Neues Schutz-Gen für Zuckerrüben aufgespürt
Rizomania ist eine gefürchtete, durch Viren verursachte Zuckerrüben-Krankheit. In dänischen Rüben-Verwandten hat ein Forscherteam nun ein vielversprechendes Resistenzgen entdeckt.
Die Zuckerrübe (Beta vulgaris) ist eine recht junge aber auch sehr vielfältige Nutzpflanze, deren Anbau in Europa weit verbreitet ist. Die Kultivierung der Zuckerrübe war zugleich der Startschuss für die industrielle Zuckerproduktion. Heute stammt etwa ein Drittel des weltweit konsumierten Zuckers aus der Zuckerrübe, wodurch rund 25 Mrd. Euro jährlich erwirtschaftet werden. Allerdings wird der Anbau und vor allem der Ernteertrag der Rübe immer häufiger durch die Pflanzenkrankheit Rizomania bedroht. Erreger ist das BNYV-Virus (Beet Necrotic Yellow Vein Virus). Es wird durch im Boden lebende Pilze übertragen. Rizomania ist weltweit für bis zu 80% der Ertragsverluste beim Zuckerrübenanbau verantwortlich. Diese erheblichen Verluste kommen zustande, weil sich Rizomania nicht mit herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln bekämpfen lässt. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Kiel (CAU) hat ein neues Resistenzgen entdeckt, welches die Pflanze vor dem Befall schützt.
Rizomania überwindet resistente Rüben
Resistenzzüchtungen werden bei Zuckerrüben und anderen Nutzpflanzen bereits seit Jahrzehnten eingesetzt. Dem Rizomaniaerreger gelingt es aber in den letzten Jahren immer öfter, den bisher verwendeten genetischen Resistenzmechanismus der Rüben zu überwinden. Das Forscherkonsortium hat nun ein alternatives Resistenzgen gegen Rizomania aufgespürt, welches in Wildpopulationen der Zuckerrübe vorkommt. Damit ist es nun auch für die Pflanzenzüchtung nutzbar. Die Studie wurde im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.
Dänische Wildrüben bieten Schlüssel zur Resistenz
Dass es ein alternatives Resistenzgen gibt, war bereits bekannt. Doch die Rübensorten, die diesen alternativen Schutz aufweisen, haben weniger Ertrag als die gängigen Sorten gebracht und wurden deshalb bisher in der Landwirtschaft kaum genutzt. Um das Gen zu identifizieren, zog es die Forscher an die Küstenregion der dänischen Insel Seeland. Dort gibt es eine wilde Zuckerrübenpopulation, denen der Rizomaniaerreger nicht schadet. "Interessanterweise haben wir festgestellt, dass resistente und anfällige Wildrüben dort auf einer Strecke von 15 Kilometern nebeneinander vorkommen", sagt Gina Capistrano-Gossmann vom CAU. "Resistente Pflanzen haben dort also keinen Vorteil gegenüber anfälligen Pflanzen, da der Boden nicht mit dem Rizomania-Virus infiziert ist", erklärt Capistrano-Gossmann.
Um die genetische Grundlage der Resistenzbildung in diesen Wildrüben zu entschlüsseln, verglich das Forschungsteam die Gensequenzen der resistenten Wildrüben mit den Sequenzen der anfälligen Wildrüben. "Durch die Kombination von Sequenzvergleichen mit einer Assoziationsanalyse in der gesamten Wildrübenpopulation konnte die Lage des bislang unbekannten Resistenz-Gens im Genom eingegrenzt werden", sagt Bernd Weisshaar von der Universität Bielefeld, der die bioinformatische Auswertung der Studie leitete.
Biodiversität ermöglicht alternative Resistenz
Da sie die resistenzgebende Gensequenz nun kennen, können die Forscher direkt zwischen resistenten und anfälligen Jungpflanzen unterscheiden. Die von dieser Sequenz kontrollierte Resistenzreaktion der Zuckerrüben kann zudem zukünftig auf molekularer Ebene untersucht werden. Mithilfe dieser neuen Erkenntnisse könnten der Landwirtschaft künftig Rübensorten zur Verfügung stehen, die zuverlässig unempfindlich gegenüber Rizomania sind.Bemerkenswert an dem Projekt ist außerdem der Ursprung der Resistenz aus Wildpflanzen. Dieses unterstreiche die Bedeutung und das Potenzial, welche die Bewahrung der natürlichen Biodiversität und ihres genetischen Pools hat, resümieren die Forscher.
jmr