Die bakterielle Leibgarde des Wollkäfers

Die bakterielle Leibgarde des Wollkäfers

Eine Mikrobe mit Doppelrolle haben Wirkstoffexperten aus Jena und Mainz entdeckt: sie schützt den Wollkäfer vor Pilzen, setzt dafür jedoch Pflanzen zu.

Wollkäfer tragen antibakterielle Symbionten mit sich herum - doch auf Pflanzen wirken diese schädlich.

Symbiosen kommen in der Natur häufig vor. Hierfür schließen sich zwei Arten zusammen und profitieren gegenseitig von der Kooperation. Ein internationales Forscherteam hat nun das ganz besondere Zusammenleben zwischen dem Bakterium Burkholderia gladioli und dem Wollkäfer Lagria villosa untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass das Bakterium die Eier des Käfers durch die Produktion von Antibiotika vor schädlichen Pilzen schützt. Im Gegenzug trägt der Käfer das Bakterium von Pflanze zu Pflanze. Doch auf Pflanzen übertragen, wirken die antibakteriellen Wirkstoffe schädlich. Möglicherweise können diese Naturstoffe dazu beitragen, die zunehmenden Resistenzen herkömmlicher Antibiotika gegenüber Krankheitserregern beim Menschen zu bekämpfen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Nature Communication“ publiziert.

Antibakterieller Schutz für die Nachkommen des Wollkäfers

Wissenschaftler der Universität Mainz, des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, ebenfalls in Jena, sowie der Universidad Estadual Paulista in Rio Claro, Brasilien, haben das komplexe Wechselspiel zwischen dem Bakterium Burkholderia gladioli, dem pflanzenfressenden Wollkäfer Lagria villosa und den Pflanzen selbst entziffert. Das Bakterium lebt in spezifischen Organen des Käfers und schützt dessen Eier durch die Produktion von Antibiotika vor schädlichen Pilzen. Auf Pflanzen übertragen wirken genau diese Antibiotika jedoch schädlich.

Wollkäfer legen ihre Eier auf die feuchte Erde unter Laubstreu, in einem Milieu, wo häufig Schimmelpilze entstehen. Ist das Bakterium Burkholderia gladioli auf den Eiern des Wollkäfers vorhanden, so ist das Risiko einer Pilzinfektion wesentlich geringer, was wiederum entscheidend zum Überleben der Käfernachkommen beiträgt. „Sogar wenn wir Schimmelpilze direkt auf die Käfereier auftrugen, blieben Eier pilzfrei. Eier ohne Mikrobenschutz wurden oftmals von einem ganzen Pilzrasen überwuchert ", berichtet Laura Flórez vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie. Das Besondere: obwohl sich auch andere Insekten bei der Verteidigung gegen natürliche Feinde auf symbiotische Mikroorganismen verlassen, ist der mikrobielle Schutz von Insekten im empfindlichen Ei-Stadium bislang kaum bekannt. 

Die Pflanzen-Bakterien Symbiose verspricht großes Potenzial

Mittels chemischer Analysen entdeckten die Forscher zwei bisher unbekannte Antibiotika, die von den mikrobiellen Leibwächtern der Käfer produziert werden. „Uns hat besonders überrascht, dass wir eine chemische Substanz identifizieren konnten, die eher einem pflanzlichen Abwehrstoff als einem bakteriellen Antibiotikum ähnelt", sagt Christian Hertweck vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie. Überraschenderweise sind die bakteriellen Helfer der Käfer nah mit Krankheitserregern von Pflanzen verwandt. So konnten sie sich auf Sojabohnenpflanzen, einer häufigen natürlichen Futterquelle der Wollkäfer, vermehren und wurden so zum Pflanzenschädling. Die Forscher hoffen mittels dieser speziellen Mikroben und ähnlichen symbiontischen Lebenspartnerschaften neue Antibiotika zu entdecken, sowie wachsende Antibiotikaresistenzen bekämpfen zu können.

jmr