Fruchtaromen aus Biogas
In Biogas steckt nicht nur Energie für Strom und Wärme: Hohenheimer Forscher wollen daraus auch Plattformchemikalien für feine Aromen in der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie gewinnen.
Der Joghurt schmeckt nach Ananas, der Lippenstift duftet nach Erdbeeren. Aromastoffe sind für die Industrie unverzichtbar. Diese Zusatzstoffe, die Produkten Geschmack und Geruch verleihen, sind chemische Substanzen, die aus der eher ranzig riechenden Buttersäure gewonnen werden. Das chemische Verfahren zur Herstellung der organischen Säure ist jedoch meist sehr aufwendig. Im Projekt „Optigär“ suchen Forscher der Universität Hohenheim daher nach Wegen, Buttersäure und andere Plattformchemikalien ökonomisch und ökologisch sinnvoll herstellen und vermarkten zu können. Das Vorhaben wird über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) bis 2018 mit knapp 300.000 Euro gefördert.
Zwischenprodukte der Biogasverarbeitung nutzen
Der Fokus der Forscher richtet sich dabei auf Biogasanlagen, wo neben Biogas auch hochwertige organische Säuren bei der Verarbeitung der Biomasse als Zwischenprodukt anfallen. „Die hochwertigen Säuren sind für die Entstehung des Biogases im Reaktor unerheblich. Wir können sie daher aus dem Prozess herausziehen und anderweitig nutzen“, erläutert Jörg Steinbrenner von der Universität Hohenheim.
Plattformchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen
Buttersäure und andere Plattformchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen könnten so zukünftig fossile Rohstoffe in Grundchemikalien ersetzen. Aus Carbonsäuren wie der Buttersäure lassen sich beispielsweise Ester herstellen, die als fruchtige Duft- und Aromastoffe in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Futtermittelindustrie dienen. „Die Forschung und unsere praktischen Erfahrungen sind mittlerweile so weit, dass wir die Prozesse in der Anlage steuern und die Entstehung und Menge bestimmter organischer Säuren gezielt beeinflussen können“, erklärt Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim.
Organische Säure aus Hydrolysestufe gewinnen
Im Rahmen des Projektes wollen die Biogasforscher diese organischen Säuren aus einer vorgeschalteten Stufe im Biogasprozess, der sogenannten Hydrolysestufe, gewinnen und untersuchen, wie die Ausbeute gesteigert werden kann. „Bei derzeitigem weitgehend unkontrolliertem Ablauf der Hydrolyse entstehen Säuren meist als Gemische. Durch Steuerung der Abläufe, Regelung von pH-Wert und Temperatur, Zugabe oder Förderung von Reinkulturen können mehr der erwünschten Stoffe gewonnen werden. Die Abtrennung der wertbringenden Säuren erfolgt über spezielle Membranen“, erklärt Steinbrenner den Prozess.
Vielversprechende Ergebnisse mit Versuchsreaktor
Derzeit arbeiten die Forscher im Labor an einer Versuchsanlage. Erste Ergebnisse sind Oechsner zufolge vielversprechend. „Wir glauben, dass wir eine Säuregewinnung von 2% der Frischmasse des Biogassubstrats erreichen können. Bei 10 bis 20 Tonnen Frischmasse pro Tag könnten wir so täglich 200 bis 400 Kilogramm hochwertige Säuren herausfiltern.“ Als nächstes wollen die Forscher das wirtschaftliche und ökologische Potenzial der Säuregewinnung ermitteln. Die Analyse wird beim Projektpartner, dem European Institute for Energy Research (EIFER) in Karlsruhe durchgeführt. Am Verbundprojekt sind ferner das Fraunhofer Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal sowie die Tannhauser Firma Lipp beteiligt.
bb