial urban regeneration“ (proGIreg), was übersetzt so viel heißt wie „produktive grüne Infrastruktur für die Regeneration alter Industriestädte“. Das Ziel: naturnahe Stadtentwicklungsmaßnahmen in benachteiligten Stadtteilen. Dortmund ist eine der drei Städte, in denen die grüne Infrastruktur umgesetzt werden soll, die anderen beiden Städte sind Turin und Zagreb.
„Es ist ein ungewöhnliches großes Projekt, das dort begonnen wird“, sagt Timpe. Denn insgesamt sind sechs Universitäten beteiligt, außer den drei ausgewählten Städten sind noch sieben weitere Kommunen mit dabei sowie acht kleine und mittlere Unternehmen und sieben Nichtregierungsorganisationen (NGO). Gefördert wird das Mammutprojekt von der Europäischen Union mit mehr als 10 Mio. Euro. Auf einer Konferenz in Dortmund-Huckarde im September 2018 fällt der offizielle Startschuss für das Großprojekt, das voraussichtlich bis Sommer 2023 laufen wird.
Bürger werden aktiv einbezogen
Eine weitere Besonderheit des Projektes ist der Einbezug der Bürger vor Ort in das Aquaponik-System: „Es soll keine klinisch-reine Laborlandschaft werden. Der Ansatz ist bewusst Low-Tec, damit die Anlage von Vereinen beziehungsweise den Menschen vor Ort betrieben werden kann und so auch ein Beschäftigungspotenzial geschaffen wird“, so Timpe. Außerdem ist der freie Zugang zu dem Wissen, das im Rahmen des Projektes generiert wird, ein wichtiger Bestandteil des Horizon-2020-Projektes.
Horizon 2020 ist das Forschungsrahmenprogramm der EU, das zwischen 2014 und 2020 75 Mrd. Euro für Forschungsprojekte bereitstellt. „Das Projekt hat für die Fakultät für Architektur der RWTH Aachen University den allerhöchsten Stellenwert“, erklärt Alexander Markschies, Dekan der Fakultät. „Wichtig ist uns die internationale Zusammenarbeit und der Charakter des Projektes, bei dem die Fakultätdurch die Praktiken der angewandten Innovation action als Bindeglied zwischen Wissenschaft, den kleinen und mittleren Unternehmen, der Zivilgesellschaft und der Planungspraxis in den Städten fungiert“.
jmr